Selten wird eine politische Talkshow mit so viel Herzblut geführt wie "Hart aber fair". Es geht um Lerneffekte nach den Wahl-Schlappen für Kanzlerin Angela Merkel. Edmund Stoiber hält ein enthemmtes Plädoyer für eine Obergrenze für Flüchtlinge. Der CSU-Politiker erhält leidenschaftliche Unterstützung von einem Grünen-Kollegen.

Eine Kritik
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Obergrenze. Die Bundestagswahl 2017 ist knapp mehr als drei Wochen her, und da ist er wieder. Jener Begriff, der die Union zu spalten droht.

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In der ARD-Sendung "Hart aber fair" redete sich der CSU-Politiker Edmund Stoiber regelrecht in Rage, sprach immer wieder von besagter Obergrenze für Zuwanderung, als es um vermeintliche Fehler von CDU und CSU vor der vermasselten Bundestagswahl ging.

Stoiber macht Druck auf Merkel

"Starke Kandidaten, starke Wahlergebnisse – Warnruf für Angela Merkel?", war der Titel der Sendung. Moderator Frank Plasberg verwies eingangs auf den Wahlsieger in Österreich, Sebastian Kurz (ÖVP). "Er könnte ihr Sohn sein, ist halb so alt wie Angela Merkel", sagte der ARD-Mann.

Er wollte auch wissen, ob der strikte Kurs in der Flüchtlingsfrage Kurz den Wahlsieg bescherte. Stoiber war genau dieser Meinung und machte Druck auf Merkel (CDU).

Stoiber erhielt bei Plasberg ausgerechnet Unterstützung aus dem Lager der Grünen, genauer gesagt von Tübingens Oberbürgermeister Boris Palmer. "Jetzt haben wir eine halbe Stunde über die Obergrenze geredet", monierte Plasberg zwischenzeitlich. Es ging letztlich bis zum Schluss um fast nichts anderes.

Stoiber plädiert für Obergrenze

Stoiber machte damit das, was sich die CSU fest vorgenommen hat: das konservative Profil schärfen. "Die Partei der Arbeiter ist die AfD geworden", sagte der 76-Jährige in Richtung der SPD – und in Anlehnung an die eigene Partei: "Wir haben erheblich an Wählerinnen und Wähler an die AfD verloren. Sie haben die AfD aus Protest gewählt. Wir haben die kleinen Leute verloren, die müssen wir wiedergewinnen. Deswegen können wir aus dem Beispiel Kurz lernen."

Stoiber wurde konkreter. Er sprach die Obergrenze für Zuwanderung an, die Österreich - vorangetrieben durch die ÖVP - eingeführt hatte. Eine solche will der CSU-Mann nun auch für Deutschland.

Österreich dient Stoiber als Beispiel

"Österreich hat das gemacht, was in Deutschland jetzt vielleicht auch möglich ist", meinte der ehemalige bayerische Ministerpräsident.

Die Menschen wollen die Begrenzung, sagte er weiter und nannte eine Zahl für eine solche Obergrenze hinterher: "Deutschland ist in der Lage, 200.000 Menschen jährlich zu integrieren. Es werden in diesem Jahr 180.000 bis 190.000 Flüchtlinge kommen. Das drückt man mit der Humanität so locker weg, meint man. Aber die Probleme tragen die unteren Schichten der Bevölkerung."

CSU-Politiker kaum zu bremsen

Stoiber war in seinem Eifer kaum zu bremsen. "Ist es denn sinnvoll, wenn die Männer alleine kommen und die Familie nachkommt?", fragte er hektisch in die Runde und bemühte Klischees: "Unser Problem ist die Zuwanderung aus ökonomischen Gründen."

Der Grünen-Politiker Palmer spielte indes munter mit, als ginge es darum, letzte Wählerstimmen abzugreifen. Zum Hintergrund: Palmer kommt aus dem deutlich konservativeren Teil der Grünen aus Baden-Württemberg.

"Wir brauchen eine Begrenzung der Zuwanderung", sagte auch er. "Das ist die einfache Erkenntnis des Wahlergebnisses aus Österreich."

Die Leute hätten Angst, meinte der 45-Jährige, "weil sie Konkurrenz fürchten durch die Zuwanderung in die Lebenswirklichkeit".

Bei der AfD abgeschaut?

Auch Palmer wurde beinahe polemisch, referierte davon, dass Flüchtlinge Tatverdächtige bei vielen Straftaten seien, "auch bei Sexualdelikten. Ich möchte, dass sowas angesprochen wird", sagte er.

Mitunter hatte es den Anschein, als hätten Stoiber und Palmer für sich die Lehren gezogen, wie die rechtspopulistische AfD gegen Flüchtlinge zu schiessen, um Pluspunkte zu sammeln.

Stoiber und Palmer harmonisch

Damit spielten sie der "Alternative für Deutschland" in die Karten. Plasberg war noch bemüht, die Diskussion umzulenken, schaffte das aber nicht. Stoiber und Palmer waren regelrecht harmonisch, der Bayer zollte dem Schwaben Respekt: "Politiker dieser Art sind selten geworden."

Am Ende bleibt die Erkenntnis: Die AfD hat bei der Bundestagswahl ein Thema vorgegeben, das auch Kurz in Österreich inflationär bemühte - und die Etablierten in Deutschland nun offenbar abkupfern.

Jetzt versuchen Politiker aus vermeintlich unvereinbaren Parteien gemeinsam darauf aufzuspringen. Als hätten sie keine anderen Argumente mehr.

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