Der Fifa-Skandal beherrschte die vergangene Woche, natürlich ist er auch Thema bei "Günther Jauch". Warum Präsident Sepp Blatter noch im Amt ist, kann selbst Talk-Gast Alexander Koch, Fifa-Sprecher, nicht überzeugend begründen. Die Diskussion gibt wenig Hoffnung, dass sich beim Fussball-Weltverband etwas ändert. Das liegt aber nicht nur an der Fifa.
Am Mittwochmorgen schlug die Schweizer Polizei zu: Sieben Funktionäre der Fifa wurden in ihrem Hotel festgenommen. Ihnen wird die Annahme von Bestechungsgeldern in Höhe von insgesamt 150 Millionen Dollar vorgeworfen. Auch die Vergabe der Weltmeisterschaften 2018 nach Russland und 2022 nach Katar wird untersucht.
Ein riesiger Skandal für die Fifa, doch für Präsident Sepp Blatter ist das kein Grund abzudanken. Am Freitag wurde der 79-Jährige in seine fünfte Amtszeit gewählt – trotz aller Rücktrittsforderungen.
Beim Talk von
Die Macht ist für Sepp Blatter alles
Fifa-Mann Koch sieht das naturgemäss anders. "Wir bekämpfen die Korruption", beteuert er. Sein Haus trage keine Verantwortung, denn die Vorfälle spielten sich ausserhalb seiner Reichweite ab. "Wenn das in Zürich passieren würde, würde ich Ihnen zustimmen. Aber wenn das in Südamerika passiert …", sagt Koch zu Reif. "Dann brauchen wir die Fifa nicht", entgegnet der Fussball-Experte.
Warum krallt sich Blatter so an seinem Thron fest? "Die Macht ist für ihn alles", beschreibt der ARD-Journalist Florian Bauer seinen Eindruck vom Fifa-Präsidenten. Blatter sei schlau genug, seine Unterschrift nicht unter etwas Verfängliches zu setzen, meint Guido Tognoni. Der frühere Fifa-Mediendirektor setzt grosse Hoffnungen in die Ermittlungsarbeit der USA: "Was die Amerikaner noch herausbringen, kann das Haus zum Einsturz bringen."
Eines der Hauptprobleme im Fifa-System ist die Stimmrechtsverteilung auf den Versammlungen. Ein kleiner Fussballverband wie der von Tonga hat genauso viel Macht wie der grosse DFB. Denn jedes der 209 Mitgliedsverbände hat eine Stimme. Tognoni hält die Mehrheit für korrupt.
Fifa-Vertreter Koch zieht den Vergleich mit der UNO: "Herr Blatter kann sich nicht aussuchen, wer seine Minister sind." Diese Ausrede lässt Moderator Jauch nicht gelten: "Blatter hatte 40 Jahre Zeit, das System zu ändern", wirft er Koch vor. Darauf kann auch der PR-Mann nichts erwidern. "Das ist richtig", antwortete er nur. Man bekommt den Eindruck, dass selbst Koch die eigenen Argumente nicht glaubt, so wenig überzeugend ist er.
Viel Kritik musste die Fifa auch für die WM-Vergabe an Russland und Katar einstecken. Koch beschwichtigt: Künftig sollen alle 209 Mitglieder in einem öffentlichen Verfahren über die Bewerbungen abstimmen – statt wie bisher nur 22 Wahlberechtigte. Journalist Bauer sieht den praktischen Nutzen: Die für eine Mehrheit nötigen 106 Männer sind schliesslich schwieriger zu bestechen als 13.
"Dann legen wir die WM doch nach Nordkorea!"
Der ARD-Reporter hat erst vor kurzem in Katar recherchiert. Seine Filmaufnahmen zeigen die katastrophalen Unterkünfte der dortigen Gast-Arbeiter. Küche und Toiletten sind völlig verdreckt, viele Menschen leben auf engem Raum zusammen. Bauer spricht von "sklavenähnlichen Bedingungen". Zudem haben ihm die Behörden Interviews und Drehgenehmigungen verweigert und ihn fünf Tage festgehalten.
Fifa-Sprecher Koch versucht die Situation zu rechtfertigen. "Die WM nach Katar zu geben, hilft den Arbeitern", behauptet er. Die globale Aufmerksamkeit führe zu Veränderungen.
Eine "verrückte Argumentation", regt sich Roth auf. "Dann legen wir die WM doch nach Nordkorea!" Auch Bauer kritisiert: Missstände würden nur dann öffentlich, wenn Medien Geld für die Recherche ausgeben. Zudem habe sich trotz aller Versprechungen bisher nur wenig in Katar verbessert.
In der Tat gibt es für Kochs Optimismus wenig Grund, wie andere Beispiele aus der Vergangenheit zeigen. Die umstrittenen Olympischen Spiele in China und Russland haben keine bleibenden Veränderungen in den Ländern bewirkt. Allerdings drücken auch deutsche Politiker und Unternehmer beim Thema Menschenrechte gerne ein Auge zu, sobald es um wirtschaftliche Vorteile geht. Das muss auch Claudia Roth einräumen.
Wer kann die Fifa ändern?
Bleibt die Frage, ob - und wenn ja, wie - sich überhaupt etwas in der Fifa verändern lässt. Druck von aussen hielt der Fussball-Weltverband bislang stand. "Ein Boykott wird nicht funktionieren", glaubt
Die Fifa ist ein "geschlossenes System", erklärt Tognoni. Die Marketingmaschinerie laufe grossartig: "Die Fernsehsender rennen ihnen die Bude ein." Ein riesiges Geschäft: Die Haupteinnahmequelle der Fifa ist der Verkauf der Fernsehrechte.
Da ist übrigens auch die ARD nicht transparent: Der öffentlich-rechtliche Rundfunk hält Stillschweigen darüber, was er der Fifa für die Übertragungsrechte der Fussball-WM 2018 und 2022 zahlt. Es gilt eben der Grundsatz: Sobald der Ball rollt, wird alles andere zur Nebensache.
"So arbeitet die Redaktion" informiert Sie, wann und worüber wir berichten, wie wir mit Fehlern umgehen und woher unsere Inhalte stammen. Bei der Berichterstattung halten wir uns an die Richtlinien der Journalism Trust Initiative.