Die Zeiten, in denen gegen Fremde nur anonym im Internet gepöbelt wurde, sind vorbei. Als Angst getarnte Fremdenfeindlichkeit, Gewaltaufrufe und blanker Hass werden inzwischen ganz offen ausgesprochen. Was und wer steckt dahinter? Darüber diskutierte Günther Jauch mit seinen Gästen. Besonders deutlich wurde dabei Justizminister Heiko Maas.
Die Ausgangslage:
Hetz- und Hassparolen gegen Flüchtlinge im Internet, Politiker, die mit Angst-Parolen Stimmung machen, reservierte Galgen für
Die aktuelle Lage zeigt, dass Flüchtlingspolitik kein politisches Thema ist wie jedes andere. Niemand zündet Häuser an, weil ihm die Gesundheitspolitik der Kanzlerin nicht passt. Niemand baut Galgen, weil er eine andere Ansicht zum Mindestlohn hat. Es geht also nicht nur um unterschiedliche politische Meinungen, der versteckte und offene Hass gegen Flüchtlinge und gegen die, die ihnen helfen wollen, muss andere Ursachen haben.
Wer zu "Günther Jauch" eingeladen war
Klaus Bouillon, CDU. Der Innenminister des Saarlands hatte seinen Schreibtisch sieben Wochen in einer Flüchtlingsunterkunft stehen und bekam so hautnah den Flüchtlingsalltag und eventuelle Probleme mit. Er redet offen von Schwierigkeiten, wenn es solche gibt, glaubt aber an die Kraft der Begegnung und des Dialogs. Auch er gab
Björn Höcke. Der Fraktionsvorsitzende der AfD im Landtag Thüringens sieht sich als die Stimme "des Volkes". Brauchte dazu eine kleine Deutschlandfahne, die er sich mit übertriebenem Pathos über die Lehne seines Studio-Sessels legte. Es fiel mitunter schwer, dem AfD-Politiker in seine eng gestrickte Welt aus Behauptungen, Relativierungen und Volks-Parolen zu folgen. Hält den auf einer Demonstration getragenen Galgen für Angela Merkel tatsächlich nur für eine "übertriebene Meinungsäusserung".
Justizminister
Anja Reschke. Die Journalistin und Moderatorin des NDR-Magazins "Panorama" leitet seit 2015 die Abteilung Innenpolitik im NDR. Nach einem TV-Kommentar, in dem sie zum Widerstand gegen Hetzparolen aufrief, erhielt Reschke viel Zuspruch, bekam aber auch den geballten Hass vieler Zuschauer zu spüren. Hielt dem AfDler Höcke ein entschiedenes "Nein" entgegen, als dieser wieder sich und seine Anhänger als "das Volk" bezeichnete.
Fragen, auf die man sich eine Antwort wünschte
Was genau sind denn die Ängste? Sind es wirklich nur Ängste? Wie begründet ist die Angst? Woher kommt der Hass? Wer sind die Leute, die hetzen und zur Gewalt aufrufen? Wie viele sind das? Warum reichen die einen die Hände und ballen die anderen die Fäuste? Wo ist die Grenze? Was kann man gegen diesen Hass tun? Was, wenn man nichts dagegen tun kann.
Antworten, die man bekommen hat
Wer genau hinhörte, konnte in der Tat ein paar Erkenntnisse mitnehmen. Dafür war zum Beispiel Justizminister Maas verantwortlich. Für ihn ist die Frage der Grenze zwischen "Besorgnis" und strafrechtlicher Relevanz eine, welche die Staatsanwaltschaft beantworten müsse. Dennoch könne man Dinge wie den Galgen auf einer Pegida-Demo nicht alleine den Ermittlungsbehörden zur Klärung überlassen. Für Maas sei das auch eine gesellschaftliche Aufgabe und der Justizminister zeigte sich erstaunt, dass bei der Demonstration niemand der 9.000 Demonstranten gegen diesen Galgen und dessen Träger eingeschritten sei. Neben Rechten, so Maas, habe man in einer Demokratie auch Pflichten. Und eine solche Pflicht sei es, zu schauen, wem man da in einer solchen Demonstration hinterher laufe und einzuschreiten.
Einig waren sich Reschke, Maas und Bouillon auch in der Frage, dass verbale Hetze den Grundstein für Gewalt lege. In der jetzigen Situation, so Bouillon, brauche man Lösungen und keine Hetze. Und Justizminister Maas ergänzte beim Thema Political Correctness: "Es ist wichtig, dass man den Leuten das Gefühl gibt, dass sie auch über ihre Ängste reden dürfen. Entscheidend ist aber, welche Antwort man ihnen gibt. Ob man diese Ängste vergrössert, weil man sie aufwiegelt und im Grunde nicht befürchtet, dass die Stimmung kippt, sondern dass man hofft, dass sie kippt, um daraus politisches Kapital zu schlagen."
Welches Fazit man nach dem Jauch-Talk ziehen kann
Angesichts der Vielzahl an Fragen, die man sich in der Sendung vorgenommen hatte und der noch grösseren Zahl, die noch interessant gewesen wären, war die Ausbeute an Antworten erschreckend gering. Das lag vor allem an der Auswahl der Gäste, beziehungsweise eines Gastes. Mit Sicherheit wollte die Jauch-Redaktion mit der Einladung Björn Höckes einem möglichen Vorwurf der Unausgewogenheit entgehen. Doch was hätte Björn Höcke mit seinen Phantasien einer homogenen Volksgemeinschaft denn für einen objektiven Erkenntnisgewinn beisteuern können? Hier hätte man sich Gäste aus der Wissenschaft gewünscht, die die Fragen objektiv hätten beantworten können. So mussten sich
Was man bei "Günther Jauch" zum Thema Hass hätte erwähnen können
Unter der "Höckisierung des Talkshowabends" gelitten haben Fragen wie die, woher der Hass denn kommt und was man dagegen tun kann. Was man sagen darf oder nicht, darüber gibt das Strafgesetzbuch genügend Auskunft. Ob man fremdenfeindlich ist oder nur der "besorgte Bürger" steht dort aber nicht. Diese Antwort kann sich nur jeder selbst geben, in dem er ehrlich zu sich selbst ist. Damit wäre dann auch der erste Schritt gegen den Hass getan. Denn was bei der Diskussion um Hass oft vergessen wird: Wer hasst, der vergiftet zuallererst einmal sich selbst und sein eigenes Leben. Die Entscheidung darüber trifft jeder ganz alleine.
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