Der Balaton oder auch Plattensee genannt, ist eines der beliebtesten Urlaubsziele vieler Ungarn und ausländischer Touristen. Orban-Getreue sollen jedoch die Urlauber immer mehr zurückdrängen und Luxus-Gäste anlocken wollen.
Seit Generationen machen Ungarn am Plattensee Ferien. Doch nun trübt die zunehmende Privatisierung des Ufers die Urlaubsfreude. Unternehmer aus dem Umfeld der nationalistischen Regierung von Viktor Orban riegelten Strände und Häfen für reiche Touristen ab, kritisieren Einheimische. Wo früher Campingplätze und Parks waren, versperren jetzt Luxushotels, Apartmentblöcke und Jachthäfen den öffentlichen Zugang zum See.
Einheimische sauer auf Bauboom am Balaton
"Ich mache mir ernsthaft Sorgen", sagt Peter Karpati, der seit fast 40 Jahren im Badeort Balatonföldvar Eis verkauft. "Die Geldgier frisst den See allmählich auf und treibt ihn in den Ruin." "Ungarisches Meer" wird der Balaton liebevoll genannt. Mit seinem 235 Kilometer langen Ufer ist er der grösste Süsswassersee Mitteleuropas.
Kritiker sehen den traditionellen Tourismus am Plattensee durch den Bauboom bedroht. 2,8 Millionen Menschen, überwiegend Ungarn, machen dort jedes Jahr Urlaub. Die Zahlen des staatlichen Statistikamtes zeigen einen Rückgang der Übernachtungen im Juni gegenüber dem Vorjahr; die Gesamtausgaben der Besucher blieben jedoch angesichts von Gentrifizierung und steigenden Preisen gleich.
Eisverkäufer Karpati wirft der Stadtverwaltung vor, Geld für "sinnlose" Bauprojekte "aus dem Fenster zu werfen". Er selbst erwägt, sein Geschäft zu verlegen – gegen einen saftigen Scheck von der Stadtverwaltung –, um Platz für "einen Grossunternehmer aus Orbans System" zu machen. Verbündete des Regierungschefs kontrollieren seit dessen Rückkehr an die Macht 2010 grosse Teile der Wirtschaft.
Schwiegersohn von Orban soll auch am Balaton bauen
Die Anti-Korruptions-Organisation K-Monitor berichtet von mehr als 50 Bauprojekten rund um den See in der Hand von Orban-Vertrauten. Auch sein Schwiegersohn Istvan Tiborcz soll dazugehören. Gegenüber der Nachrichtenagentur AFP bestreitet Tiborcz diese Angaben. Er sei vor einigen Jahren nur zeitweise beteiligt gewesen.
Die Regierung erklärt, sie stelle Gelder für die Tourismusförderung bereit. Kritiker werfen ihr vor, umstrittene Projekte zu finanzieren und dafür notwendige Gesetzesänderungen zu unterstützen.
Eisverkäufer Karpati kämpft zusammen mit anderen Einheimischen seit Jahren gegen einen Jachthafen am Strand – laut den Aktivisten ebenfalls ein Projekt von Gefolgsleuten Orbans. Der Hafen ist bereits zur Hälfte fertig, zweimal stoppten Richter den Bau wegen mangelnder Bürgerbeteiligung und fehlender Umweltverträglichkeitsprüfung.
Jetzt wird jedoch wieder weiter gebaut, nachdem der Stadtrat unter der Führung von Orbans Fidesz-Partei vergangenes Jahr rückwirkend die Bauordnung geändert hatte. "Wenn das hier in Balatonföldvar möglich ist, dann ist kein einziger Strand am Balaton sicher“, warnt Karoly Herenyi, einer der Aktivisten.
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Laszlone Szabo macht wie jedes Jahr Urlaub in Balatonföldvar und hat die Petition gegen die Marina unterschrieben. "Der Hafen nimmt den Teil des Weststrandes ein, wo wir uns immer gesonnt und den ganzen Sommer verbracht haben", sagt die 46 Jahre alte Lehrerin.
Herenyi ist überzeugt, dass die Regierung eine "neue Aristokratie" schaffen will, die den See für sich allein hat – wie der Adel vor hundert Jahren. In der Zeit des Kommunismus machten der sowjetische Staatschef Nikita Chruschtschow und der kubanische Präsident Fidel Castro am Plattensee Urlaub, es entstanden viele Gebäude im sowjetischen Stil. Nach der demokratischen Wende in den 1990er-Jahren versprachen die Behörden, den Bauboom zu stoppen, doch in den vergangenen Jahren flammte er wieder auf.
Seit der Kommunalwahl haben die Aktivisten, die sich für erschwinglichen Familientourismus engagieren, wieder Hoffnung: Fidesz schnitt schlechter ab, in Keszthely, einer wichtigen Stadt am See, verlor die Regierungspartei das Rathaus. Der neue Bürgermeister Gergely Toth verspricht nachhaltigen Tourismus am Balaton. Bei seinem Amtsantritt im Oktober will er als erstes ein Tor abbauen, mit dem ein Bauunternehmer ohne Genehmigung den Strandzugang versperrte – eine inzwischen übliche Taktik der Immobilienentwickler. (afp/bearbeitet von the)
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