Die Menschenrechtsorganisation Human Rights Watch wirft dem Militär im westafrikanischen Burkina Faso die Hinrichtung von mindestens 223 Dorfbewohnern vor. Die Zivilisten, darunter mindestens 56 Kinder, seien bei einem Vergeltungsangriff von Soldaten auf die Dörfer Nondin und Soro in der Provinz Yatenga am 25. Februar zusammengetrieben und erschossen worden, teilte HRW am Donnerstag mit. Es handele sich um eines der schlimmsten Massaker der burkinischen Armee seit Beginn des Kampfs gegen bewaffnete islamistische Terrorgruppen 2015. HRW forderte eine unabhängige Ermittlung wegen möglicher Verbrechen gegen die Menschlichkeit.

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Der Bericht stützt sich HRW zufolge auf 23 Interviews mit Augenzeugen und Überlebenden, Vertretern der Zivilgesellschaft sowie Mitgliedern internationaler Organisationen. Ausserdem habe HRW Fotos und Videos verifiziert, auf denen Leichen zu sehen sind. Massengräber sind auf Satellitenbildern an von Dorfbewohnern angegebenen Orten erkennbar.

Islamisten hatten am 24. und 25. Februar bei Angriffen in der Region unter anderem auf Militärlager, eine Moschee und eine Kirche Dutzende Menschen umgebracht. Soldaten, die eine Gruppe von Terroristen verfolgten, hätten die Dorfbewohner aufgefordert, ihre Häuser zu verlassen und sich auf den Dorfplätzen zu versammeln. Sie hätten ihnen vorgeworfen, die Terroristen zu unterstützen und dann in die Menge ebenso wie auf Fliehende geschossen. Überlebende seien teils nachträglich hingerichtet worden. In Nondin seien 44 Menschen, darunter 20 Kinder, und in Soro 179 Menschen, darunter 36 Kinder, getötet worden.

Die burkinische Staatsanwaltschaft hatte Anfang März von 170 Toten nach Angriffen in der Provinz gesprochen, aber keine Angaben zu möglichen Tätern gemacht. Am 20. April des vergangenen Jahres hatten Soldaten oder staatliche Paramilitärs mehr als 150 Menschen im Dorf Karma in derselben Provinz getötet. Zu dem angekündigten Ermittlungsverfahren gibt es seit einem Jahr keine Auskünfte. Im November wurden Dutzende Menschen im Dorf Zaongo in der Region Centre-Nord getötet. Auch hier machten Zeugen gegenüber HRW die Armee verantwortlich. Burkinische Behörden sprachen von unbekannten Bewaffneten.

Im Norden Burkina Fasos sind wie in den Nachbarstaaten Mali und dem Niger islamistische Gruppen aktiv, die den Terrormilizen Al-Kaida und Islamischer Staat die Treue geschworen haben. Die seit einem Putsch 2022 regierende Militärregierung in dem Sahel-Staat kontrolliert Schätzungen zufolge nur noch knapp die Hälfte des Staatsgebiets. Nach Erhebungen der Konfliktdatenorganisation Acled wurden allein 2023 mehr als 8400 Menschen im Konflikt in Burkina Faso getötet, davon mindestens 2300 Zivilisten.  © dpa

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