Kim Jong Un verweist in seiner Neujahrsansprache auf seinen einsatzbereiten Atomwaffenknopf - der scheinbar nächste Eintrag auf der langen Liste der Drohungen gen Donald Trump. Gleichzeitig macht er einen Schritt auf Südkorea zu. Nach monatelangem Schweigen nehmen die Länder wieder Kontakt auf. Wie das zusammenpasst und welche Taktik der nordkoreanische Machthaber verfolgt.
Sie sprechen wieder miteinander, Nord- und Südkorea. Man habe einen vorläufigen Kontakt mit Nordkorea über das Kommunikationssystem in der Grenzanlage Panmunjeom in der demilitarisierten Zone hergestellt, teilte Südkorea am Mittwoch mit.
Es ist eine bedeutende Botschaft nach den Spannungen der vergangenen Monate. Den bis dato letzten Kontakt zwischen den verfeindeten koreanischen Staaten über die spezielle Leitung in der schwer bewachten Demarkationszone hatte es im Februar 2016 gegeben.
Nordkorea werde versuchen, sich auf eine "ernste und vorsichtige" Weise auf Südkorea einzulassen, sagte der Vorsitzende des nordkoreanischen Ausschusses für eine friedliche Wiedervereinigung, Ri Son-gwon, im Namen von Machthaber
Parallel zu dieser sachten Annäherung betont Kim Jong Un an die mit Südkorea verbündeten USA gerichtet, sein Atomwaffenknopf stehe immer auf seinem Schreibtisch.
Wie passt das zusammen? Was bezweckt Kim Jong Un? Unsere Redaktion hat Antworten auf die wichtigsten Fragen.
Wie ist die Annäherung zu bewerten?
"Kim Jong-un hat, wie schon früher, zu Gesprächen aufgerufen. Neu ist allerdings, dass er konkreter wurde und die technischen Voraussetzungen für die Kommunikation zwischen beiden Seiten in Korea wieder funktionieren", erklärt Dr. Werner Pfennig vom Institut für Koreastudien an der Freien Universität Berlin.
Auch, dass Kim Jong Un bei seiner Neujahrsanspache nicht etwa einen dunklen sondern einen hellen Anzug trug, wertet Pfennig als Signal der Entspannung. "Bei aller Vorsicht sind die Ereignisse positiv zu bewerten", sagt er.
Entscheidend sei nun, ob die Gespräche zu "konkreten Ergebnissen zu beiderseitigem Nutzen" führen.
Welche Rolle spielen die Olympischen Spiele für die Annäherung?
Im Februar finden im südkoreanischen Pyeongchang die Olympischen Winterspiele statt. Laut Pfennig birgt der Sport eine grosse Chance zur Annäherung.
"Kim Jong Un sprach von einer 'Delegation', es könnten also hochrangige Personen aus dem Norden bei der Eröffnungs- und Schlusszeremonie auf VIP-Plätzen sitzen. Früher gab es sogar schon gemeinsame koreanische Mannschaften", sagt der Wissenschaftler.
Die mögliche Teilnahme einer nordkoreanischen Mannschaft an den Spielen habe aber eine politische Absicht als Hintergrund.
"Kim sagte auch, Olympia brauche ein 'friedliches Umfeld', das heisst, er erwartet für seine Geste, dass die zeitgleich geplanten grossen Militärmanöver der USA und Südkoreas nicht stattfinden", sagt Pfennig. "Präsident Moon Jae In (Südkorea, d. Red.) wäre dazu wohl gern bereit, die USA wohl aber nicht."
Der sozialliberale Moon tritt für eine Verständigung mit Nordkorea und eine grössere Distanz zu den USA ein.
Warum geht Kim Jon Un auf Südkorea zu, droht aber den USA?
"Kim Jong Un sagte, dass er einen Atomknopf auf seinem Schreibtisch habe und dies sei eine Tatsache, keine Drohung", gibt Pfennig die Ansprache wieder. Damit habe Kim Jong Un mitteilen wollen, dass er entschlossen und sein Land verteidigungsbereit sei, meint der Korea-Experte. Eine explizite Drohung sieht er in diesem Fall nicht.
Vielmehr bewertet er den Antwort-Tweet von US-Präsident Donald Trump als "kindisch und peinlich".
Die "SZ" sieht Nordkorea indes unter Druck. Denn: Das kommunistische Land brauche langfristig die Wirtschaftshilfe des Südens. Mutmassungen aus Seoul zufolge könnte der Norden seine Teilnahme an den Spielen in Pyeongchang vom Abbau von Sanktionen abhängig machen. Diese Einschätzung teilt Pfennig.
Kim Jong Un könnte ferner versuchen, die Spiele dazu zu nutzen, einen Keil zwischen Seoul und Washington zu treiben, heisst es in der "SZ". Demnach gibt es bei den südkoreanischen Linken einen unterschwelligen Anti-Amerikanismus.
Welche Taktik verfolgt Kim Jong Un?
"Pjöngjang hat erkannt, dass die Republik Korea erhebliche Differenzen mit den USA, der Volksrepublik China und Japan hat", meint Pfennig. "Es ist ein bekanntes Vorgehen, dass solche Spannungen ausgenutzt werden."
Entscheidend bleibe aber das Verhältnis zwischen Washington und dem Regime in Pjöngjang, sagt er. "Hier muss es zu Verhandlungen zur Nuklearfrage kommen. Pjöngjang wird eine einseitige nukleare Abrüstung nicht als Vorleistung erbringen."
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