In der Rangliste der Pressefreiheit hat die Organisation "Reporter ohne Grenzen" Österreich jüngst von Platz 11 auf Platz 16 herabgestuft. Die Reaktion des FPÖ-Politikers Harald Vilimsky auf eine kritische Frage des ORF-Journalisten Armin Wolf zeigt, warum.

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ORF-Moderator Armin Wolf war sich sicher, dass die Sache mit der Zeichnung schnell erledigt sein würde, wie er auf seinem Blog schreibt. In der Annahme, dieser werde sich davon distanzieren, konfrontierte er den FPÖ-Politiker Harald Vilimsky in der ORF-Nachrichtensendung "ZIB2" mit einem Bild, das auf der Internetseite des "Ring Freiheitlicher Jugend Steiermark" prangt. Unter dem Slogan "Tradition schlägt Migration" zeigt die FPÖ-Jugendorganisation ein blondes Paar in Tracht, umringt von finster dreinblickenden, langnasigen Gestalten. Im Hintergrund zwei Minarette.

FPÖ-Mann fordert Journalist zum Rücktritt auf

Es kam anders. Vilimsky, Spitzenkandidat der FPÖ für die Europawahl, distanzierte sich nicht. "Niemand in der Steiermark im Landtag regt das auf", sagte er - und holte zum Angriff auf Wolf aus. "Sie wollen dieser Regierung schaden. Auf Twitter und in den sozialen Netzwerken machen Sie permanent Stimmung gegen uns."

Armin Wolf in Gespräch mit Harald Vilimsky

. © YouTube

Als Wolf die Zeichnung mit einer Abbildung aus der NS-Zeitschrift "Stürmer" verglich, drohte Vilimsky dem Moderator. Dieser "Skandal der Sonderklasse" könne "nicht ohne Folgen bleiben". Später forderte er in einem Zeitungsinterview Wolfs Rücktritt.

Mehrere Parteikollegen sprangen Vilimsky bei: Parteichef Heinz-Christian Strache nannte das Interview "widerlich", dessen Vorgänger Norbert Steger legte Wolf eine Auszeit nahe. Die ehemalige ORF-Moderatorin und jetzige FPÖ-Politikerin Ursula Stenzel warf Wolf einen Verhörton wie von einem Staatsanwalt vor und kritisierte, er könne auch "vor einem Volksgerichtshofs auftreten". Dort wurden während der NS-Zeit Fälle von Hoch- und Landesverrat verhandelt und zahlreiche Todesurteile gegen NS-Gegner verhängt.

Claus Kleber: "Es klingt bizarr. Es ist gefährlich"

Für viele Kollegen von Armin Wolf - auch aus Deutschland - ist der Streit ein Grund mehr, sich um die Pressefreiheit in Österreich zu sorgen. "Es klingt bizarr. Es ist gefährlich", schreibt "Heute Journal"-Moderator Claus Kleber auf Twitter.

Moderator und Satiriker Jan Böhmermann fragt: "Ab wann beunruhigen Eingriffe in die Pressefreiheit in Österreich eigentlich unsere Bundesregierung?"

"Zum einen muss ein Politiker kritische Fragen eines Moderators aushalten, ohne auszurasten", erklärte der Bundesvorsitzende des Deutschen Journalisten-Verbands, Frank Überall. "Zum anderen zeigt die Hetzkampagne der Rechtspopulisten gegen Armin Wolf, was sie von Rundfunk- und Meinungsfreiheit halten: gar nichts."

Von der österreichischen Journalistengewerkschaft GPA-djp heisst es: Wie einzelne FPÖ-Politiker seit geraumer Zeit Journalisten des ORF attackieren, sei "verheerend und demokratiepolitisch höchst bedenklich".

"Reporter ohne Grenzen" alarmiert

Seit die FPÖ im Dezember 2017 an die Regierung kam, hat sie sich immer wieder mit Journalisten angelegt, vor allem mit Mitarbeitern des öffentlich-rechtlichen ORF. Strache hat Wolf und dem Sender vorgeworfen, aus Fake News Nachrichten zu machen. Die Partei will den Sender künftig über Steuern statt über eine eigene Gebühr finanzieren. Die heftig debattierten Richtlinien für Social-Media-Beiträge der ORF-Journalisten sind wohl auf Druck der FPÖ entstanden. Vergangene Woche liess Ex-Chef Steger wissen, man wolle die Posten von Auslandskorrespondenten streichen, die sich "nicht korrekt" verhielten.

Die Organisation "Reporter ohne Grenzen" hat Österreich in der Rangliste der Pressefreiheit jüngst von Platz 11 auf Platz 16 heruntergestuft. Begründung: "In Österreich nahmen medienfeindliche Rhetorik und Drohungen gegen Medienschaffende stark zu, seit Rechtspopulisten an der Regierung beteiligt sind."

Mit Material der dpa
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