Ungarns Ministerpräsident Viktor Orban hat die sich abzeichnende neue Führung der Europäischen Union (EU) unter einer erneuten Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen als Produkt einer "Koalition für Krieg und Migration" bezeichnet. Die "zunehmend nach links abdriftenden" Konservativen, die Sozialdemokraten und die Liberalen, die zusammen auch im neuen Europaparlament eine Mehrheit haben, hätten sich diesbezüglich bereits geeinigt, sagte der Rechtspopulist am Freitag im Interview mit dem staatlichen ungarischen Radio.

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Zwar hatte es am Montag bei einem informellen Treffen der Staats- und Regierungschefs der EU in Brüssel noch keine Einigung über die Besetzung der EU-Spitzenjobs nach den Europawahlen vom 9. Juni gegeben. Doch handle es sich um ein "bereits abgepfiffenes Match", sagte Orban. "In der EU entstand eine kriegstreiberische, wirtschaftsfeindliche und migrationsfreundliche Koalition", führte er weiter aus. Der Deutsche Manfred Weber habe als Fraktionschef der konservativen Europäischen Volkspartei (EVP), der stimmenstärksten Kraft im Europaparlament, beim Schmieden dieser Koalition "die Rolle des Beelezebubs" – eines Dämons oder Teufels - gespielt. Weber sei "ein alter Feind und Übeltäter Ungarns", von der Leyen ihm gegenüber "lediglich eine kleine Ministrantin".

Die Koalition der "Weberianer" würde den sogenannten "Soros-Plan" exekutieren, so Orban weiter. Demnach soll der ungarischstämmige US-Milliardär und Philanthrop George Soros versuchen, Europa mit Migranten zu überschwemmen, um die europäischen Nationen ihrer christlichen und nationalen Identität zu berauben. "In Europa vollzieht sich ein Bevölkerungsaustausch, der weisse, christliche, traditionsbewusste – sagen wir europäische – Mensch wird weniger, die Zahl der importierten Migranten steigt", fuhr Orban fort. Die Unterstellung eines – nicht belegbaren – "Soros-Plans" und die Klage über einen angeblichen "Bevölkerungsaustausch" sind Teile von Verschwörungserzählungen, wie sie Rechtsextremisten propagieren.

Das Rundfunk-Interview mit Orban wurde in Berlin aufgezeichnet. Am Freitag wollte ihn Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) zu einem Gespräch empfangen. Ungarn übernimmt am 1. Juli die EU-Ratspräsidentschaft.  © dpa

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