- Maybrit Illner diskutierte mit ihren Gästen über Deutschland im "Multi-Krisen-Modus": Krieg, Corona, Inflation.
- "Wie lange reicht der Atem noch?" wollte sie wissen.
- Erst zankten sich Finanzminister Lindner und DGB-Chefin Fahimi über die richtigen Instrumente zur Krisenbewältigung, dann sorgte Moderatorin Illner mit einem Versprecher für den Moment des Abends.
Aktuell herrscht Krisenmodus: Der Ukraine-Krieg dauert an, die Preise in Deutschland liegen auf Rekordniveau. Die deutsche Politik debattiert über Waffenlieferungen und Entlastungspakete, Experten warnen derweil vor einer Eskalation des Krieges und Lohn-Preis-Spiralen. Gleichzeitig kann die Gefahr durch das Corona-Virus noch nicht als gebannt gelten.
Das ist das Thema bei "Illner"
Die Preise in Deutschland steigen: Für Lebensmittel, Gas, Heizöl. Im April lag die Inflationsrate zuletzt bei 7,4 Prozent. "Das Fundament des deutschen Wohlstands ist bedroht" konstatierte
Das sind die Gäste
Yasmin Fahimi: "Wie viele historische Momente brauchen wir eigentlich noch, um zu sagen. Es bedarf einer Umverteilung von oben nach unten?", fragte die Vorsitzende des Deutschen Gewerkschaftsbunds (DGB) und SPD-Mitglied Yasmin Fahimi. Jetzt die Inflation auf dem Rücken der Beschäftigten austragen zu wollen, bedeute zu sagen: "Wir müssen über die Löhne abfedern, was es jetzt zu schultern gilt. Das werden wir natürlich nicht mitmachen", sagte sie.
Karl Haeusgen: Der Unternehmer und BDI-Vizepräsident war sich sicher: "Wir sehen auch viele positive Zeichen" und wies auf hohe Beschäftigung und eine niedrige Arbeitslosenquote hin. "Die soziale Ausgewogenheit aller Entlastungsmassnahmen muss beachtet werden", forderte er. Nur so werde am Ende die Staatskasse geschützt - "weil das Geld nur dort ausgegeben wird, wo es wirkt", so Haeusgen. Er machte aber auch klar: "Wir dürfen nicht glauben, dass alles über staatliche Entlastungspakete abgefangen werden kann."
Veronika Grimm: Die Ökonomin und "Wirtschaftsweise" gab zu: "Wir sind in einer sehr herausfordernden Lage. Die Inflation ist hoch, die Tarifverandlungen stehen bevor. Wir haben signifikante Reallohneinbussen." Grimm warnte vor einer Lohn-Preis-Spirale. Sie forderte einen Wandel in der politischen Kommunikation: "Von 'Wir bringen euch über die Krise' hin zu: 'Wir brauchen eine Transformation und die wird das Leben tiefgreifend verändern'", so die Ökonomin.
Matthias Grenzer: Der selbstständige Bäckermeister aus Rostock berichtete von den Auswirkungen der Inflation auf sein Unternehmen. "Wir kaufen zu erhöhten Preisen ein. Mehl kostet inzwischen 60 anstatt 30 Cent", so Grenzer. Den Kunden könne man nicht alles zumuten und jedes Produkt preislich erhöhen. Derzeit verkaufe er deutlich weniger. Grundsätzlich hätten die Kunden Verständnis für Preiserhöhungen, es komme aber auch dazu, dass Verkäuferinnen beleidigt würden.
Das ist der Moment des Abends bei "Illner"
Moderatorin Illner verschaffte sich endlich Gehör und fragte, in Richtung Christian Lindner gewandt: "Wie wäre es, wenn wir den Leuten zumuten, über das Sparen nachzudenken, Herr Habeck?" Lindner musste schon lachen, da korrigierte sich Illner selbst: "Entschuldigung! Wenn wir uns über ein Tempolimit noch mal unterhalten? Über den autofreien Sonntag? Wenn wir die Bürger mitnehmen?"
Lindner entgegnete lachend: "Ich verstehe, warum sie Habeck sagen. Die ganze Liste der Verbote musste zu dieser falschen Ansprache führen!" Es handele sich wohl um einen Freud'schen Versprecher. Wenn das kein Seitenhieb an den Koalitionspartner war.
Das ist das Rede-Duell des Abends
"Wir haben eine Chance, aus diesen Krisen gestärkt hervorzugehen", meinte Finanzminister Lindner und malte aus: "Es gibt Chancen für neuen Wohlstand und neue soziale Sicherheit, wenn wir uns verändern". Es brauche beschleunigte Plan- und Genehmigungsverfahren und Projekte in den Bereichen Infrastruktur, Klimawandel, Freihandelsabkommen als Motor.
Fahimi war das zu euphemistisch. "Das hört sich alles nett an, ist mir aber zu pauschal", kanzelte sie Lindner ab. "In der Krise liegt eine Chance – das holt viele Menschen an dem Monitor nicht ab. Wir müssen einen Schritt tiefer gehen", forderte sie. Die Menschen hätten in diesem Land immer wieder die Erfahrung gemacht, dass die Reichen reicher und die Armen ärmer werden. "Gelingt es uns diesmal, das sozial gerecht zu machen? ", fragte sie deshalb und forderte: "Wir müssen genauer in den Instrumentenkasten schauen"
So hat sich Maybrit Illner geschlagen
Illner machte am Donnerstagabend grösstenteils eine gute Figur: "Braut sich ein Sturm zusammen? Ist das eine toxische Mischung?" wollte sie von Haeusgen über die "Multi-Krise" wissen. Ebenso fragte Illner: "Wie lange wird der Atem unserer Bevölkerung reichen?" Eine Frage hakte allerdings immer wieder. "Wie können wir die Bürger mitnehmen?", wollte die Moderatorin wissen. Eine richtige Antwort bekam sie nicht – vielleicht hätte sie ihr Anliegen noch einmal umformulieren müssen.
Das ist das Ergebnis bei "Illner"
Deutschland steckt in einer "Multi-Krise" und es gibt jede Menge Redebedarf. Dass man Krisen auch positiv nutzen kann und sollte, darauf konnten sich die Gäste im Studio einigen. Nur auf die Frage: "In welcher Form?" hatten die Gäste unterschiedliche Antworten. Wichtige Erkenntnis aber: Bei der Debatte um die "Multi-Krise" darf nicht vergessen werden, dass die deutsche Gesellschaft auch multi-dimensional ist.
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