Der Sturm zieht auf. Heute treffen sich die europäischen Staats- und Regierungschefs zum vermeintlichen Finale im griechischen Schuldendrama in Brüssel. Wenn dort aber so gestritten wird, wie gestern bei "Günther Jauch", scheint eine Lösung in weiter Ferne.
Worum ging es?
"Scheitert die Griechenland-Rettung?" Das Thema der Sendung ist jetzt nichts, wofür man einen Innovationspreis erwarten kann. Zu oft war man in den letzten Wochen schon am vermeintlich entscheidenden Punkt angekommen, zu oft wurde in den Talkshows der Republik schon über den Grexit diskutiert. Dass es doch noch eine Diskussion wert sein könnte, liegt am heutigen Tag, dem wohl tatsächlich letzten Termin, an dem man noch eine Zahlungsunfähigkeit Griechenlands abwenden kann. Warum man sich die Diskussion trotzdem hätte schenken können – dazu später.
Wer waren die Gäste?
Der Reiz für die Jauch-Redaktion an dieser Sendung dürfte darin bestanden haben, jemanden zu finden, der noch nichts oder zumindest wenig im Fernsehen zur Lage Griechenlands gesagt hat. Die Wahl fiel unter anderem auf Rainer Hank. Der Leiter des Wirtschaftsressorts der "Frankfurter Allgemeinen Sonntagszeitung" tat der Sendung gut, denn er diskutierte ebenso kompetent wie besonnen. Für ihn wäre ein Grexit die beste Lösung der Situation. Ähnlich sah es Theo Waigel. Der ehemalige Bundesfinanzminister und Namensgeber für den Euro ist von der aktuellen griechischen Regierung enttäuscht; für ihn liegt die Schuld vor allem bei ihr.
Das sieht Theodoros Paraskevopoulos naturgemäss ganz anders. Der Wirtschaftswissenschaftler gründete die Syriza-Partei mit und berät heute die griechische Regierung. Er ist sich sicher, dass Tsipras heute nicht mit einem Kompromiss nach Griechenland zurückkehrt, den er zuhause nicht vertreten kann. Ihm zur Seite stand die stellvertretende Fraktions-Chefin der Linken im Bundestag
Was war das Rededuell des Abends?
Theo gegen den Rest der Welt. Zwar hiess der Westernhagen-Film aus dem Jahre 1976 so, der Titel würde aber viel besser zum gestrigen Abend passen. Denn der ehemalige Finanzminister Theo Waigel zeigte sich trotz seiner 76 Jahre angriffslustig wie zu besten Kabinetts-Zeiten. Sobald die Diskussionen ein wenig hitziger wurden – was eigentlich den ganzen Abend der Fall war – schaltete Waigel in den Wahlkampf-Modus. Dann wurde dazwischen geredet, das Gegenüber belehrt und mit dem Zeigefinger gewedelt. Zu spüren bekamen seine aggressive Art vor allem Wagenknecht und Paraskevopoulos, während er Rainer Hank wohl als seinen "Zustimm-August" wähnte. Doch Hank vertrat, ganz unabhängiger Journalist, eine eigene Meinung und die sah des Öfteren eine Zustimmung zu den Aussagen Wagenknechts vor.
Wie schlug sich Günther Jauch?
Welches war die Erkenntnis des Abends?
Wer sich von dieser Sendung einen Erkenntnisgewinn bezüglich des griechischen Schuldenstreiks erhofft hatte, der glaubt wahrscheinlich auch noch an das Sandmännchen. Man möchte der Jauch-Redaktion wirklich nichts Böses unterstellen, aber das Thema der gestrigen Sendung kann einzig dem heutigen Termin in Brüssel geschuldet gewesen sein. Inhaltlich ist seit der letzten Jauch-Sendung (Thema: "Grexit – Katastrophe oder Chance für den Neuanfang?") ja nicht so wahnsinnig viel passiert. Wenn man der Diskussion doch noch so etwas wie einen Neuigkeitswert abringen möchte, dann den, dass eigentlich fast alle Gäste glauben, dass heute wieder ein "mieser Kompromiss" (Wagenknecht) heraus kommen wird. Nur Theo Waigel ist sich sicher, dass es zwar eine Einigung geben wird, aber nicht heute. Womit auch klar wäre, worüber nächste Woche bei Jauch diskutiert werden wird.
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