Ein britischer Konservativer nennt seinen Parteifreund einen "arroganten Idioten" und ein Journalist will das Vereinigte Königreich so schnell wie möglich loswerden: Frank Plasbergs Gäste diskutieren schonungslos über den Brexit.

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Schon wieder Brexit? Das dürften sich einige Zuschauer bei "hart aber fair" am Montagabend gefragt haben. Schliesslich sind viele vom ständigen Hin und Her in London und Brüssel genervt oder gelangweilt. Doch wer hätte das gedacht: Es wird in der Runde bei Frank Plasberg durchaus emotional.

Was ist das Thema?

Die "Woche der Wahrheit" liege vor Europa, sagt Plasberg: "Wenn nicht noch ein Wunder geschieht, stolpert Grossbritannien am Freitag aus der EU."

Denn bis zum Freitag soll feststehen, ob die Briten noch mehr Zeit bekommen, um mit den europäischen Partnern und vor allem mit sich selbst über den EU-Austritt zu verhandeln.

Bekommen sie diese Zeit nicht, droht der "No Deal": Dann würde das Vereinigte Königreich ohne einen Vertrag aus der Gemeinschaft ausscheiden.

Wer sind die Gäste?

Norbert Röttgen: Der Vorsitzende des Auswärtigen Ausschusses im Bundestag droht eindringlich vor einem harten Brexit: "Wir wären im Chaos, wir würden überall reparieren, füllen, improvisieren."

Auch nach deren Austritt müssten die Europäer eng mit den Briten zusammenarbeiten, findet der CDU-Politiker.

Kevin Kühnert: Böse Zungen behaupten, der Vorsitzende der SPD-Jugendorganisation könne vor allem über die Grosse Koalition lästern. Hier tritt Kevin Kühnert den Gegenbeweis an.

Im Kapuzenpulli mit bunten Europasternen warnt er ebenfalls vor einem harten Brexit: "Die Leidtragenden sind die kleinen Unternehmen und deren Beschäftigte."

Anthony Glees: Der britische Politikwissenschaftler will, dass sich Grossbritannien aus den politischen Institutionen der EU zurückzieht, mit dem Kontinent aber eng verwoben bleibt.

Dieser Kompromiss zeichnet sich seiner Einschätzung nach jetzt in London ab – und den sollten die restlichen Europäer mittragen, fleht das Mitglied der konservativen Tories: "Bitte, das sollt ihr nicht zerstören!"

Nikolaus Doll: Der Wirtschaftskorrespondent der "Welt" befürwortet eine schnelle Scheidung. Über die Briten sagt er: "Sie wollen raus, aber wirtschaftlich soll alles so bleiben, wie es ist – genau das geht nicht."

Die EU habe wichtigere Aufgaben, als sich vom Brexit-Streit lähmen zu lassen. Die Gefahren eines ungeregelten Austritts werden seiner Meinung nach überbewertet.

Petra Braun: Die Deutsche betreibt seit zehn Jahren eine Brezel-Bäckerei in London. Wie hart der Brexit kleine Unternehmen treffen wird, erfahre sie schon jetzt, sagt die gebürtige Schwäbin.

Sie ärgert sich über Leute wie den konservativen Politiker Jacob Rees-Mogg, der behauptet, er habe keine Angst vor dem Brexit: "Natürlich hat jemand, der zwei- bis dreistellige Millionensummen auf dem Konto hat, keine Angst."

Was war das Rede-Duell des Abends?

Nikolaus Doll gegen den Rest – das ist die Konstellation, als es am emotionalsten wird. Frank Plasberg verleiht ihm sogar den Titel "Wüterich der Runde".

Für Dissens sorgt die Frage, ob die Briten ein zweites Mal über den Brexit abstimmen sollten. Der Journalist Doll ist strikt dagegen: Die Politiker könnten sich jetzt nicht hinstellen und sagen, dass sie den Beschluss des ersten Referendums nicht umsetzen konnten. "Das ist Politikversagen!", schimpft Doll.

Die übrigen Gäste sind da anderer Meinung. "Was heisst der Brexit eigentlich genau? Das wissen wir doch jetzt erst", sagt Norbert Röttgen. Auch der Brite Glees ist überzeugt: Die meisten seiner Landsleute wussten gar nicht, was auf sie zukommt.

Was war der Moment des Abends?

Für die unterhaltsamsten Beiträge sorgt Anthony Glees. Sein Parteifreund und Brexit-Hardliner Jacob Rees-Mogg ist für Glees "ein arroganter Idiot". Premierministerin Theresa May habe "wirklich alles falsch gemacht".

Und die walisischen Fischer, die für den Brexit waren, merken seiner Meinung nach: "Wenn sie nicht mehr im Binnenmarkt sind, dann müssen sie ihre Fischer selber essen."

Eigentlich soll man ja Empathie haben für die chaotischen Briten und sich nicht über sie lustig machen. Aber wenn schon ein Brite so über seine eigenen Landsleute redet, fällt es leichter einfach mitzulachen.

Was ist das Ergebnis?

Interessant und konstruktiv sind die Schlüsse, die die Politiker Röttgen und Kühnert aus der Brexit-Misere ziehen: Auch Europa müsse aus dem Streit lernen und sich verändern. "Die EU muss über ihre eigene Reform nachdenken", findet Röttgen.

Die Gemeinschaft solle nach aussen hin geschlossener und selbstbewusster auftreten: "Wer würde sich denn freuen, wenn Europa zerbricht? Das sind nicht die Freunde von Freiheit und Rechtsstaat. Das sind die Herren Trump und Putin."

Auch Kevin Kühnert will ein anderes Europa, nämlich ein sozialeres: Profitieren müssten davon auch die Menschen, die nicht im Ausland studieren können. "Europa steht heute auf nur einem Bein", findet der Juso-Chef. "Für viele Menschen hat es nicht viel im Angebot."

Und dann hat die Talkrunde auch noch dem britischen Parlament etwas voraus: Im Gegensatz zu den Londoner Abgeordneten könnten sich Plasbergs Gäste darauf einigen, was sie wollen: Für ein zweites Referendum über den Brexit gäbe es jedenfalls eine klare 4:1-Mehrheit.

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