- Wie die Lecks in den Gaspipelines Nord Stream 1 und 2 entstehen konnten, ist bislang unklar.
- Doch die Stimmen, die einen gezielten Sabotageakt als Ursache vermuten, werden immer lauter.
- Ein norwegischer Militärexperte ist sich derweil sicher: Hinter den Lecks steckt Russland.
Der norwegische Militärwissenschaftler und Marineoffizier Tor Ivar Strömmen hält einen russischen Sabotageakt für die wahrscheinlichste Erklärung für die Lecks an den Ostsee-Pipelines Nord Stream 1 und 2.
"Ein Leck an drei verschiedenen Orten mit so grosser Entfernung dazwischen kann nur die Folge eines vorsätzlichen Akts oder von Sabotage sein", sagte Strömmen am Dienstag der Nachrichtenagentur AFP. Zugleich komme einzig Russland für ihn als Verantwortlicher infrage. "Lecks an Gaspipelines sind extrem selten", sagte Strömmen weiter.
Die Nord-Stream-Leitungen seien zudem recht neu, im Fall von Nord Stream 2 sogar sehr neu. Da bleibe eigentlich nur Sabotage als Erklärung."Ich sehe nur einen möglichen Akteur und das ist Russland", führte der Offizier aus.
Moskau wolle die Verantwortung für die Einstellung seiner Gaslieferungen nicht übernehmen. Dasselbe Muster sei schon zu beobachten gewesen, als von russischer Seite der Betrieb von Nord Stream 1 unter Verweis auf nötige Wartungsarbeiten eingestellt wurde.
Strömmen: Russland versucht Europa zu spalten
"In Wirklichkeit geht es bei all dem um die Nutzung von Energie als Waffe", sagte Strömmen weiter. Russland versuche, die europäischen Länder zu verunsichern. "Ziel ist es, Europa zu spalten und es dazu zu bringen, Druck auf die Ukraine auszuüben, um einen Waffenstillstand oder einen Frieden zu den von den Russen gewünschten Bedingungen zu erreichen."
Zugleich werde Russland wahrscheinlich versuchen, Washington für die Sabotage verantwortlich zu machen, vermutet der Norweger. "Die USA haben seit langem Druck auf Europa ausgeübt und besonders auf Deutschland bezüglich ihrer energetischen Abhängigkeit von Russland."
Die Theorie, dass die USA die Leitungen nun sabotiert hätten "wäre wahrscheinlich leicht in den Kreisen zu verkaufen, die in Europa wegen der aktuellen Lage verärgert sind".
US-Aussenminister Blinken: "Ergebnis eines Angriffs"
Auch die US-Regierung geht Berichten nach, denen zufolge die Lecks "das Ergebnis eines Angriffs oder einer Art Sabotage" sind, wie Aussenminister Antony Blinken sagte. Der Nationale Sicherheitsberater Jake Sullivan sagte, Washington unterstütze Forderungen nach einer Untersuchung und werde sich weiter dafür einsetzen, "Europas Energiesicherheit zu gewährleisten".
Der US-Geheimdienst CIA hatte die Bundesregierung einem Medienbericht zufolge schon vor Wochen vor möglichen Anschlägen auf Gas-Pipelines in der Ostsee gewarnt. Ein solcher Hinweis des US-Auslandsgeheimdienstes sei im Sommer in Berlin eingegangen, berichtete der "Spiegel" unter Berufung auf "mit dem Sachverhalt vertrauten Personen". Die CIA reagierte zunächst nicht auf eine Anfrage der Nachrichtenagentur AFP.
Die Betreiberfirma Nord Stream kündigte eine Untersuchung an, um in Zusammenarbeit mit den örtlichen Behörden die Schäden festzustellen und die Ursachen des Vorfalls zu klären. Derzeit sei nicht abzuschätzen, wie lange es dauern werde, die Pipelines zu reparieren.
Polens Regierungschef Mateusz Morawiecki sprach von einem "Sabotageakt", bei dem es sich "wahrscheinlich um die nächste Eskalationsstufe" im Ukraine-Konflikt handele. (afp/thp/fte)
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