Nach drei Monaten ist kein Ende des Krieges zwischen der radikalislamischen Palästinenserorganisation Hamas und Israel in Sicht. Völlig unklar ist auch, wie die Zukunft des weitgehend zerstörten Gazastreifens aussehen soll. Israelische, palästinensische und US-Vertreter haben sehr unterschiedliche Vorstellungen. Ein Überblick

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Die Pläne der Israelis

Der israelische Verteidigungsminister Yoav Gallant stellte am vergangenen Donnerstag einen Plan für die Nachkriegsverwaltung des Gazastreifens vor, der noch vom Kriegskabinett verabschiedet werden muss. Demnach wird Israel den Krieg so lange fortsetzen, bis die von der Hamas entführten Geiseln befreit sind, die Hamas zerschlagen ist und keine Bedrohung mehr von ihr ausgeht.

Danach werde es "keine zivile israelische Präsenz im Gazastreifen mehr geben", sagte Gallant. Die Armee behalte sich jedoch vor, bei Gefahr einzugreifen. Palästinensische Stellen sollen dem Plan zufolge das Küstengebiet künftig verwalten.

Die an der Regierung beteiligte extreme Rechte stellt sich die Zukunft des Gazastreifens ganz anders vor. Der Minister für nationale Sicherheit, Itamar Ben Gvir, forderte vergangene Woche die Rückkehr israelischer Siedler. Die palästinensische Bevölkerung hingegen solle zur Auswanderung "ermutigt" werden. Der rechtsextreme Finanzministers Bezalel Smotrich vertritt ähnliche Ansichten. Beide Politiker wohnen im besetzten Westjordanland in israelischen Siedlungen, die nach internationalem Recht illegal sind.

Der UN-Menschenrechtskommissar Volker Türk zeigte sich "sehr beunruhigt über die Erklärungen hochrangiger israelischer Vertreter, Zivilisten aus dem Gazastreifen in Drittländer zu bringen". Israel hatte 2005 nach 38 Jahren der Besatzung seine Soldaten und die 8000 Siedler aus dem Gazastreifen abgezogen. International galt Israel jedoch weiterhin als Besatzungsmacht, da es den Zugang zu dem Palästinensergebiet kontrollierte und blockierte.

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Washingtons Vorstellungen für Gaza

Als Israels wichtigster Verbündeter und militärischer Unterstützer haben die USA erheblichen Einfluss auf die Nachkriegsordnung. Nach Ansicht Washingtons soll eine neu gestaltete Palästinensische Autonomiebehörde nach Ende der Kämpfe die Verwaltung des Gazastreifens übernehmen. Die Autonomiebehörde unter Führung von Palästinenserpräsident Mahmud Abbas ist derzeit die palästinensische Autorität im besetzten Westjordanland und dort äusserst unpopulär.

"Gaza ist palästinensisches Land und wird palästinensisches Land bleiben, und die Hamas wird nicht länger seine Zukunft bestimmen", erklärte das US-Aussenministerium vergangene Woche und wies die Äusserungen von Ben Gvir und Smotrich als "unverantwortlich" zurück.

Die beiden Fraktionen der Palästinenser

Die Hamas übernahm 2007 die alleinige Kontrolle über den Gazastreifen und verdrängte Abbas' rivalisierende Fatah-Partei, mit der sie seit ihrem überraschenden Sieg bei der Parlamentswahl im Jahr zuvor die Macht geteilt hatte. Mehrere Versuche der Versöhnung zwischen den Parteien scheiterten.

Vergangene Woche erklärte sich Hamas-Chef Ismail Hanija jedoch zur Zusammenarbeit bereit. "Wir sind offen für die Idee einer nationalen Regierung für das Westjordanland und den Gazastreifen", sagte er. Abbas sieht den Gazastreifen als "integralen Bestandteil" des von den Palästinensern angestrebten Staates.

Das Osloer Abkommen zwischen Israel und den Palästinensern sieht einen unabhängigen palästinensischen Staat vor. Doch der in den 1990er Jahren begonnene Friedensprozess stockt seit langem, der israelische Regierungschef Benjamin Netanjahu hat kein Interesse ihn fortzusetzen. Stattdessen bauten er und seine rechtsextremen Koalitionspartner die Siedlungen im Westjordanland aus, die die Gründung eines palästinensischen Staates erschweren. (afp/jos)

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