Schon einmal sollte auf Antrag der damaligen Bundesregierung unter Gerhard Schröder die rechtsextreme NPD verboten werden. 2003 scheiterte das Verbotsverfahren, als sich herausstellte, dass die Parteiführung mit V-Leuten des Verfassungsschutzes durchsetzt war. Am Dienstag startet das zweite Verbotsverfahren auf Antrag des Bundesrates. Auch diesmal sind die Hürden hoch - und der Ausgang ungewiss.

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Das müssen Sie über das neue Verbotsverfahren wissen:

Warum ist es so schwer, die NPD zu verbieten?

Eine Partei kann in Deutschland nur durch das Bundesverfassungsgericht verboten werden. Einen Verbotsantrag stellen dürfen nur der Bundesrat, der Bundestag und die Bundesregierung. Die Hürden für ein erfolgreiches Verbotsverfahren sind hoch.

Laut Grundgesetz können nur Parteien verboten werden, "die nach ihren Zielen oder nach dem Verhalten ihrer Anhänger darauf ausgehen, die freiheitliche demokratische Grundordnung zu beeinträchtigen oder zu beseitigen oder den Bestand der Bundesrepublik Deutschland zu gefährden".

Ein blosses Verbreiten von verfassungsfeindlichen Ideen, zum Beispiel über Flugblätter oder das Internet, reicht nicht aus. In vergangenen Verbotsverfahren haben die Karlsruher Richter angenommen, dass eine aktiv kämpferische, aggressive Haltung gegenüber der bestehenden Ordnung nachgewiesen werden muss, um ein Parteienverbot zu rechtfertigen - also Gewalt als akzeptiertes Mittel zur Durchsetzung der eigenen Ziele.

Gerade dieser Nachweis macht ein Verbotsverfahren sehr schwierig, weil die NPD vermeidet, sich direkt angreifbar zu machen - und gleichzeitig offenbar ein Netzwerk und Sammelbecken für andere, noch extremistischere Gruppierungen ist. Diese Verbindungen müssen vor Gericht aber erstmal bewiesen werden.

Gab es schon erfolgreiche Verbotsverfahren in der Bundesrepublik?

In der Geschichte der Bundesrepublik wurden erst zweimal Parteien verboten und diese Verbotsverfahren liegen weit zurück. 1952 verbot das Bundesverfassungsgericht auf Antrag der Bundesregierung unter Konrad Adenauer die Sozialistische Reichspartei (SRP), die es als eine Nachfolgeorganisation der NSDAP ansah.

1956 folgte das Verbot der Kommunistischen Partei (KPD). Beide verfolgten vergleichsweise offen Pläne zu einem Umsturz der damals gerade erst entstehenden freiheitlich-demokratischen Gesellschaft in der Bundesrepublik.

Wie lange wird das Verfahren voraussichtlich dauern? Wie soll es ablaufen?

Das Bundesverfassungsgericht hat für das Verbotsverfahren nur drei Tage angesetzt: Dienstag, Mittwoch, Donnerstag. Das ist vergleichsweise wenig - es sind aber weitere Verhandlungstage möglich.

Das Gericht hat keine Zeugen geladen, sondern will sich nach derzeitigem Stand vor allem auf das Urteil von vier Experten verlassen. Hinzu kommen Aussagen von derzeitigen oder ehemaligen Funktionären der NPD, die das Gericht als "Auskunftspersonen" geladen hat.

Wie stehen die Chancen auf einen erfolgreichen Ausgang, also ein Verbot der NPD?

Schwer zu sagen. Einem Verbot müssen zwei Drittel der Mitglieder des zuständigen Senats zustimmen, das sind derzeit mindestens sechs der acht Richter. Allerdings endet am 30. April die Amtszeit des Richters Herbert Landau. Sollte sich das Verfahren bis dahin hinziehen, steigen die Hürden für ein Verbot, weil dann alle sieben verbleibenden Richter zustimmen müssten.

