Die Friedensbemühungen der USA in der Ukraine stiessen im Talk von Maybrit Illner auf einhellige Kritik. Nur Kiews Botschafter in Deutschland hielt sich zurück. Eine Expertin attackierte Armin Laschet für unkonkrete Aussagen – und warnte vor einem Schreckensszenario.
Das Thema der Runde
Donald Trump will um jeden Preis einen Friedensschluss im Ukraine-Krieg erreichen. Notfalls auch auf dem Rücken der Ukraine, so der Eindruck. Das Thema bei
Die Gäste
Armin Laschet : Der CDU-Aussenpolitiker warnte davor, sämtliche Aussagen vonDonald Trump für bare Münze zu nehmen. "Wir wissen bei Donald Trump, dass sich Positionen sehr schnell ändern können." Daher gelte es, mit ihm trotz vieler freundlicher Worte gegenüber Russlands Machthaber Wladimir Putin und trotz viel Kritik am ukrainischen Präsidenten Wolodymyr Selenskyj im Gespräch zu bleiben.- Oleksii Makeiev: Der ukrainische Botschafter in Deutschland vermied schlechte Worte gegenüber den USA: Trump spiele "auf gar keinen Fall" in der gegnerischen Mannschaft, sagte der Diplomat. "Wir sind alle daran interessiert, dass die Vereinigten Staaten als Verbündeter agieren und nicht als Vermittler", betonte er.
- Nicole Deitelhoff: Die Friedens- und Konfliktforscherin erklärte, dass die durch Russland besetzten Gebiete zunächst einen Sonderstatus bekommen könnten, um dann in rund 20 Jahren darüber zu entscheiden, zu welchem Land sie gehören. Sie sieht derzeit allerdings "keinerlei Anreize für Russland", einer Verhandlungslösung zuzustimmen.
- Gustav Gressel: Der Militärexperte vermutet, dass
Putin den Verhandlungsprozess hinauszögert, um zu sehen, wie die Europäer die voraussichtlich im Frühsommer auslaufende Waffenunterstützung der USA ersetzen können. Er warnte vor einem Angriff Russlands auf das Baltikum, wenn Europa nicht mehr für seine Verteidigung macht. - Armin Coerper: Der Leiter des ZDF-Studios in Moskau ist überzeugt, dass Putin immer wieder ein Minimalzugeständnis machen wird, um Trump am Tisch zu halten. "Für Russland ist das heute eine Win-Win-Situation." Entweder kommt ein Friedensplan, der den russischen Positionen sehr nah kommt, oder Trump macht
Selenskyj für dessen Scheitern verantwortlich, versagt ihm die Unterstützung, woraufhin Russland kriegerisch weiter Land gewinnen kann. - Elmar Thevessen: Der Leiter des ZDF-Studios Washington beobachtet einen US-Präsidenten, der unbedingt einen Frieden in der Ukraine will, weil er innenpolitisch so unter Druck stehe. Und der deswegen bereit ist, "keine grossen Zugeständnisse von Wladimir Putin und Russland zu fordern".
Das Wortgefecht des Abends
Nachdem Armin Laschet sehr unkonkret formulierte, wie der wohl kommende Bundeskanzler Friedrich Merz (CDU) die Lücke bei der Unterstützung der Ukraine durch die USA mit den Europäern schliessen will, ging Nicole Deitelhoff dazwischen.
"Der Widerspruch ist, dass da immer noch sehr viel Konjunktiv drin ist, dass wir damit in einer Dynamik bleiben, in der wir immer sagen, wir müssen uns aber für den Tag X vorbereiten, wenn denn einmal die USA sagen könnten: Das interessiert uns nicht mehr", sagte die Expertin. "Aber wir haben schon ganz viele Signale aus den USA, dass die schon sagen: Es interessiert uns jetzt schon nicht mehr. Wir wollen raus aus der Ukraine-Unterstützung und im Grunde genommen wollen wir auch raus aus Europa." Europa müsse sich viel besser vorbereiten, so Deitelhoff. Und das hätte schon viel früher beginnen müssen.
Laschet setzte zu einer Antwort an: "Das war meine Bemerkung... ." Doch Deitelhoff unterbrach den CDU-Mann gleich wieder. Sie erläuterte ihr Negativ-Szenario. Was, wenn die USA die Europäer auffordern, ihnen beim Rückzug aus der Ukraine-Unterstützung zu folgen? Dann müssten sich die Europäer zwischen der eigenen Sicherheit und der Unterstützung der Ukraine entscheiden. Viele würden sich eher für die eigene Sicherheit entscheiden, vermutet sie. Klang nach Erpressung.
Eine ganz konkrete Antwort hatte Laschet für diese Möglichkeit nicht parat. Punkt für Deitelhoff.
Die Offenbarung des Abends
Botschafter Oleksii Makeiev beschrieb die Auswirkungen des Krieges in seiner Heimat, deren besetzte Gebiete in der Sendung auf einer Karte schraffiert dargestellt waren. "Wenn wir auf die Karte schauen, sehen wir ein Land mit gestreiften Zonen, aber zoomen wir rein, dann sehen wir Menschen." Eine Aussage, die Eindruck machte.
Russische Gräueltaten in Lagern im besetzten Gebiet sehe man dagegen nicht, die dramatischen Folgen kämen vielleicht erst in vielen Jahren ans Licht. Sein Appell an Europa: Für Freiheit müsse man kämpfen, die Demokratien müssten besser bewaffnet werden. Wichtig sei es, dafür die Menschen zu gewinnen. Und: Die Europäer sollen mehr tun und nicht so viel hoffen.
Der Erkenntnisgewinn
Was ist Europa zu leisten imstande, wenn Donald Trump die Unterstützung für die Ukraine einstellen sollte? Botschafter Makeiev glaubt an die Stärke des Kontinents. "Bitte nicht an sich selbst zweifeln. Ran an die Sache. Macht was!" Ausgerechnet der Bürger des überfallenen Landes war der grösste Optimist in einer Illner-Runde ohne inhaltlichen Esprit. Armin Laschet machte sich wie sämtliche deutsche Spitzenpolitiker vor ihm bei der Frage nach deutschen Friedenstruppen dagegen ganz klein. So wird das eher nichts mit der USA-Emanzipation.