• Weihnachten light heisst es in diesem Jahr wegen Corona – und dann lässt auch noch der Impfstoff auf sich warten.
  • Ein Ministerpräsident grollt deswegen bei "Hart aber fair".
  • Infektiologin Susanne Herold redet Friedrich Merz ins Gewissen.
Eine Kritik
Diese Kritik stellt die Sicht von Christian Bartlau dar. Informieren Sie sich, wie unsere Redaktion mit Meinungen in Texten umgeht.

Gefühlt sei es die 28. Corona-Sendung des Jahres, seufzt Frank Plasberg am Ende der letzten Ausgabe "Hart aber fair" für 2020.

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Und vieles spricht dafür, dass wir 2021 ein Déjà-vu erleben werden, denn die EU-Zulassung des Impfstoffs lässt noch auf sich warten, was Niedersachsens Ministerpräsidenten Stephan Weil (SPD) auf die Palme bringt. Und auch Friedrich Merz und die "Flugtaxi-Beauftragte" der Bundesregierung kriegt ihr Fett weg.

Das ist das Thema bei "Hart aber fair"

Bevor es mit zweifelhaften Aussichten ins neue Jahr geht, müssen wir erst einmal 2020 hinter uns bringen, mit einem Weihnachten light, das Familienmenschen vor eine harte Probe stellen wird: "Macht zu die Tür, die Fenster auf: Sieht so das Fest der Vernunft aus?", lautet daher der Titel der "Hart aber fair"-Sendung eine Woche vor dem Fest.

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Das sind die Gäste

Weihnachten ist das Fest der Einkehr - in diesem Jahr erst recht, wenn es nach der Infektiologin Susanne Herold geht: "Jeder Einzelne muss in sich gehen und fragen: Was muss sein?"

Die Antwort der Politik lautet: ein Hausstand plus vier erwachsene Gäste. Doch Stephan Weil bittet die Bürger "eindringlich", nicht nur die Regeln einzuhalten, sondern noch mehr Vorsicht walten zu lassen.

Warum der Lockdown so spät kommt? "Wir hatten alle noch das Frühjahr im Kopf, als alle gesagt haben: Bloss kein zweiter Lockdown mehr."

"Oma hat Vorfahrt", nach diesem Motto feiert die Kabarettistin Margie Kinsky Weihnachten. Ihre Mutter ist 95, "wir schulden ihr diese Weihnachten". Kinskys sechs erwachsene Söhne müssen dafür zurückstehen.

Gerade in so vernünftigen Familien entwickle sich "Sprengstoff", glaubt Pfarrerin Ellen Radtke. Schwierige Fragen stünden an: "Wie ermöglichen wir den Älteren ein Weihnachten – vielleicht auch denen, für die es vielleicht das letzte ist?"

Der Wissenschaftsjournalist Werner Bartens ortet weit verbreitete Missverständnisse in der Bevölkerung: "Jeder sucht für sich eine Ausnahme - es ist nicht verboten, also ist es auch nicht unsicher."

Das ist der Moment des Abends

"Es geht den Staat nichts an, wie ich Weihnachten feiere", das hat Unions-Vorsitzkandidat Friedrich Merz vor einigen Wochen gesagt und Frank Plasberg schmeisst das Zitat in die Runde wie einen Köder ins Wasser.

Stephan Weil beisst zuerst an: "Natürlich geht das den Staat was an, der Staat soll die Interessen der Gemeinschaft wahrnehmen. Der Herr Merz will Bundeskanzler werden, ich hätte einen Tipp, welche Konsequenzen man aus so einem Satz zieht."

Welche, darf Weil nicht mehr erläutern, dafür berichtet Lungenforscherin Susanne Herold vom Kampf gegen Corona auf ihrer Station an der Uniklinik Giessen: Von Menschen, die ohne Beistand von Angehörigen um ihr Leben ringen, von Pflegekräften, die "in Vollvermummung" die Patienten vom Bauch auf den Rücken und wieder zurück drehen müssen, mehrmals pro Tag.

"Die sind wirklich so an der Grenze, dass es mir in der Seele weh tut, wenn Friedrich Merz so etwas sagt." Und noch etwas sagt Herold im Namen des medizinischen Personals: "Diese Menschen machen sich keine Gedanken um Weihnachten. Die arbeiten nämlich."

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Das ist das Rede-Duell des Abends bei "Hart aber fair"

Weil Friedrich Merz nicht im Studio sitzt, muss Niedersachsens Ministerpräsident Stephan Weil – auch er ist nicht vor Ort, sondern zugeschaltet – den Kopf für "die Politik" hinhalten.

