Das Thema illegale Migration sorgt in der EU trotz der jüngst beschlossenen Asylreform für Spannungen. Der ungarische Ministerpräsident Viktor Orban denkt, eine Lösung zu haben - und wird dafür vor allem von Ursula von der Leyen harsch kritisiert.

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Der ungarische Regierungschef Viktor Orban hat eine radikale Kehrtwende in zentralen Bereichen der Europapolitik gefordert. "Lassen Sie uns Europa wieder gross machen", sagte der Rechtsnationalist am Mittwoch in einer Rede im Europaparlament in Strassburg. Er zitierte damit das Motto der ungarischen EU-Ratspräsidentschaft in diesem Halbjahr. Es ist eine Abwandlung des Slogans "Make America Great Again" von US-Präsidentschaftskandidat Donald Trump.

Orban stellte in seiner Rede zentrale EU-Beschlüsse der vergangenen Jahre infrage. "Das europäische Asylsystem funktioniert einfach nicht", erklärte er. Die EU dürfe keine Migranten mehr hereinlassen, sondern müsse sie von Zentren in Drittländern aus zurückführen, sagte der Regierungschef, dessen Land wegen Missachtung der EU-Asylpolitik mehrfach von den obersten Gerichten verurteilt worden war.

"Alles andere ist eine Illusion"

Konkret forderte Orban, Asylverfahren künftig in Staaten ausserhalb der EU in externen "Hotspots" durchzuführen und Schutzsuchende vorher nicht mehr in die Union zu lassen. "Wir können nur diejenigen in die EU hineinlassen, die eine entsprechende Erlaubnis vorab dafür bekommen haben", sagte er laut Parlamentsübersetzung. "Das ist die einzige Lösung. Alles andere ist eine Illusion."

Zudem bedrohe die Abkopplung der EU von russischem Öl und Gas das Wachstum in Europa, kritisierte Orban, dessen Land seine Gasbezüge aus Russland noch ausgebaut hat. In der Klimapolitik forderte Orban, die "Quintessenz" des Green Deal in Frage zu stellen, mit dem die EU bis 2050 zum ersten klimaneutralen Kontinent werden will.

Während Orbans Rede schwenkten sozialdemokratische Abgeordnete Schilder mit der Aufschrift "Demokraten gegen Autokraten". Das linke Lager stimmte nach seiner Ansprache die antifaschistische Hymne "Bella Ciao" an. Das Rechtsaussen-Lager applaudierte dem Ungarn dagegen im Stehen.

Schlagabtausch zwischen von der Leyen und Orban

In der folgenden Debatte lieferten sich EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen und Orban einen Schlagabtausch. In ihrer Rede kritisierte von der Leyen die ungarische Regierung unter anderem dafür, Schleuser vorzeitig aus dem Gefängnis entlassen zu haben, Russen ohne zusätzliche Sicherheitschecks ins Land zu lassen und es der chinesischen Polizei zu erlauben, in Ungarn zu arbeiten.

"Das ist keine Verteidigung der Souveränität Europas. Das ist eine Hintertür für ausländische Einmischung", sagte die deutsche Spitzenpolitikerin. Orban werfe seine Probleme nur seinen Nachbarn über den Zaun.

Zudem warf sie Ungarn vor, sich nicht an europäische Absprachen zu halten. Nach Russlands Angriff auf die Ukraine hätten alle Staats- und Regierungschefs der EU beschlossen, sich unabhängiger von russischer Energie zu machen und Alternativen zu suchen. Insbesondere ein Mitgliedstaat habe jedoch nur nach Alternativen Ausschau gehalten, wie es weiter russische Energie kaufen könne.

Orban sieht in von der Leyen eine "politische Waffe"

Orban erwiderte, er habe eigentlich nicht über Differenzen sprechen wollen. Er sagte, Ungarn habe die EU vor 2.000 Schleusern bewahrt. Zudem bezeichnete er von der Leyen als politische Waffe, die gegen Patrioten eingesetzt werde. Er lehne voll und ganz ab, was von der Leyen gesagt habe.

Die Deutsche hatte Orban zuvor zudem dafür gerügt, dass Unternehmen aus anderen EU-Staaten in Ungarn etwa durch höhere Steuern oder willkürliche Inspektionen diskriminiert werden. Zudem profitiere in Ungarn nur eine kleine Gruppe von öffentlichen Aufträgen. (afp/dpa/bearbeitet von fte)

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