Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) muss sich beim G20-Gipfel in Brasilien um internationale Krisenherde kümmern. Vor der eigenen Haustüre in Berlin jedoch wird die Lage von Tag zu Tag ernster.

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Scholz ist laut einer Umfrage bei den Wählern so unbeliebt wie nie zuvor. Wie die "Bild"-Zeitung am Dienstag unter Berufung auf die repräsentative Politiker-Rangliste des Instituts Insa berichtete, fällt Scholz in der wöchentlichen Abfrage von Platz 19 auf Platz 20. Das ist demnach sein bisher schlechtester Wert und der letzte Platz im Ranking.

Konkurrent auf Platz eins

Scholz sei damit auch unbeliebter als die AfD-Vorsitzenden Alice Weidel (Platz 15) und Tino Chrupalla (Platz 18), heisst es. Bundesverteidigungsminister Boris Pistorius (SPD) hingegen verteidigte seinen ersten Platz.

In der SPD war die Kritik an Scholz, der erklärtermassen erneut Kanzlerkandidat werden will, zuletzt gewachsen. Am Sonntag hatten sich erstmals zwei Bundestagsabgeordnete dafür ausgesprochen, statt mit Scholz mit dem deutlich populäreren Pistorius in den Wahlkampf zu ziehen.

Der frühere Co-Vorsitzende der SPD, Norbert Walter-Borjans, forderte die Partei- und Fraktionsspitzen der SPD sowie Scholz und Pistorius zu einer raschen Klärung der Kanzlerkandidatendebatte auf. Zudem sprach er sich gegenüber der "Rheinischen Post" von Dienstag gegen eine Wortmeldung von Franz Müntefering aus, der eine offene Debatte über die SPD-Kanzlerkandidatur gefordert hatte.

Walter-Borjans fordert Entscheidung

"Ich bin über die Äusserung von Franz Müntefering nicht glücklich. In dieser Phase kann man nicht ernsthaft von der Normalität eines offenen Kandidatenrennens sprechen", sagte Walter-Borjans der Zeitung. "Es geht jetzt nicht um ehemalige Parteivorsitzende, sondern um eine Führungsfrage der gegenwärtig Verantwortlichen und eine rasche gemeinsame Position der massgeblich Beteiligten: das sind die Vorsitzenden von Partei und Fraktion, Olaf Scholz und Boris Pistorius."

"Olaf Scholz hat unser Land in einer extrem schweren Zeit vor viel Bedrohlichem bewahrt. Ich habe grosse Sorge, ob man das nach vier Jahren Friedrich Merz auch sagen kann", sagte Walter-Borjans. "Wahr ist aber auch, dass Merz nur mit einem Kanzler zu verhindern wäre, der auf den letzten Metern die Kraft aufbringt, selbstkritisch und nahbar den Unterschied deutlich zu machen. Das ist bisher Olaf Scholz' schwacher Punkt", fuhr Walter-Borjans fort. "Die Konsequenz daraus müssen die besprechen und bitte rasch entscheiden, die jetzt in der Verantwortung sind. Notfalls in einer Nachtsitzung."

Und was sagt Pistorius?

Boris Pistorius hält sich eine Kanzlerkandidatur der Sozialdemokraten grundsätzlich offen. "In der Politik sollte man nie irgendetwas ausschliessen, ganz egal, worum es geht", sagte der SPD-Politiker bei der Veranstaltungsreihe "Menschen in Europa" der Mediengruppe Bayern in Passau. "Das Einzige, was ich definitiv ausschliessen kann, ist, dass ich noch Papst werde", sagte der Minister augenzwinkernd. Bundeskanzler Olaf Scholz habe einen richtig guten Job gemacht, unterstrich der Verteidigungsminister. "Und er hat gesagt, er will weitermachen. Das ist das Normalste der Welt."

Pistorius sagte: "Da ich erstens ein zutiefst loyaler Mensch bin, zweitens in meiner Lebensplanung nie drinstand, Verteidigungsminister zu werden oder gar Bundeskanzler, werde ich 'nen Teufel tun und mir jetzt sagen: Ich mache das, ich trete jetzt an. Nein, das werden Sie von mir nicht hören. Ich bin Parteisoldat."

Pistorius schob hinterher: "In meiner Lebensplanung findet das nicht statt und das muss auch ehrlich gesagt nicht sein." Der Minister sprach auch über Persönliches. Er sei jetzt 64 Jahre alt, habe seine erste Frau an den Krebs verloren, sei wieder glücklich verheiratet und habe zwei Kinder sowie zwei Enkelkinder. Vielleicht könne man sich vorstellen, dass er sich auch für etwas anderes entscheide. Und diese Entscheidung möchte er sich gern offenhalten (afp/dpa/bearbeitet von phs)

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