Sinn- und ziellos: Der gestrige Talk bei Frank Plasberg war für Zuschauer, die nach inhaltlicher Relevanz suchen, ein Grauen. Stattdessen gab es bei "Hart, aber fair" gestern Abend nur ein wildes Themen-Hopping. Neben ein paar knackigen Zitaten gab es nur noch eine unerwartete Entschuldigung.

Christian Vock
Eine Kritik
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Nun muss man der "Hart, aber fair"-Redaktion zugutehalten, dass es nicht unbedingt der leichteste Job ist, sich Woche für Woche neue Themenideen für eine politische Talkshow auszudenken.

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Zumal es noch drei, vier Konkurrenzsendungen gibt, von denen man sich alleine schon der eigenen Existenzberechtigung wegen unterscheiden muss.

Man kann ebenfalls wohlwollend berücksichtigen, dass man bei der Themenfindung einer gewissen Aktualität unterworfen ist: Wo ist gerade Krieg? Wer wurde wo gewählt und wer nicht? Wo drückt die Menschen im Land der Schuh? Und so weiter.

Da hört es aber dann auch schon auf mit der Rücksichtnahme für Talkshow-Redaktionen. Denn was passiert, wenn scheinbar gerade nichts relevantes passiert, konnte man gestern Abend bei Frank Plasbergs "Hart, aber fair" sehen. Dort wurde nämlich allen Ernstes gefragt: "Flopjahr 2017, erst Wahl, dann Qual: Womit haben wir das verdient?"

Das waren die Gäste bei "Hart, aber fair":

  • Julia Klöckner (CDU), Landes- und Fraktionsvorsitzende in Rheinland-Pfalz
  • Bettina Gaus, politische Korrespondentin der "taz"
  • Abdelkarim, Comedian
  • Thomas Oppermann (SPD), Vizepräsident des Deutschen Bundestages
  • Robin Alexander, Journalist bei der "Welt"

Darüber wurde bei "Hart, aber fair" gesprochen:

"Ist es eigentlich eine Strafe, ein Land wie Deutschland zu regieren?" fragt die "Hart, aber fair"-Redaktion angesichts der Tatsache, dass sich seit der Bundestagswahl noch keine Regierung bilden konnte.

Selbst diejenigen, die sich überhaupt nicht für Politik interessieren, hätten diese Frage mit einem klaren "Darum geht es doch überhaupt nicht" beantworten und der gestrigen Sendung damit nach vier Sekunden ein angemessenes Ende bereiten können.

Ohne die beteiligten Parteien zur Frage gehört zu haben, kann man nämlich mit einiger Gewissheit sagen, dass die Koalitionsverhandlungen nicht deshalb so lange dauern, weil es eine Strafe ist, Deutschland zu regieren, sondern weil man eben unterschiedliche Ideen unter einen Hut bringen muss.

Wie schlug sich Frank Plasberg?

Machen wir hier mal den zweiten Schritt vor dem ersten und fragen nach dem Auftritt des Gastgebers, Frank Plasberg. Das ist insofern gerechtfertigt, weil sich die Redaktion nicht nur beim Thema in geistiger Freiheit übte, sondern auch bei der Moderation.

Plasberg fungierte am Montagabend nämlich lediglich als Stichwortgeber. Die eigentliche Diskussion und deren Leitung übergab er von Anfang an seinen Gästen. "Freies Schiessen" nannte Plasberg diesen Ansatz mehrere Male etwas unglücklich.

Nach einem zähen Anfang funktionierte das auch leidlich gut – bis auf die Momente, in denen Plasberg dann doch dazwischen grätschte, weil einer der Gäste ein Stichwort nannte, zu dem die Redaktion einen Einspieler vorbereitet hatte.

Leider geschah das immer dann, wenn gerade jemand doch noch etwas Interessantes erzählte. "Freies Steckenlassen" wäre hier die bessere Wahl gewesen.

Was sollte das Ganze nun?

Das war bis zum Schluss der Sendung nicht auszumachen, auch wenn das gestrige Konzept denkbar einfach war: Plasberg präsentierte den Gästen Einspieler mit den vermeintlich "entscheidenden Szenen des Jahres" und dann durften die Gäste darauf los reden.

Dementsprechend vielfältig waren die Diskussionsthemen: Merkels Wahlkampf, Schulz' Wahlkampf, die Jamaika-Balkon-Bilder, Bürgerversicherung, Andrea Nahles' In-die-Fresse-Ausspruch, Innere Sicherheit oder die angebliche Diäten-Erhöhung der Abgeordneten. Ein klarer roter Faden war nicht so recht zu erkennen.

Und was brachte das dem Zuschauer?

Dem unpräzisen Thema entsprechend wurde wenig neues gesagt. Vielmehr schien es das Hauptanliegen einiger Gäste zu sein, am Ende des Jahres noch einmal ein paar mehr oder weniger griffige Zitate rauszuhauen.

Prädestiniert dafür wäre eigentlich Komiker Abdelkarim gewesen, aber der konnte sich nicht so recht entscheiden, ob er nun als Comedian geladen war oder als seröser Talkshow-Gast. Am Ende blieb er in beiden Rollen eher blass.

Journalistin Bettina Gaus und ihrem Kollegen Robin Alexander war es hoch anzurechnen, dass sie durch kluge Fragen und Einwände beständig versuchten, dieser Ausgabe von "Hart, aber fair" noch irgendeine Relevanz auszupressen – allein, es half nicht viel.

Und so blieb die Rolle der Sprücheklopfer an Julia Klöckner und Thomas Oppermann hängen und die beiden erfüllten ihre Aufgabe zumindest zufriedenstellend. Ein paar Beispiele:

  • Julia Klöckner über die Jamaika-Verhandlungen: "Ich hatte den Eindruck, die FDP wollte von Anfang an nicht."
  • Julia Klöckner darüber, dass der Bundespräsident die SPD an den Verhandlungstisch holte: "Steinmeier hat der Sozialdemokratie das Gesicht gerettet."
  • Thomas Oppermann über die Jamaika-Verhandlungen: "Das waren die drei, vier peinlichsten Wochen der deutschen Politik."
  • Thomas Oppermann über den Abbruch der Verhandlungen durch die FDP: "Herr Lindner hat ein ganz schlechtes Beispiel für die Demokratie in diesem Jahr geliefert."
  • Thomas Oppermann über die 100-Prozent-Wahl Martin Schulz' zum Parteivorsitzenden: "Das war eine situative Begeisterung. Es war keine Absicht."
  • Thomas Oppermann zur Europapolitik: "Merkel hat es geschafft, sich bisher nicht klar zu den Vorschlägen von Macron zu äussern. Ich finde das unmöglich."

Was war bemerkenswert?

Am Ende der Sendung bot Frank Plasberg jedem Gast die Gelegenheit, sich bei wem auch immer zu entschuldigen. Die Wahl der Christdemokratin Klöckner viel dabei auf die SPD, "weil wir gesagt haben, sie sei nicht regierungsfähig".

Zuvor hatte sie mehrfach betont, dass bei der Union die Türen für eine Regierung mit der SPD offen stünden.

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