Kein Fussball und kaum geöffnete Kitas – und das vielleicht sogar bis 2022? Die Runde bei Frank Plasberg zeigt, dass die Nerven im Corona-Ausnahmezustand langsam blank liegen. Das hat auch etwas Gutes: Endlich wird wieder munter diskutiert.

Eine Kritik
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Frank Plasberg scheint die Warnung der Kanzlerin sehr ernst zu nehmen. Am Montagmorgen hat Angela Merkel in der Telefonkonferenz des CDU-Präsidiums gesagt, es dürfe jetzt "keine Öffnungsdiskussionsorgien" geben.

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Anlass waren die Rufe nach mehr Normalität im Lockdown zur Bekämpfung des Coronavirus. "Okay, wir verzichten auf die Orgie, aber eine Diskussion wird ja noch erlaubt sein", sagt Plasberg am Montagabend zum Auftakt von "Hart aber fair". Und Diskussionsstoff gibt es genug.

Wer sind die Gäste bei "Hart aber fair"?

Tobias Hans: Wie die Bundeskanzlerin wirbt der saarländische Ministerpräsident (CDU) dafür, das öffentliche Leben jetzt nur in kleinen Schritten zu öffnen: "Wir könnten auch feststellen, dass wir das eine oder andere zu früh gelockert und erleichtert haben." Deswegen solle man nun nicht schon "die nächsten und die übernächsten Schritte debattieren".

Karl Lauterbach: Der SPD-Gesundheitsexperte hätte es besser gefunden, die Beschränkungen des öffentlichen Lebens "noch ein paar Wochen verschärft durchzuziehen". Nur wenn die Infektionszahlen sehr stark gesunken wären, wäre es möglich gewesen, jede neue Infektionskette nachzuvollziehen und dagegen vorzugehen. "Wenn man das einmal geschafft hat, dann kann man auch wieder mehr zulassen."

Barbara Vorsamer: Die Redakteurin der Süddeutschen Zeitung berichtet aus ihrem Alltag, in dem sie gerade zu Hause berufstätig ist und faktisch nebenbei noch ihre Kinder unterrichten muss. Das könne nicht funktionieren, sagt Vorsamer. "Homeoffice ist keine Lösung für Kinderbetreuung. Das kann nur jemand vorschlagen, der das noch nie gemacht hat."

Ulrich Schneider: Der Hauptgeschäftsführer des Wohlfahrtsverbands "Der Paritätische" setzt sich dafür ein, die Notbetreuung in den Kitas auszuweiten. Zum Beispiel für die Kinder von Alleinerziehenden oder von Familien in sehr kleinen Wohnungen. "Eines ist klar: Die Kinder müssen raus. Wir müssen nur versuchen, es möglichst intelligent zu regeln."

Clemens Fuest: Erleichterungen für den Handel seien auch im Sinne von Privatpersonen, findet der Präsident des ifo-Instituts für Wirtschaftsforschung: "Wir gehen alle arbeiten, wir sind darauf angewiesen, dass die Wirtschaft läuft." Allerdings sagt er auch: Die aktuellen Lockerungen würden den Geschäften nicht besonders viel bringen: Einkaufen unter den aktuellen Bedingungen sei nicht besonders angenehm, kaufkräftige Touristen würden fehlen.

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Was ist das Rededuell des Abends?

Kurz vor der Sendung haben die Ministerpräsidenten von Nordrhein-Westfalen und Bayern Fussball-Fans Hoffnungen auf "Geisterspiele" ohne Publikum ab dem 9. Mai gemacht. Auch der Saarländer Tobias Hans kann sich mit diesem Gedanken anfreunden: Sportbegeisterte Menschen müssten doch die Möglichkeit bekommen, sich "den Alltag zu vertreiben", sagt er.

