Monatelang gingen die Menschen in Israel gegen die geplante Justizreform der Regierung auf die Strassen. Die Befürchtung: Die Reform könnte die Gewaltenteilung im Land aufweichen. Nun lenkt Ministerpräsident Netanjahu ein und streicht einen der Kernkritikpunkte des Gesetzes.

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Der israelische Ministerpräsident Benjamin Netanjahu hat nach eigenen Angaben eine besonders umstrittene Klausel aus der seit Monaten von seiner Regierung vorangetriebenen Justizreform gestrichen. Es handele sich um die sogenannte "Abweichungs"-Klausel, sagte Netanjahu in einem am Donnerstag veröffentlichten Interview mit dem "Wall Street Journal".

Diese sollte es dem Parlament ermöglichen, eine Entscheidung des Obersten Gerichts in Israel mit einfacher Mehrheit zu kippen. "Ich habe mich von dieser Idee verabschiedet", sagte der Regierungschef nun der Zeitung. Die umstrittene Klausel war im Parlament in erster Lesung im März angenommen worden.

Demonstranten sehen Demokratie in Israel in Gefahr

Seit Januar demonstrieren in Israel Woche für Woche zehntausende Menschen gegen die Pläne der ultrarechten Regierung zum Umbau der Justiz, die darauf abzielen, die Befugnisse der Justiz und des Obersten Gerichts einzuschränken und die Stellung des Parlaments und des Ministerpräsidenten zu stärken. Netanjahu, gegen den ein Prozess wegen Korruption läuft, stellt die Reform als notwendig dar, um das Gleichgewicht in der Gewaltenteilung wiederherzustellen. Kritiker befürchten hingegen eine eine Aushöhlung der Demokratie in Israel.

Ein Generalstreik brachte die Regierung im März dazu, das Vorhaben auszusetzen und parteiübergreifende Kompromiss-Gespräche aufzunehmen. Die beiden wichtigsten Oppositionsführer, Jair Lapid und Benny Gantz, setzten ihre Teilnahme Mitte Juni jedoch aus. In dem nun veröffentlichten Interview sagte Netanjahu, er habe einen "breiten Konsens" mit der Opposition angestrebt. Diese sei jedoch zu viel "politischem Druck" ausgesetzt, um einen Kompromiss zu akzeptieren. (dpa/thp)

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