Die deutlichsten Worte für die Versäumnisse findet Wissenschaftssjournalist Werner Bartens, dem all die sanften Appelle und der leichte Lockdown vorkamen "wie ein antiautoritärer Kindergarten".

Weil Menschen zu Leichtsinn neigen, hätte die Kommunikation klarer sein müssen: "Und wenn Armin Laschet jetzt sagt, hören wir mal auf die Wissenschaft (…) - einige Wissenschaftler warnen doch schon das ganze Jahr vor einer zweiten Welle. Das ärgert mich."

Zur Freude des grinsenden Stephan Weil begibt sich Plasbergs in seine Paraderolle als Advocatus Diaboli: "Hätten Sie Lust gehabt, Politiker zu sein in der Situation?" Eine Frage, auf die es natürlich keine richtige Antwort gibt, Bartens beharrt aber darauf, die Politik hätte "Zweifel mittransportieren" müssen.

Weil, sichtlich zufrieden, dass die Ordnung wiederhergestellt ist - er ein Staatsmann, Bartens ein Besserwisser - redet Weil von "Abwägungen", von schweren Entscheidungen, und erteilt sich und seinen Kolleginnen die Absolution: "Wir haben darauf gesetzt, dass Corona sich nur durch eine Verhaltensänderung der Menschen und nicht durch politische Entscheidungen bekämpfen lässt."

Man ersetze in diesem Satz "Corona" durch die Klimakatastrophe, Steuerbetrug oder Raserei – und entscheide selbst, ob das ein gelungenes Verständnis von Politik ist.

So hat sich Frank Plasberg geschlagen

Was ist eigentlich das Gegenteil von Mediator? Wie ein Zweitklässler, der mit geschickten Indiskretionen ("Der Martin hat Fettklops zu Dir gesagt!") zur Gaudi eine Schulhofkeilerei anfacht, stachelt Plasberg seine Gäste gegeneinander auf.

"Gucken Sie, wie Herr Weil grinst", steckt er einmal Werner Bartens. Der Journalist wiederum habe "über ihr Weihnachten gespottet", will er Pfarrerin Ellen Radtke einreden, aber wer eine Frau Gottes ist, lässt sich von einem notorischen Unruhestifter sicher nicht zur Zwietracht verleiten.

Später versucht es Plasberg noch mit einem lästerlichen Seitenhieb auf die "Ikone Datenschutz", die ihm die schöne Corona-App vermiest: "Scheiss auf Datenschutz", entfährt es ihm plötzlich und weil das Christkind, anders als die App, alles lückenlos dokumentiert, kann sich Plasberg die Geschenke in diesem Jahr wohl abschminken.

Das ist das Ergebnis

"Wir werden viel verzeihen müssen", diesen Satz von Jens Spahn stellt Plasberg in den Mittelpunkt des letzten Teils der Sendung.

Einkehr ist also gefragt und Stephan Weil bekennt, dass er bereut, im ersten Lockdown Pflegebedürftige in Heimen quasi weggesperrt zu haben: "Da sind Menschen verkümmert, weil sie keinen Besuch hatten. Ich fühle mich bei diesem Thema am Schlechtesten."

Wo er gerade offen redet, lässt Weil ganz unstaatsmännisch auch noch Dampf ab zum Thema Impfstoff, der in den USA und Grossbritannien schon verabreicht wird: "Ich begreife nicht, warum es in Europa so lange dauert, es zuzulassen. Das finde ich ärgerlich."

Immerhin dränge die Bundesregierung nun auf eine Beschleunigung des Verfahrens in Brüssel.

Wissenschaftsjournalist Werner Bartens erhöht auf "skandalös" und dabei fällt ihm noch ein, dass er zum Thema Datenschutz und Corona-App das ganze Jahr über nichts von der "Flugtaxi-Beauftragen" der Bundesregierung gehört habe.

"Sie meinen Dorothee Bär?", fragt Plasberg. "So heisst sie glaube ich", ätzt Bartens. "Sie ist für Digitalisierung zuständig und wir reden noch von Faxen in den Gesundheitsämtern und von einer App, die ein Witz ist."

Vielleicht ja 2021 – laut Susanne Herold wird es ohnehin das ganze Jahr dauern, bis auch Jüngere geimpft sind, was bedeutet: "Das wird uns noch das gesamte Jahr begleiten." Na dann: Auf die nächsten 28 Corona-Sendungen!

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