Ausserdem sieht er in Geisterspielen auch einen Akt der Gleichberechtigung: "Wenn wir Menschen erlauben, miteinander zur Arbeit zu gehen, dann muss man auch Profisportlern Gelegenheit geben, ihrer Profession nachzugehen."

Völlig falsch, lautet das Urteil von zwei anderen Gästen. Karl Lauterbach hat errechnet, dass "Zehntausende Tests" benötigt werden, um Fussballspieler regelmässig vor und nach Spielen zu testen. Diese Tests würden anderswo dringender benötigt. Ulrich Schneider fände auch die Signalwirkung an die Bevölkerung völlig daneben: "Es ist nicht zu vermitteln, dass hier Profis mit Millionengehältern spielen dürfen – und kleinen Kindern sagt man: Ihr dürft nicht auf den Spielplatz."

Was ist der Moment des Abends?

Es ist kein schöner Moment, der von diesem Abend besonders in Erinnerung bleibt – aber vielleicht ist er nötig: Karl Lauterbach holt all diejenigen zurück in die Realität, die von Normalität träumen. Die Situation aus der Zeit vor der Coronakrise werde frühestens im Jahr 2021, vielleicht erst 2022 zurückkehren, sagt der SPD-Politiker. "Wir hoffen noch immer, dass wir durch eine Wunderheilung das Ding zum Ende des Jahres gelöst haben. Das wird nicht passieren, das ist unmöglich."

Kein seriöser Virologe gehe davon aus, dass es noch in diesem Jahr eine Impfung gibt, behauptet Lauterbach. Das müssen viele Zuschauer bestimmt erst einmal sacken lassen.

Wie hat sich Frank Plasberg geschlagen?

Der Moderator hält sich für seine Verhältnisse eher im Hintergrund. Fast klingt es, als sei es Plasberg gar nicht mehr gewohnt, bei Wortgefechten dazwischenzugehen. "Tschuldigung, wenn ich das jetzt noch einmal an mich ziehe", sagt er an einer Stelle gar. Dass er seine Gäste einen Gedanken in Ruhe zu Ende bringen lässt, kann durchaus sinnvoll sein.

An der einen oder anderen Stelle hält er sich dann aber doch zu sehr zurück – zum Beispiel, wenn Ministerpräsident Hans lieber um den heissen Brei herumredet, statt konkret auf Fragen zu antworten.

Typisch Plasberg ist dagegen eine Stichelei gegen einen, der gar nicht in der Runde ist: Altkanzler Gerhard Schröder sei in der Öffentlichkeit mit einem Mund-Nase-Schutz gesehen worden, berichtet Plasberg – und sagt süffisant: "Wenn’s ein Macho wie Schröder ohne Gesichtsverlust tragen kann, dann kann’s ja wohl jeder tragen."

Was ist das Ergebnis bei "hart aber fair"?

Wochenlang glichen die Polit-Talkshows im Fernsehen nur noch konzentrierten Lagebesprechungen. Inzwischen aber liegen die Nerven wegen der zehrenden Beschränkungen bei vielen Menschen blank. Das zeigt sich auch bei "Hart aber fair" – und das ist generell kein schlechtes Zeichen. Es wird endlich wieder diskutiert, stellenweise sogar gestritten.

Sehr lange spricht die Runde über die Situation von Eltern, die derzeit zu Hause arbeiten und ihre Kinder betreuen. Die Idee eines "Corona-Elterngelds" wird dann aber nur sehr kurz angerissen. Das würde es Eltern ermöglichen, ihre Arbeitszeit zu reduzieren und dafür einen finanziellen Ausgleich vom Staat zu erhalten.

Sinnvoll, gerechtfertigt oder schlicht zu teuer? Hier erfahren die Zuschauer nur wenig. Dabei bringt es Wohlfahrtsverbandschef Ulrich Schneider auf den Punkt: "Es hat keinen Sinn, dass wir Massnahmen solange diskutieren, bis ein Impfstoff da ist. Wir brauchen jetzt Lösungen."

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