Maybrit Illner diskutierte am Donnerstagabend mit ihren Studiogästen über die Situation im Nahen und Mittleren Osten nach dem Angriff des Irans. Wie wird es nun weitergehen? Ist eine ganz grosse Eskalation zu befürchten? Dabei ärgerte sich Comedian Abdul Kader Chahin über unehrliche Solidaritätsbekundungen und eckte zweimal mit Politikberaterin Melody Sucharewicz an. Die Deutsch-Israelin eröffnete gleichzeitig, welche Frage sich die Menschen in Israel in Bezug auf die deutsche Politik stellen.

Eine Kritik
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Nach dem Angriff des Irans auf Israel am vergangenen Wochenende wartet die Welt gespannt und sorgenvoll auf die militärische Antwort Israels. Wie kann Israel Teheran von weiteren Angriffen abhalten, ohne einen Flächenbrand zu riskieren? Keine einfache Frage.

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Das ist das Thema bei "Illner"

Die Uhr tickt: Schaukelt sich der Konflikt in Israel, Iran und Gaza hoch, ist eine Eskalation unvermeidlich? Das diskutierte Maybrit Illner am Donnerstag mit ihren Gästen. Dabei ging es um die Politik der israelischen Regierung und ihre Kriegsführung, mögliche Reaktionen auf den Angriff Teherans sowie den Umgang mit der palästinensischen Bevölkerung und die Rolle Deutschlands an der Seite Israels.

Das sind die Gäste

  • Omid Nouripour (Grüne): "Wir haben am Samstag zwei Dinge gesehen. Erstens: Die Israelis sind wehrfähig. Zweitens: Sie können sich auf ihre Partnerstaaten verlassen", sagt der Parteivorsitzende. Die Partnerstaaten in der Region seien zahlreicher als je zuvor. Es sei eine Reaktion zu empfehlen, die diese Partnerschaften nicht unterminiere.
  • Melody Sucharewicz: Die deutsch-israelische Politikberaterin meinte: "Das war ein hässlicher historischer Moment, weil der Iran es gewagt hat, Israel das erste Mal militärisch direkt anzugreifen." Bislang sei Teheran immer über Proxys wie Hamas, Huthis und Hisbollah vorgegangen. "Die Angst ist schnell umgeschwappt in Stolz und Ruhe fast schon, als wir gesehen haben, wie immens stark das Abwehrsystem funktioniert", so Sucharewicz.
  • Abdul Kader Chahin: "Das macht mir sehr viel Sorge. Wir haben es nicht unbedingt mit einem Castrop-Rauxel des Orients zu tun", sagt der deutsch-palästinensische Comedian über den Konflikt zwischen Israel und dem Iran. "Viele Solidaritätsbekundungen sind nicht ehrlich. Viele Menschen instrumentalisieren das Leid der Palästinenser, um ihren Antisemitismus kundzutun", ärgerte sich Chahin.
  • Düzen Tekkal: Die Menschenrechtsaktivistin und Autorin war sich sicher: "Wir befinden uns gerade in vielen Parallelkriegen. Die Hamas-Propaganda ist schon längst aufgegangen, in dem Moment, wo wir von einem Konsulat und einer Botschaft sprechen – das ist nämlich nicht der Fall. Es ist eine Kommandozentrale der Al-Quds-Einheiten gewesen, wo die Drahtzieher des 7. Oktober auch gesessen haben." Der Kopf der Schlange sitze in Teheran. Die Menschen in Palästina seien dem Iran egal.
  • Souad Mekhenneh: Die Korrespondentin der "Washington Post" sagte über eine israelische Reaktion: "Von dem, was wir wissen, gibt es innerhalb des Kriegskabinetts unterschiedliche Meinungen dazu." Manche wollten maximal zurückschlagen, damit der Iran nicht weiter angreife. Andere sagten, man könne es sich nicht leisten, US-Präsident Joe Biden weiter zu verärgern.

