Mark Rutte hat in den Niederlanden Rechtspopulist Geert Wilders in die Schranken gewiesen, indem er gegen diesen und den türkischen Präsidenten Recep Tayyip Erdogan einen harten Kurs fuhr. Anne Will möchte von ihren Gästen wissen, ob das die richtige Strategie ist. Ein ehemaliger Bundesinnenminister setzt prompt zur Attacke gegen Erdogan an.

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Was haben Geert Wilders und Recep Tayyip Erdogan gemeinsam? Der niederländische Politiker und der türkische Präsident gelten beide als Populisten. Und sie gingen beide als politische Verlierer aus Konflikten mit dem alten und neuen niederländischen Ministerpräsidenten Mark Rutte (VVD) hervor. Dieser wählte gegen den innenpolitischen und den aussenpolitischen Kontrahenten je eine strikte Linie. "Beiden ist er offensiv begegnet und hat damit Erfolg gehabt", sagt ARD-Journalistin Anne Will in ihrer Sendung und fragt: "Ist das also das Rezept gegen die Populisten?". Eine Antwort bleibt die Sendung schuldig, denn vor allem ein Thema bestimmt die Diskussion: der türkische Präsident Recep Tayyip Erdogan.

FDP-Politiker attackiert Recep Tayyip Erdogan

Klare Kante statt leiser Töne wählt prompt der ehemalige Bundesinnenminister Gerhart Baum. Der FDP-Politiker attackiert Erdogan live vor Millionenpublikum. Was den 84-Jährigen so in Rage bringt: Die jüngsten Nazi-Vergleiche Erdogans gegen Deutschland und nunmehr auch persönlich gegen Bundeskanzlerin Angela Merkel.

Scharfe Kritik an Recep Tayyip Erdogan

"Der Mann spinnt doch, der hat nicht mehr alle Tassen im Schrank. Aber er braucht uns als Feindbild", wütet der erfahrene Innenpolitiker, der ansonsten für moderate Sprüche bekannt ist. Baum hat in Jahrzehnten der Spitzenpolitik viel erlebt, wird pathetisch, warnt vor den Gefahren durch Populisten. Er erklärt: "Nichts ist sicher, nicht mal unsere Verfassung. Jede Generation muss von Neuem darum kämpfen."

SPD-Mann ist defensiv

Olaf Scholz, Erster Bürgermeister von Hamburg, drückt sich deutlich defensiver aus. Der SPD-Politiker lobt die Bundesregierung für ihre umsichtige, Kritiker würden wohl sagen, verhaltene Diplomatie mit Ankara. "Hier die Klugheit zu verlassen, wäre ein grosser Fehler", sagt er. Will hakt nach, es geht um die EU-Beitrittsverhandlungen mit der Türkei, ein beherrschendes Thema in diesen Tagen. Scholz sieht aktuell keine Chance auf einen EU-Beitritt der Türkei und argumentiert mit der Debatte um die Todesstrafe, die Erdogan angeregt hatte, und die mit EU-Prinzipien nicht vereinbar sei.

CDU-Politiker: Kein EU-Beitritt für Türkei

Norbert Röttgen, Vorsitzender des Auswärtigen Ausschusses des Bundestages, geht einen Schritt weiter. Der CDU-Mann fordert, den Türken vor deren Referendum über ein präsidentielles Regierungssystem klar aufzuzeigen, dass bei einem Ja ein EU-Beitritt nicht mehr möglich sei. "Wenn sie sich gegen die Rechtsstaatlichkeit entscheiden", sagt er, "machen die Beitrittsverhandlungen keinen Sinn mehr und sind beendet." Dennoch mahnt er: "Langfristige Politik darf sich nicht von Gefühlen leiten lassen."

"Deutschland hält sich zurück"

Der Europa-Korrespondent von "Die Welt", Dirk Schümer, sieht in den Wahlkampfauftritten türkischer Minister sogar eine Gefahr für die öffentliche Ordnung hierzulande. Ohnehin versteht der Journalist die Zurückhaltung der Bundesregierung nicht. "Deutschland hält sich als mächtigstes EU-Land am meisten zurück", meint er.

Grünen-Politikerin mahnt zu Gelassenheit

Grünen-Politikerin Ska Keller, Fraktionsvorsitzende im Europäischen Parlament, meint indes einen "nervösen Erdogan" ausgemacht zu haben. Sie fordert zu Gelassenheit auf. Die hat Baum an diesem Punkt in der Sendung längst verloren. Bemerkenswert: Weitere Verhandlungen über einen EU-Beitritt lehnen offenbar alle politische Lager übergreifend kategorisch ab. Das alleine ist schon eine Verschärfung der Rhetorik. Baum bewies, dass einzelne Politiker auch hierzulande noch drauflegen können.

Klare Kante statt leise Töne? Diese Strategie ist längst wohl auch in Deutschland angekommen – nur nicht in der Bundesregierung.

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