Hinzu kommt, dass ein Parteienverbot auch einer Überprüfung durch den Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte standhalten muss, der die Hürden eher noch höher legt als das Verfassungsgericht.

Völlig unklar ist bisher, mit welcher Strategie der NPD-Anwalt Peter Richter die Partei verteidigen will. Dem Mann wird auch von seinen Gegnern Intelligenz und Cleverness bescheinigt. Im Berliner "Tagesspiegel" kündigte er bereits "den einen oder anderen Knaller" an. Experten halten es für denkbar, dass Richter plant, einzelne V-Leute innerhalb der NPD-Führungsebene zu enttarnen.

Eine solche Enttarnung wäre fatal für die Befürworter eines Verbots. Das Verfassungsgericht hatte bereits das letzte Verbotsverfahren eingestellt, als sich herausstellte, dass die NPD mit V-Leuten des Verfassungsschutzes durchsetzt war.

Das neue Verfahren kam überhaupt erst zustande, weil Vertreter der Bundesländer versicherten, die NPD-Führung agiere frei von staatlicher Beeinflussung und die V-Leute seien inzwischen "abgeschaltet".

Wie argumentieren die Befürworter eines Verbotes? Was sagen die Gegner?

Um zu einer Entscheidung zu gelangen, werden die Richter vor allem die Stimmen von vier Experten anhören. Nach einem Bericht aus dem aktuellen "Spiegel" dürften sich zwei von ihnen eher für ein Verbot aussprechen: der Politologe Steffen Kailitz vom Dresdner Hannah-Arendt-Institut für Totalitarismusforschung und die Journalistin Andrea Röpke, die sich auf die Beobachtung rechtsextremistischer Gruppierungen spezialisiert hat.

Die Befürworter des Verbots argumentieren, dass die NPD als legales Sammelbecken und öffentlichkeitswirksame Plattform für rechte Gruppierungen diene. Über die Parteienfinanzierung, die die NPD erhält, wenn sie bei Wahlen antritt, finanziere so letztlich der Steuerzahler ein gewaltbereites, rechtes Netzwerk, das für die gesamte Szene von grosser Bedeutung sei.

Auf der anderen Seite finden sich unter den Experten auch zwei Vertreter, die nach "Spiegel"-Informationen eher gegen ein Verbot seien: Der Politologe Dierk Borstel und der Chemnitzer Politikprofessor Eckhard Jesse.

Die Gesellschaft müsse eine Partei wie die NPD aushalten, glaubt Jesse. Die in der freiheitlich-demokratischen Grundordnung verankerte Liberalität verbiete es, eine Partei mit so begrenztem Einfluss einfach zu verbieten.

Die Richter müssen zwischen beiden Positionen eine Abwägung treffen. Es könnte für ein Verbot sprechen, dass sie den Verbotsantrag überhaupt zur Verhandlung zugelassen haben.

Was würde ein Verbot bedeuten?

Ein Verbot würde die sofortige Auflösung der NPD bedeuten. Abgeordnete müssten ihr Mandat zurückgeben und würden ihre Bezüge verlieren. Das Parteivermögen könnte vom Staat eingezogen werden. Die circa 5.200 Mitglieder der Partei müssten ihre Parteiarbeit sofort beenden. Jegliche Zusammenkünfte und der Aufbau von Strukturen unter dem Label NPD oder einer Nachfolge-Organisation wären sofort verboten.

Beobachter vermuten allerdings, dass sich viele der ehemaligen Mitglieder und Sympathisanten anderen Parteien zuwenden könnten, zum Beispiel der AfD. Das zeigt auch die Geschichte.

Auf das Verbot der rechtsextremen Sozialistischen Reichspartei (SRP) folgte bereits in den Sechzigerjahren das Erstarken der Nationaldemokratischen Partei Deutschlands (NDP). Das Verbot der kommunistischen KPD ermöglichte den Aufstieg der wesensverwandten Deutschen Kommunistischen Partei (DKP).

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