In Österreich wollen die ÖVP und die Grünen versuchen, erstmals eine gemeinsame Regierung zu bilden. Einfach wird dies aber nicht. Zu unterschiedlich sind ihre Meinungen. Haben beide schlicht keine bessere Option?

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ÖVP und Grünen wagen den nächsten Schritt auf dem Weg zu einem möglichen Regierungsbündnis in Österreich. Nachdem die Grünen am Sonntag ihre Bereitschaft deutlich gemacht hatten, hat sich nun auch ÖVP-Chef Sebastian Kurz für Koalitionsverhandlungen ausgesprochen.

"Dieser Prozess wird nicht einfach werden, weil die Positionen von Grünen und Volkspartei sehr, sehr unterschiedlich sind", sagte der 33-Jährige am Montag in Wien. Seine Partei werde die anstehenden Gespräche "ergebnisoffen, aber ehrlich, respektvoll und mit vollem Engagement" führen.

Grünen-Chef Werner Kogler hatte Verhandlungen am Sonntag als Wagnis bezeichnet, das man aber eingehen wolle. Eine Regierung von ÖVP und Grünen wäre in Österreich auf Bundesebene eine Premiere.

ÖVP und Grüne als Wahlsieger

Die beiden Parteien waren als Wahlsieger aus dem Urnengang am 29. September hervorgegangen. Die ÖVP erhielt 37,5 Prozent der Stimmen - ein Plus von sechs Prozentpunkten im Vergleich zur Wahl 2017. Die Grünen konnten 13,9 Prozent (plus 10,1 Prozentpunkte) der Wähler von sich überzeugen und zogen damit nach der herben Niederlage vor zwei Jahren wieder in den Nationalrat ein.

Während auch die SPÖ (21,2 Prozent) für Regierungsverhandlungen bereit gewesen wäre, sieht sich der vorherige Koalitionspartner der ÖVP, die rechte FPÖ (16,2 Prozent), in den kommenden Jahren eher in der Opposition.

Koalitionsverhandlungen zwischen ÖVP und Grünen galten unter diesen Umständen bereits seit dem Wahlabend als wahrscheinlich, auch wenn sich beide Parteien zuletzt nicht in die Karten schauen liessen.

Sind ÖVP und Grüne bereits in Verhandlungen?

Aus den Mitte Oktober gestarteten Sondierungen wurden nur wenige Details bekannt. Kurz und Kogler betonten immer nur die grosse Bedeutung des persönlichen Kennenlernens. Inhaltliche Themen wurden aber zumindest auf mögliche Hürden abgeklopft.

Die Stimmung bei den Sondierungen war den Statements und Interviews der Beteiligten zufolge in den vergangenen Tagen stets gut. "In Wahrheit waren das in den vergangenen zwei Wochen aber schon Verhandlungen für eine Koalition", glaubt der Politik-Experte Thomas Hofer.

Beiden Parteien sei es aber gelegen gekommen, viel Zeit in die Gespräche zu investieren. "Die Grünen mussten sich erst sortieren, vor allem im Parlament. Das ist nicht so einfach, wie man von aussen oft denkt", so Hofer. Die Grünen waren bei der Wahl 2017 aus dem Parlament geflogen und hatten in der Folge auch ihre Parteistrukturen deutlich verkleinern müssen.

Kurz verfolgte zuletzt harten Anti-Migrationskurs

Tatsächlich dürfte es trotz aller Sympathien für beide Parteien nicht leicht werden, sich auf ein Bündnis zu verständigen. Kurz hatte von 2017 bis 2019 mit der rechten FPÖ regiert und in dieser Zeit einen harten Anti-Migrationskurs verfolgt.

Zudem sollte im Rahmen einer umfangreichen Steuerreform auch die Wirtschaft deutlich entlastet werden. Beide Punkte wurden von den Grünen ebenso kritisiert wie eine Reform der Mindestsicherung, die vor allem für kinderreiche Familien Einschnitte zur Folge hatte.

"Wir verhandeln sicher nicht auf Scheitern, aber wir verhandeln auch nicht so, dass es mit Sicherheit ein Ergebnis gibt", sagte Grünen-Chef Kogler am Sonntag zu den nun anstehenden Verhandlungen. "Das ist ein ergebnisoffener Anfang eines durchaus herausfordernden Prozesses", sagte Kurz am Montag

Überlässt Kurz den Grünen den Klimaschutz?

"Ich glaube, dass Sebastian Kurz beim Klimaschutz bereit ist, den Grünen einiges zu überlassen", sagt Experte Hofer. Gleichzeitig müsse der ÖVP-Chef aber dafür sorgen, dass in den Bereichen Industrie und Landwirtschaft die eigene Klientel nicht zu kurz komme.

Im Gegenzug könnten die Grünen Kurz etwa bei der Migration freie Hand lassen - auch wenn sich der Ex-Kanzler wohl in der Tonalität mässigen müsste. Passend dazu ist das gesamte Thema Asyl und Migration zuletzt bei Kurz' Äusserungen schon deutlich in den Hintergrund getreten, während es zu Zeiten der ÖVP-FPÖ-Regierung noch das uneingeschränkte Topthema war.

Ibiza-Skandal fordert neue Regierungsbildung

Dass in Österreich derzeit überhaupt eine neue Regierung gebildet werden muss, ist Folge des Ibiza-Skandals rund um Ex-FPÖ-Chef Heinz-Christian Strache. "Spiegel" und "Süddeutsche Zeitung" hatten im Mai ein Video veröffentlicht, auf dem Strache im Gespräch mit einer vermeintlichen russischen Oligarchen-Nichte korruptionsanfällig wirkte.

Strache trat einen Tag nach der Veröffentlichung von allen Ämtern zurück, die gesamte Regierung zerbrach, Ex-Kanzler Kurz rief Neuwahlen aus. Derzeit regiert in Österreich ein Expertenkabinett. (msc/dpa)

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