• Frank Plasberg feiert einen emotionalen Abschied von "Hart aber fair".
  • In seiner letzten Ausgabe des Montagabend-Talks diskutierte er mit seinen Gästen gewohnt engagiert über die "WM der Schande" in Katar.
Eine Kritik
Diese Kritik stellt die Sicht von Thomas Fritz dar. Informieren Sie sich, wie unsere Redaktion mit Meinungen in Texten umgeht.

Schon in der ersten Minute war klar, dass dies keine gewöhnliche Ausgabe von "hart aber fair" sein würde. Nach über 22 Jahren und mehr als 700 Sendungen machte Frank Plasberg am Montagabend Schluss.

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"Ab in die Wüste: Wer freut sich auf die WM in Katar?": Als er den Titel seiner letzten Sendung vorlas, geriet der Moderator ins Schmunzeln. Denn der erste Teil der Sendung konnte auch auf das Ende seiner Talk-Karriere gedeutet werden. Aber noch war es nicht so weit.

Das war das Thema

Am kommenden Sonntag mitteleuropäischer Zeit rollt bei der Fussball-WM in Katar der erste Ball. Es ist die mit Abstand umstrittenste Endrunde der Geschichte.

Von der mutmasslich korrupten WM-Vergabe, der Ausbeutung der beteiligten Gastarbeiter, vermutlich Tausenden Toten auf den Baustellen bis zur miserablen Menschenrechtslage: Die Kritik an Katar lässt bei vielen Fussball-Fans keine WM-Stimmung aufkommen. Frank Plasberg diskutierte mit seinen Gästen über die "WM der Schande", so der Titel einer ARD-Doku.

Das waren die Gäste

Nancy Faeser: Die Bundesinnenministerin hat sich noch nicht entschieden, ob sie zur WM fährt. Das macht die SPD-Politikerin davon abhängig, ob sie die Gespräche über kritische Themen mit den Verantwortlichen vor Ort fortsetzen kann. "Es geht darum das Land danach zu begleiten, bei all diesen Reformen", sagte Faeser, die sich wie DFB-Präsident Bernd Neuendorf für einen Entschädigungs-Fonds für Geschädigte und Hinterbliebene einsetzt.

Thomas Hitzlsperger: Der ehemalige Fussball-Nationalspieler präsentierte vor Plasbergs Sendung die ARD-Dokumentation "Katar - warum nur?". Sein Fazit nach Recherchen vor Ort und dem Treffen mit der Witwe eines verstorbenem Bauarbeiters in Nepal: Die Freude auf das Turnier sei "nicht vorhanden". Die WM boykottieren will er aber nicht. Besonders entsetzte den selbst homosexuellen Hitzlsperger das schwulenfeindliche Zitat des WM-Botschafter Khalid Salman ("Es ist ein geistiger Schaden"). "Menschenrechte stehen über der Kultur", betonte er. Auch die von Faeser ausgehandelten Sicherheitsgarantien für Homosexuelle fand Hitzlsperger befremdlich.

Tuğba Tekkal: Die frühere Bundesligaspielerin und Autorin des Podcasts "Ausverkauft - Katar, der Fussball und das grosse Geld" freut sich ebenfalls nicht auf die WM und will weiter auf Missstände aufmerksam machen. Hart Kritik übte sie an FIFA-Präsident Gianni Infantino. Ihm seien die Menschenrechte "egal", weil er die WM-Teilnehmer aufgefordert hatte "sich nicht an Moralvorträgen zu beteiligen". Soll heissen: auf Proteste vor Ort verzichten. Tekkel sprach sich klar für einen TV-Boykott der deutschen Fussball-Fans aus und wird aus Gewissensgründen kein einziges Spiel verfolgen. Nicht mal, wenn es Deutschland ins Finale schafft.

Steffen Simon: Wenn sogar der Mediendirektor des Deutschen Fussball-Bundes (DFB) von der "umstrittensten WM aller Zeiten" spricht, ist klar, dass etwas im Argen liegt. Ob die WM Katar verändern werde, wüssten wir nicht, betonte der frühere ARD-Journalist. "Aber Katar hat den Fussball verändert. Er ist politischer geworden". Die WM-Vergabe werde sich so nicht wiederholen können. Die FIFA hat sich - auf dem Papier - einen Menschenrechtskodex gegeben. Und: Über die Vergabe entscheiden heute mehr als 200 Mitglieder und nicht das für Korruption anfällige, deutlich kleinere Exekutiv-Komitee.

