Wie viel können wir selber tun, um das Klima zu retten? Frank Plasbergs Thema war nicht wirklich kontrovers. Die Gespräche von sechs Gäste mit recht unterschiedlichen Herangehensweisen führten aber zu einem erstaunlichen Ergebnis: Das mit dem Klima, konnte man am Ende meinen, könnte doch noch klappen, wenn man Menschen mit solchen Ideen und Konzepten einfach machen lässt.

Eine Kritik

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Die einen fahren weniger Auto und mehr Bahn. Die anderen verzichten auf Fleisch. Und manch einer reduziert auch seinen Plastikkonsum. Doch hilft individueller Verzicht überhaupt beim Klimaretten? Wären nicht staatliche Verbote nützlicher? Oder warten wir am besten auf den technischen Fortschritt?

Plasberg brachte individuell engagierte, professionell involvierte, politisch aktive und wissenschaftlich gewiefte Menschen zusammen. Was dann passierte, ist bei Talkshows eher selten: Über das Ziel gab es keinen Streit. Und sogar die Wege dahin wurden friedlich verhandelt.

Plasbergs Talkrunde: Menschen mit sehr unterschiedlichen guten Ideen

An Plasbergs Studiotisch trafen sechs Sichtweisen zusammen, von den man nicht unbedingt Einigkeit erwarten durfte:

Die Einzelkämpferin: Nicht missionieren, sondern machen, dachte sich die Journalisten Janine Steeger und krempelte einfach mal ihr Leben um.

Der grüne Streiter: Boris Palmer, Bürgermeister von Tübingen, will seine ganze Stadt umkrempeln – Klimaneutralität schon 2030 ist sein Ziel.

Die Lobbyistin: Marie-Luise Wolff, Präsidentin des Bundesverbandes der Energie- und Wasserwirtschaft, sieht ihren Verband an vorderster Front beim ökologischen Wandel.

Der Freidemokrat: Alexander Graf Lambsdorff, stellvertretender Fraktionsvorsitzender der FDP, hat staatliche Eingriffe nicht gerne, setzt dafür auf technische Innovation.

Der Freidenker: Professor Michael Braungart hat ganz anderen Vorstellungen von der ökologischen Wende als alle anderen.

Der Forscher: Meteorologe Mojib Latif erkennt vor allem Gewinn, wo andere nur von Verzicht reden.

Dass Klimawandel und Umweltkollaps drohen, wurde in dieser Runde glücklicherweise nicht diskutiert. Weil niemand das Offenkundige bestreiten wollte, konnte man sich von Anfang an auf konstruktive Vorschläge konzentrieren – ohne zu bestreiten, dass das nicht alle so sehen, dass viele Menschen die Augen verschliessen und Unverkennbares lieber verdrängen.

Veränderungen im Kleinen seien gar nicht so schwierig, regt Janine Steeger an. Den Stromanbieter wechseln, aufs Auto verzichten, den Fleischkonsum reduzieren – ihr neues, verändertes Leben bringe ihr "ganz viel Lustgewinn", sagt die ehemalige RTL-Journalistin. Und: Ohne sich aufdrängen, sei sie für viele zum Vorbild geworden.

"Hart aber fair": Durch Verzicht gibt es "viel zu gewinnen"

Das Wissen, dass der Klimawandel menschengemacht ist, sei lange nicht Allgemeingut gewesen, gibt Marie-Luis Wolff zu bedenken, um dann gleich mal ihre Branche zu loben: Die Energiewirtschaft sei heute "der Musterknabe bei der Transformation". Das mag ihr nicht jeder in der Runde glauben, der vergeigte Klimakompromiss der Grossen Koalition mit längeren Laufzeiten für Kohlekraftwerke ist noch in allzu guter Erinnerung.

Bei der Forderung nach Rückkehr zu einem schnellen Ausbau der Windenergie ist man sich aber gleich wieder einig – und nun ist es Zeit für Boris Palmer, seine radikaleren Vorstellungen für Tübingen zu erläutern. Wenn es in der Altstadt nur Platz für entweder Autos oder Fahrräder gebe, meint er kurz und bündig, dann müsse die Politik sich heute fürs Rad entscheiden.

Vehement wird er dabei von Mojib Latif unterstützt. Er kön­ne das anhaltende Gerede vom Verzicht nicht mehr hören, be­schwert sich der Meteorologe. Es gebe schliesslich durch die Entscheidung gegen das Auto "unendlich viel zu gewinnen". Von Ruhe spricht er, von sauberer Luft in grünen Innenstädten, von Entschleunigung als Alternative zum Dauerstau.

Nicht weniger Zerstörung soll das Ziel sein, sondern keine Zerstörung

Solche Konzepte gehen dem Radikalsten in der Runde bei Weitem nicht weit genug: Michael Braungart will sich nicht mit Verzicht begnügen. Verzicht auf viel Zerstörung, so Braungart, mache weniger Zerstörung zum Ziel – und das sei falsch. Denn das Ziel müsse "keine Zerstörung" lauten. Er demonstriert einen von ihm entwickelten Turnschuh, der zu hundert Prozent biologisch abbaubar ist – und trotzdem allen Ansprüchen an einen Sportschuh gerecht werde. Auch ein T-Shirt hat Braungart mitgebracht – in Bangladesch gefertigt, ohne giftige Abfälle bei der Produktion zu erzeugen. "Das verwendete Wasser kann anschliessend rückstandsfrei in der Landwirtschaft verwendet werden."

Das Wichtige tun, aber auch das weniger Wichtige nicht lassen – auf diesen Nenner könnte man die weitere Diskussion bringen: Man ist sich einig, dass Deutschland allein den weltweiten Klimawandel nicht stoppen kann, dass reduzierter Fleischkonsum den deutschen CO2-Ausstoss nicht wesentlich senkt. Und gibt doch zu, dass mit der Entscheidung, weniger Fleisch zu essen, zusätzlicher Nutzen verbunden sei – wie etwa Tierschutz, bessere Gesundheit, Schonung der Ackerböden.

Klimapositive Häuser bauen, die Mobilität neu denken

Mehr aber, auch darüber besteht Einigkeit, helfe dem Kampf gegen den Klimawandel zielgerichtetes Handeln in grossen integrierten Systemen. Man müsse mit den grossen amerikanischen und chinesischen Städten kooperieren, die sich bereits aus eigenem Antrieb um mehr Umweltschutz kümmern.

Das Ziel klimaneutraler Gebäude sei allerdings nicht ambitioniert genug, sagt Braungart, wo es doch bereits klimapositive Gebäude gebe, die nicht nur nicht schaden, sondern dem Klima sogar nützen. Verkehr und Mobilität müssten neu gedacht werden, meint Palmer – und sogar Lambsdorff stimmt zu. Und zu Schluss stimmen alle darin überein, sie gingen "gestärkt" und "optimistisch" nach Hause.

Das dürfte am Montagabend ausnahmsweise auch auf die meisten Zuschauer zugetroffen haben: So viel Einigkeit in so viel Vielfalt war selten. Vielleicht darf man ja doch ein bisschen auf eine lebenswerte Zukunft hoffen, wenn alle auf ihre eigene Weise ein bisschen anpacken…

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