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Das ist der Moment des Abends bei "Illner"

"Es ist nicht die Wunschregierung der meisten Israelis, aber sie ist auch nicht im Vakuum entstanden", erinnerte Politikberaterin Sucharewicz. Die Hamas habe durch ihren Terror Wahlkampf geleistet. Die israelische Bevölkerung sei seit 1948 Leid und Terrorwellen ausgesetzt.

Sie verglich: "Wir müssen uns anschauen, wie rasch die AfD hier zweitmächtigste Kraft wurde, weil viele Einwanderer aus muslimischen Staaten gekommen sind, die nicht mit Dschihadismus direkt hier eingeflogen sind." Die Kriegsführung Israels sei trotz der Regierung so human wie möglich.

Nouripour reagierte: "Wir kriegen als demokratische Gesellschaft die AfD klein. Der Vergleich ist nicht richtig, das gehört hier nicht her." Chahin erinnerte, Mitarbeiter der NGO "World Central Kitchen" seien trotz enger Zusammenarbeit mit der israelischen IDF "gezielt getötet" worden. Daraufhin wollte Sucharewicz aufgebracht wissen, mit welchen Fakten er das belege: "Gezielt getötet? Das ist ein krasses Statement."

Das ist das Rede-Duell des Abends

"Von den Palästinensern sprechen, von den Israelis sprechen ist viel zu pauschalisierend", sagt Chahin. In Israel würden tausende Menschen gegen die Regierung auf die Strasse gehen, er sehe diesen Gegenwind sehr gerne, sagte Chahin weiter und verwies auf faschistoide Tendenzen.

Sucharewicz unterbrach: "Wir würden uns von Herzen wünschen und wir wären auch heute nicht da, wo wir sind, wenn wir bereits vor Jahren gesehen hätten, dass eine Bewegung seitens der Palästinenser auf die Strasse geht gegen die faschistoide Hamas und fordert, dass sie aufhören, die eigenen Zivilisten als Kanonenfutter zu nutzen." Chahin kommentierte daraufhin: "Ich würde mir auch eine Demokratie in Gaza wünschen, wo Demonstrationen okay sind – das haben wir aber leider nicht." In Gaza würde so etwas bedeuten, sein Leben zu riskieren, in Israel nicht.

So hat sich Maybrit Illner geschlagen

Illner gelang es, den insgesamt vergifteten Diskurs der Iran-Israel-Debatte in ihrem Studio auf einer sachlichen Ebene zu halten. Israelische und palästinensische Perspektiven brachte sie nicht nur durch die Auswahl der Studiogäste hervor. Allerdings stellte sie zu viele Fragen, auf die die Gäste keine Antwort haben konnten, so etwa: "Ist der ganz grosse Krieg zu vermeiden? Wie wird Israel reagieren?" und "Wollte Israel provozieren?" Es wäre wünschenswert gewesen, der Rolle Deutschlands nicht nur die letzten zehn Minuten der Sendung zu widmen.

Guido Steinberg

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Laut dem Nahost-Experten und Islamwissenschaftler Guido Steinberg muss man davon ausgehen, dass Iran ein nuklearer Schwellenstaat ist. (Bildcredit: NDR/Thomas Ernst)

Das ist das Ergebnis bei "Illner"

Dass sich nach dem Angriff des Irans auf Israel eine solidarische westliche Front dem Iran entgegengestellt hatte, hielt die Runde für eine Gelegenheit, um der Achse des Terrors, die der Iran anführt, eine stärkere Achse entgegenzustellen. An einer Stelle hielt Tekkal treffend fest: "Für diejenigen, die jetzt sagen, dass der Iran sein wahres Gesicht gezeigt hat, kann ich nur sagen: Guten Morgen, das müssten wir eigentlich schon lange wissen." Sucharewicz brachte eine Frage auf, die man sich in Israel stelle: "Wie kann es sein, dass Deutschland immer noch wichtigster Handelspartner des Irans ist?" Eine fundierte Antwort darauf gab es von Nouripour leider nicht, er verwies auf die Aussenministerin.

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