Der Ton in der deutschen Politik und Gesellschaft wird seit Jahren immer rauer. Doch ist das wirklich der Fall? Bei "Markus Lanz" machte Autorin Juli Zeh deutlich, warum das Gefühl der Polarisierung nicht unbedingt der Realität entspricht. Auch Tote-Hosen-Frontmann Campino warnte vor einer allzu pessimistischen Weltsicht und erklärte, warum er von Schwarzmalerei nichts hält.
Das war das Thema bei "Markus Lanz"
Die Debattenkultur in Deutschland scheint so polarisiert und aufgeheizt zu sein wie schon lange nicht mehr. Mit Blick auf die jüngsten Wahlerfolge von AfD und BSW debattierte Markus Lanz am Mittwoch mit seinen Gästen über den Wandel der deutschen Gesellschaft sowie Gefahren für die deutsche Demokratie.
Das waren die Gäste
Juli Zeh , Autorin: "Mich nervt es, wenn heute ständig die angebliche Krisenhaftigkeit unserer Zeit herbeigeredet wird."Campino , Musiker: "Punk ist nichts anderes als Gebrauchslyrik."
Das war der Moment des Abends bei "Markus Lanz"
In seiner Sendung sprach
Zeh ergänzte, dass sie sich manchmal nicht sicher sei, "was denn eigentlich die Optimalvorstellung ist - also ob wir sozusagen ein Land wollen, in dem alle das Gleiche denken".
Die Autorin warnte weiter, dass man eine Kontroverse "in so einer Umbruchszeit wie momentan" nicht stigmatisieren sollte. "Also sollten wir mehr streiten?", hakte Lanz nach. Zeh antwortete, dass man "den Normalfall" zunächst einmal "nicht als Konformität definieren" sollte - "also wir sind nicht dann eine gute Gesellschaft, wenn wir alle derselben Meinung sind". Stattdessen finde sie, "dass wir gerade in einer Demokratie besser beraten sind, wenn wir erstmal auch eine Form von Kontroverse als einen (...) Normalzustand definieren und dann lieber schauen, wie wir damit umgehen".
Auch Toten-Hosen-Sänger Campino machte deutlich, dass er eine Streitkultur für wichtig hält. Dennoch dürfe man sich nicht nur anschreien, "sondern es müsste dann auch um echte Argumente gehen". Der Musiker fügte hinzu: "Ich habe das Gefühl, dass die etablierten Parteien gerade panisch sind. Jeder will sich so ein bisschen retten und man lässt sich vor sich hertreiben von BSW und AfD. Und das dürfte einfach nicht sein. Man dürfte auf keinen Fall Angst vor diesen beiden Parteien haben."
Eine "Panik vor der AfD oder vor dem BSW" sei "nicht angebracht". Er sei sich sicher, dass "diese Leute" sich "von selber blamieren, wenn sie mehr leisten müssen. An der Seite stehen und hinpinkeln, wenn andere Leute versuchen, was hinzukriegen, das ist das Leichteste".
Eine Steilvorlage für Lanz, der den Sänger daran erinnerte, dass er mit seiner politischen Meinung schon häufiger angeeckt ist. Der Musiker konterte trocken: "Mein Name triggert einfach gewisse Leute. Es ist völlig wurscht, was ich hier sage. Alles, was ich hier sage, kann gegen mich verwendet werden (...) und deshalb kann ich mich aber auch gleichzeitig frei machen, weil es mir eh scheissegal ist, was die Leute da denken."
Gerade deshalb teilte Campino abschliessend die Idee: "Mir gefällt der Gedanke eines Pflichtjahres für alle in jedweder Form - Sozialdienste und so weiter." Campino erklärte weiter, dass dadurch ein positiver Beitrag für die Gesellschaft geleistet werden könnte und dass er selbst im Zivildienst in der psychiatrischen Klinik das Gefühl gehabt habe, "dass man irgendwie einen positiven Beitrag bringt". Der Musiker ergänzte, dass er es gut fände, wenn das Pflichtjahr auch für Frauen gelte, "weil das irgendwo auch vom eigenen Schicksal mal ein bisschen ablenkt".
So hat sich Markus Lanz geschlagen
Der ZDF-Moderator debattierte mit seinen Gästen unter anderem über das Thema Angst. Darauf konterte Campino jedoch trocken: "Ängste gab's immer - die Frage ist eigentlich: Wie weit wollen wir uns von unseren Ängsten bestimmen lassen?" Laut des Musikers müsse man weiter "eine Zuversicht" behalten. Lanz nickte nachdenklich: "Diese Zuversicht ist uns tatsächlich sehr abhandengekommen."
Das war das Fazit bei Markus Lanz
Bei "Markus Lanz" machte Campino deutlich, dass er trotz der angespannten Lage im Land "eine klare Zuversicht" habe, "dass wir das geschaukelt kriegen". Der Musiker ergänzte, dass man in Bezug auf Parteien wie die AfD oder das BSW versuchen müsse, "sachlich die Sache klarzumachen und ruhig zu bleiben".
Laut Campino müssten dafür jedoch gewählte Politiker "nicht immer wieder an den nächsten Wahltermin denken und versuchen, sich als Partei in einer Koalition zu profilieren". Er vermisse die frühere Einfachheit: "So wie die Konstellation gerade ist, wird es immer wieder darauf hinauslaufen, dass wir mindestens drei Parteien brauchen, die sich zusammenraufen. Und das Beispiel jetzt gerade ist ein sehr unschönes", so der Sänger ehrlich. © 1&1 Mail & Media/teleschau
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