Österreichs Bundeskanzler Sebastian Kurz hat in einem TV-Interview seine rote Linie für eine Zusammenarbeit mit der rechten FPÖ gezogen. Er will jede Verfehlung des Koalitionspartners gesondert beurteilen.

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Nach mehreren Verfehlungen der rechten FPÖ in den vergangenen Wochen hat Österreichs Bundeskanzler Sebastian Kurz (ÖVP) eine rote Linie für die Zusammenarbeit mit dem Koalitionspartner festgelegt.

"Ich werde immer das Gespräch mit dem Koalitionspartner führen, wenn es mir notwendig erscheint, Konsequenzen einfordern. Und wenn es die dann nicht gibt, dann ist eine rote Linie überschritten", sagte Kurz am Dienstagabend in der ORF-Nachrichtensendung "ZiB2".

Kurz will jede Verfehlung gesondert betrachten

Dabei werde er jede Verfehlung immer für sich beurteilen. Er gehe davon aus, dass die Koalition mit der FPÖ bis zum Ende der Legislaturperiode 2022 halten werde.

Zuletzt hatte die FPÖ mit einem rassistischen Gedicht und mit ihren Verbindungen zu den rechtsextremen "Identitären" für Aufsehen gesorgt. In beiden Fällen forderte der Kanzler Konsequenzen ein und die FPÖ bemühte sich in beiden Fällen auch darum.

Der Autor des Gedichts musste sein Amt als Vizebürgermeister von Braunau räumen, Vizekanzler und FPÖ-Chef Heinz-Christian Strache beteuerte zudem mehrfach, dass seine Partei nichts mit den "Identitären" zu tun habe.

Formulierung "Bevölkerungsaustausch" gefällt Kurz nicht

Anders reagierte Kurz auf eine Formulierung Straches, der am Sonntag in einem Interview mit der "Kronen-Zeitung" vom Kampf gegen den "Bevölkerungsaustausch" sprach und diesen Kampfbegriff der rechtsextremen Szene als Realität einordnete.

In der "ZiB2" sagte Kurz, dass ihm dieser Begriff nicht gefalle, er ihn nicht verwende und auch sachlich für falsch halte. Eine konkrete Konsequenz forderte er in diesem Fall aber nicht.

Auf die Frage, wie lange aus seiner Sicht die Koalition aus ÖVP und FPÖ Bestand haben werde, antwortete der Kanzler, sie werde bis zum Ende der Legislaturperiode halten.

FPÖ-Chef Strache verteidigt Formulierung

Vizekanzler und FPÖ-Chef Strache will indes weiter mit dem Nazi-Kampfbegriff "Bevölkerungsaustausch" Wahlkampf machen. Er sagte am Mittwoch, der Begriff beschreibe eine "Realität", die nicht zu leugnen sei. Seine Partei habe ihn schon immer benutzt, dies gelte auch während der Kampagne zur Europawahl Ende Mai.

Der FPÖ-Chef reagierte auf Kritik der vergangenen Tage, nachdem er im Gespräch mit der "Kronen-Zeitung" den Begriff verwendet hatte. Die liberale Partei Neos sprach von einem "extrem gefährlichen Signal", auch andere Oppositionspolitiker prangerten Straches Wortwahl an. Der warf seinen Kritikern nun "Wortklauberei" vor, die eine Debatte über Einwanderung verhindern solle.

"Bevölkerungsaustausch" oder "Umvolkung" ist der Kernbegriff einer rassistischen Verschwörungstheorie, die ihren Ursprung in Nazi-Kreisen nach dem Zweiten Weltkrieg hat. Ihr zufolge soll die weisse christliche Bevölkerung Europas gezielt durch andere Menschen ersetzt werden. Auch der rechtsextreme Attentäter von Christchurch hatte sich auf die Verschwörungstheorie vom "Bevölkerungsaustausch" bezogen. (ank/dpa/afp)

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