Das Schweizer Stimmvolk will für die Nationalstrassen und für Verkehrsprojekte in städtischen Gebieten genügend Geld zur Verfügung stellen. Nach Auszählung aller Kantone liegt der Ja-Anteil bei rund 62%. Kein einziger Kanton lehnt die Vorlage ab.
Vor drei Jahren sagte das Schweizer Stimmvolk Ja zu einem Fonds für die Finanzierung und den Ausbau der Bahninfrastruktur (FABI). Nun sagt der Souverän auch deutlich Ja zu einem analogen Finanzierungsmodell für die Strasse.
Damit wird der neue, dauerhafte Fonds für die Nationalstrassen und den Agglomerationsverkehr (NAF) in der Verfassung verankert. Der NAF soll 2018 in Kraft treten.
Für Bundespräsidentin und Verkehrsministerin Doris Leuthard zeigt das Ja zum NAF, dass die Idee, für Strasse und Schiene je einen Fonds zu haben, beim Stimmvolk Gefallen finde. Die Fondslösungen erlaubten eine Gesamtsicht auf die Verkehrsentwicklung.
Breite Koalition unter Befürwortern
Die Mehrheit der Parteien und die Städte freuen sich nach dem Ja zum NAF auf einen flüssigeren Strassenverkehr, die Autolobby auf eine "bedarfsgerechte" Verkehrsinfrastruktur.
Das breite Unterstützungs-Komitee mit Vertretern aller Parteien sowie zahlreichen Verbänden zeigte sich sehr erfreut über das deutliche Ja. Mit der gesicherten Finanzierungsgrundlage könnten nun wichtige Engpässe beseitigt werden, und die erfolgreichen Agglomerationsprogramme in den Städten seien gesichert.
"Der klare Entscheid ist eine unmissverständliche Aufforderung an Politik und Behörden, die Strasseninfrastruktur in sämtlichen Landesteilen so rasch wie möglich bedarfsgerecht auszubauen", teilt der Schweizer Nutzfahrzeugverband ASTAG mit.
Nur so könne die chronische Stauproblematik, die auch im Transportgewerbe zu steigenden Produktivitätseinbussen führe, wirksam entschärft werden.
Zufrieden zeigt sich auch der Schweizerische Städteverband: Die Stimmbevölkerung sei den Argumenten einer breiten Koalition aus Behörden, Parteien und Verkehrsverbänden gefolgt, die sich alle für den neuen Fonds eingesetzt hätten, teilt der Verband mit. "Damit ist die Strassenfinanzierung auf nationaler Ebene langfristig gesichert und der Bund beteiligt sich künftig unbefristet an Investitionen in den Agglomerationsverkehr."
Mit dem NAF könnten Kantone, Städte und Gemeinden die Arbeit an den Agglomerationsprogrammen fortsetzen. Sie hätten Ende 2016 dem Bund 37 neue Programme zur Mitfinanzierung eingereicht, die Projekte für 12,7 Milliarden Franken enthielten.
Enttäuschung bei Grünen
Links-grüne Stimmen warnen vor finanziellen Abstrichen etwa bei der Bildung und sprechen von einem klimapolitisch schlechten Entscheid.
Er torpediere die Bemühungen für den Klimaschutz, sagte Regula Rytz, Präsidentin der Grünen Partei, die den NAF ablehnte. Der neue Fonds werde auch die Umsetzung des Pariser Klimaabkommens erschweren.
Denn der NAF werde schlicht und einfach mehr Strassenverkehr zur Folge haben, so die Berner Nationalrätin auf Anfrage der Nachrichtenagentur sda. Ein Ja zum NAF komme einem "Plädoyer für mehr Verkehrswachstum" gleich.
Bisher wurden Nationalstrassen aus der sogenannten Strassenkasse bezahlt, die vor allem mit Beiträgen aus der Mineralölsteuer und der Autobahn-Vignette gefüllt wurden.
Regierung und Parlament warnten aber vor einer Finanzierungslücke mit der Begründung, dass die Kosten für Betrieb und Unterhalt der Infrastruktur stetig zunehmen würden. Mit dem Ja zum NAF ist die Finanzierung langfristig gesichert.
Künftig werden 60 statt wie bisher 50% der Mineralölsteuer zweckgebunden für die Strasse verwendet werden, und die Autoimportsteuer wird statt in die allgemeine Bundeskasse in den NAF fliessen. Der andere Teil des Zuschusses wird aus einer Erhöhung des Mineralölsteuerzuschlags – von 30 auf 34 Rappen pro Liter Benzin und Diesel – resultieren.
Mit dem Geld aus diesem Fonds sollen auch neuralgische Staustrecken und bekannte Engpässe beseitigt sowie die Umfahrung Lausanne-Morges im Kanton Waadt und die Entlastungs-Autobahn im Zürcher Glatttal realisiert werden. Abgesehen von den Nationalstrassen sollen auch Agglomerationsprojekte vom NAF profitieren. © swissinfo.ch
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