Willi Lemke: Der Ex-Manager von Werder Bremen und ehemalige UN-Sonderbotschafter Sport freut sich auf die WM und hoffte auf das "Ende des Katar-Bashings" nach der Sendung. "Die Menschen brauchen was Positives", betonte Lemke. Nach zwei Jahren Corona und angesichts des Krieges in der Ukraine. Später ruderte Lemke etwas zurück, lobte Hitzlsperger für seine Doku und äusserte die Hoffnung, dass sich durch die WM beispielsweise die Arbeitnehmerrechte in Katar nachhaltig verbessern. Hinsichtlich der WM-Vergabe wies Lemke darauf hin, dass Katar das System nicht erfunden habe. "Ein Prozess der Korruption - das ist es über Jahrzehnte gewesen. Das muss enden."

Das war der Moment des Abends

Nachdem Frank Plasbergs "Zuschaueranwältin" Brigitte Büscher die Meinungen der TV-Zuschauer zur WM vorgetragen hatte, war ihr Part noch nicht beendet. Büscher las einige Kommentare zu Plasbergs Abschied vor, danach kam sein Nachfolger Louis Klamroth auf die Bühne.

"Frank, du musst jetzt mal ein bisschen Kontrolle abgeben", sagte der frühere n-tv-Journalist und liess einen kleinen Abschiedsfilm mit Szenen aus 22 Jahren "hart aber fair"-Zeit starten. Plasberg war um Fassung bemüht, aber als er zu Caren Miosga zu den Tagesthemen abgab ("Danke auch dafür, dass Du diesen Schnurrbart nicht mehr trägst") und sich von seinen Mitarbeitern und den Zuschauern verabschiedete, wurde er doch noch ein wenig emotional. "Für mich ist es ein schöner Tag", betonte der letztmalige Gastgeber.

Das war das Rededuell des Abends

Die Doppelmoral-Kritik des katarischen Aussenministers an Deutschland berührte offenbar einen Nerv. Nein zur WM aus moralischen Gründen, aber ja zu katarischem Gas - geht das? "Ich bin für Sport zuständig", drückte sich SPD-Frau Faeser um eine Antwort zu Plasbergs Doppelmoral-Frage. Steffen Simon war der Meinung "Da darf man trennen."

Ganz anders sah es Willi Lemke: "Da ist ein klassischer Fall von Doppelmoral". Das Problem sei die Verbeugung von Wirtschaftsminister Robert Habeck (Bündnis 90/Die Grünen) vor dem katarischen Energieminister Saad Scharida al-Kaabi gewesen. "Da macht einer den Diener bis zum Boden", empörte er sich. Es sei richtig die WM zu kritisieren, so Lemke, aber dann dürfe Deutschland "nicht gleichzeitig um Gas betteln".

Das ist das Fazit

Was bleibt vom letzten Montagabend-Talk Frank Plasbergs? Thomas Hitzlsperger wünschte sich, dass Sport-Grossereignisse künftig nicht mehr so aufgebläht werden, damit mehr als nur zehn Länder in der Lage seien, solche Veranstaltungen auszurichten. Ausserdem schlug er vor, lieber direkt in Nepal zu investieren anstatt immer auf Katar draufzuhauen, weil das in Bezug auf finanzielle Entschädigung nichts gebracht habe bisher. Willi Lemke gab das Versprechen ab, sich um Unterstützung für die Witwe aus Hitzlspergers Doku zu kümmern, sollte es mit offiziellen Gelder nichts werden.

Steffen Simon forderte schliesslich, dass Deutschland die Massstäbe, die es an Katar anlegt, auch selbst erfüllen müsste. Die "Internationale Konvention zum Schutz der Rechte aller Wanderarbeitnehmer und ihrer Familienangehörigen" der UN haben beide Staaten nicht unterschrieben.

Pessimistisch fiel das Fazit Thomas Hitzlspergers aus. Ob sich die Welt tatsächlich nachhaltig um die Menschenrechtslage in Katar kümmern wird? In zwei Jahren sei Fussball-EM in Deutschland. "Da wird sich niemand mehr für Katar interessieren." Das sei bei Brasilien, bei Russland auch so gewesen.

Und Frank Plasberg? Seine letzten Worte waren der Rat eines 79 Jahre alten Professors. Der habe ihm empfohlen, wie er mit der Zeit nach dem TV-Abschied umgehen könne. So habe es ihm seine Frau nahe gelegt. "Immer helle Kleidung tragen und gut riechen. Ich werd‘s machen", betonte Plasberg grinsend.

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