Berlin ist im Panda-Fieber: Es sieht ganz danach aus, dass Zoo-Bärin Meng Meng Nachwuchs erwartet, was bei Pandas selten ist. Die frohe Kunde dürfte ganz im Sinne der chinesischen Regierung sein, die Meng Meng und ihren Partner Jiao Qing an den Zoo verliehen hat. Denn Peking verfolgt mit den niedlichen Tieren knallharte Interessen.

Mehr aktuelle News finden Sie hier

Pandas sind echte Sexmuffel. Nur einmal im Jahr können die Weibchen befruchtet werden. Oft nur für 24 Stunden, wenn es gut läuft, für ein paar Tage.

Das muss man wissen, um die Nachricht aus dem Berliner Zoo einordnen zu können: Bärin Meng Meng ist vermutlich schwanger. Erste Untersuchungsergebnisse seien "vielversprechend", teilten die Verantwortlichen am Mittwoch mit. "Auch wenn es bei Grossen Pandas häufiger zu Scheinträchtigkeit kommt, gehen wir bisher zu etwa 85 Prozent davon aus, dass Meng Meng tatsächlich Nachwuchs erwartet", erklärte Thomas Hildebrandt vom Leibniz-Institut für Zoo- und Wildtierforschung (IZW), das etwa Ultraschall- und Hormonuntersuchungen durchgeführt hat.

Panda-Baby wäre eine Sensation

Der Zoo in Berlin ist der einzige Deutschlands, der Grosse Pandas hält. Seit rund zwei Jahren leben die sechsjährige Meng Meng und das neunjährige Männchen Jiao Qing dort. Beide galten in Paarungsfragen als unerfahren. Um die Wahrscheinlichkeit auf Nachwuchs zu erhöhen, wurde Meng Meng daher auch künstlich besamt.

Sollte es tatsächlich geklappt haben, stünde Ende August, Anfang September eine kleine Sensation an: die erste Panda-Geburt der Republik. Frühere Versuche mit anderen Panda-Paaren waren nämlich stets erfolglos.

Für den Berliner Zoo hat die mögliche Schwangerschaft noch aus einem anderen Grund grosse Tragweite: So ein niedlicher Mini-Panda würde natürlich jede Menge Besucher anlocken - und damit zumindest einen Teil der immensen Kosten wettmachen, die für die Pandas anfallen. Denn kaum einer der tierischen Bewohner ist derart teuer wie die Bären.

Eine Million Dollar Leihgebühr pro Jahr

Nicht nur, dass Berlin rund zehn Millionen Euro in das Gehege investiert hat, wie die "Berliner Zeitung" weiss. Nicht nur, dass jeder Panda täglich zwischen 30 und 45 Kilogramm Bambus verspeist, der - in verschiedenen Sorten, denn die Bären sind anspruchsvoll - aus verschiedenen Gärtnereien in ganz Europa geliefert werden muss. Da ist auch noch die Leasing-Rate.

Die Namen Meng Meng und Jiao Qing kommen nicht von ungefähr. Die beiden sind Leihgaben aus China, dem einzigen Land, in dem der Grosse Panda vorkommt. Und dessen Regierung lässt sich dafür laut "FAZ" jährlich mit rund 500.000 US-Dollar entlohnen - pro Bärenkopf. Für ein Baby sind in der Regel einmalig rund 200.000 Dollar zu überweisen. Ausserdem steht im Vertrag, dass auch der Nachwuchs Eigentum Chinas ist.

Tausche Tiere gegen Technologie

Etwa 50 solch chinesischer Leasing-Pandas gibt es der Zeitung zufolge weltweit, verteilt auf gut ein Dutzend Länder. Wohin Bären vergeben werden, überlegt sich die Volksrepublik sehr gezielt, wie eine Untersuchung aus dem Jahr 2013 zeigt. Wissenschaftler der Uni Oxford haben Chinas sogenannte Panda-Diplomatie analysiert und festgestellt: Unter Mao wurden die Tiere an befreundete Länder verschenkt. Unter Deng Xiaoping hielt mit dem Kapitalismus auch die Praxis Einzug, diese gegen Geld zu verleihen. Heute knüpft Peking die Vergabe an die Lieferung von Rohstoffen und Technologie.

So durfte sich Kanada vor einigen Jahren über Pandas freuen, nachdem es China grosse Mengen Uran versprochen hatte. Der Vertrag mit Deutschland kam laut "Tagesspiegel" zustande, nachdem Wirtschaftsvertreter beider Länder Geschäfte mit einem Volumen von rund 18 Milliarden Euro besiegelt hatten.

Längst sind die Pandas ein Baustein chinesischer Aussenpolitik. "Die Tiere sind niedlich und lösen bei vielen Menschen gute Gefühle aus", erklärt Mareike Ohlberg vom Mercator Institute for China Studies im Gespräch mit der "Süddeutschen Zeitung". "Und das ist aus chinesischer Sicht natürlich eine gute Alternative zu härteren Themen, die sonst vielleicht diskutiert würden."

Verwendete Quellen:

  • "Der Tagesspiegel" vom 24.6.2017: "Berlin und die Panda-Realpolitik"
  • "Der Tagesspiegel" vom 22.6.2018: "Aber bitte mit Bambus: Ein Jahr Pandas in Berlin"
  • "FAZ" vom 25.8.2015: "Chinas Panda-Diplomatie"
  • "Süddeutsche Zeitung" vom 5.7.2017: "Wie China mit Pandas Politik macht"
  • dpa
JTI zertifiziert JTI zertifiziert

"So arbeitet die Redaktion" informiert Sie, wann und worüber wir berichten, wie wir mit Fehlern umgehen und woher unsere Inhalte stammen. Bei der Berichterstattung halten wir uns an die Richtlinien der Journalism Trust Initiative.