Nur wenige Tage nach dem Beginn der blutigen Hamas-Attacken ist das Ausmass noch längst nicht greifbar. Bei "Markus Lanz" ordnete Militär-Experte Carlo Masala die tragischen Entwicklungen ein, während Soziologin Melody Sucharewicz einen emotionalen Einblick in das Seelenleben der Israelis gewährte.

Eine Kritik
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Nach den verheerenden Angriffen der Hamas auf Israel blickt die Welt fassungslos auf die Gewalttaten der palästinensischen Terrororganisation, die hunderte Tote und tausende Verletzte forderten. Man befinde sich nun in Krieg, erklärte Israel, das bereits 300.000 Reservisten mobilisierte, um eine Bodenoffensive im Gazastreifen vorzubereiten.

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Bei "Markus Lanz" sprach Politologe Carlo Masala sorgenvoll über die jüngsten Entwicklungen, während eine aus Tel Aviv zugeschaltete Israelitin eindringlich schilderte, wie sehr der Angriff das Land getroffen hat.

Das ist das Thema bei "Markus Lanz"

Bei den am Samstag begonnenen Angriffen der Hamas-Terroristen wurden mindestens 900 Menschen getötet. Israel reagierte mit einer Mobilisierung von 300.000 Reservisten, die Gazastreifen wurde vollständig abgeriegelt. Doch wie geht es nun weiter? Droht ein Flächenbrand im Nahen Osten? Bei "Markus Lanz" äusserte sich Politologe Carlo Masala zu den künftigen Entwicklungen.

Ebenfalls zu Gast war die in München geborene Israelin Melody Sucharewicz, die sich höchst emotional über den ungebrochenen Willen der Israelis äusserte, die trotz der Terrorattacken nicht ans Aufgeben denken. Gleichzeitig stellte die Soziologin klar, was sie sich von westlichen Regierungschefs und vor allem von Deutschland wünsche.

Das sind die Gäste

  • Kevin Kühnert, SPD-Generalsekretär: "Wir haben ein Problem mit Antisemitismus in Deutschland an verschiedenen Stellen."
  • Carsten Linnemann, CDU-Generalsekretär: "Es wird weggeschaut in Deutschland."
  • Eva Quadbeck, Journalistin: "Man wird auch gegen andere islamistische Nester härter vorgehen müssen."
  • Melody Sucharewicz, Soziologin: "Zum ersten Mal habe ich fürchterliche Angst."
  • Carlo Masala, Politologe: "Es wird zu einer umfassenden Bodenoperation kommen."

Das ist der Moment des Abends bei "Markus Lanz"

Mit Blick auf die beispiellose Attacke auf Israel schaltete Markus Lanz zu Beginn der Sendung nach Tel Aviv zur israelischen Soziologin Melody Sucharewicz. Der ZDF-Moderator wollte wissen, wie die Sicherheitslage im Moment aussehe und bekam eine ehrliche Antwort:

"Es ist die lebende Hölle und sie ist leider noch nicht vorbei." Der Terror gehe laut Sucharewicz immer weiter: "Wir sind ständig unter Raketenbeschuss. (...) Es versuchen Terroristen der Hamas weiterhin einzudringen in israelisches Gebiet."

Sichtlich emotional fügte Sucharewicz hinzu: "Es ist ein Inferno. Es ist ein bestialischer Krieg von einer Dimension, wie ihn Israel nicht kannte." Das israelische Volk bereite sich nun darauf vor, "dass das noch viele Wochen, vielleicht Monate dauern" werde.

Ein unvorstellbarer Gedanke, der Markus Lanz sprachlos machte. "Die Zahl der Toten erhöht sich fast stündlich", so der Moderator, der Sucharewicz fragte, wie sie die Angriffe ihren beiden Kindern erkläre. Sie gab daraufhin zu, dass sie mit aller Kraft versuche, "diese hässliche, unerträgliche, unverdauliche Realität vor ihnen zu verheimlichen".

Was Sucharewicz nicht verheimlichen kann? "Mein Mann ist einer der 300.000 Reservisten, die eingezogen wurden." Sie ergänzte mit ernster Miene, dass trotz der Angst um ihren Mann nur eine Sache zähle: "Und das ist nicht trauern, (...), sondern es ist stark sein, nach vorne gucken, geeint sein und hinter unserer Armee zu stehen und sich darauf zu verlassen, dass sie das Richtige tun, um uns, die Zivilgesellschaft (...), zu schützen."

Selbst die schrecklichen Bilder, die seit des Hamas-Angriffs im Netz kursieren, schrecken Sucharewicz nicht ab. Sie stellte klar, dass sie es "leider gelernt" habe, "das Unerträglichste und das Unfassbarste zu ertragen, zu überwinden und stark zu bleiben und zu überleben".

Die Soziologin fügte siegessicher hinzu: "Wir werden die Hamas und alle Feinde, die es darauf absehen, jetzt mit Israel eine Kriegsfront zu eröffnen, (...) besiegen. Und es wird so ein Massaker auf israelischem Boden nicht mehr geben."

Markus Lanz wollte daraufhin wissen: "Was kommt auf den Nahen Osten zu?" Militär-Experte Carlo Masala antwortete vorsichtig, dass es in den nächsten Tagen zu Gegenangriffen kommen werde.

"Das erklärte Ziel der israelischen Regierung ist es, die Hamas als militärischen und politischen Akteur in Gaza zu vernichten. Es wird zu einer umfassenden Bodenoperation kommen." Masala warnte weiter: "Das wird blutig. Das wird mit einer hohen Anzahl von Opfern einhergehen - auch auf israelischer Seite."

Das ist das Rede-Duell des Abends

In dem Zusammenhang sprach Militär-Experte Masala über einen drohenden "Zwei-Fronten-Krieg" und einen "komplett unkontrollierbaren Flächenbrand" im Nahen Osten, sollten sich der Iran und die Hisbollah in den Konflikt einmischen. Masala fügte energisch hinzu, "dass die Existenz Israels auf dem Spiel" stehe und Deutschland "gegebenenfalls bereit sein" müsse, "aktiv Israel zu verteidigen. (...) Und zwar vollumfänglich".

Markus Lanz richtete seinen Blick auf Sucharewicz und fragte: "Was erwartet Israel jetzt von Deutschland?" Die Soziologin antwortete prompt: "In allererster Linie Solidarität." Dies brachte Lanz auf die propalästinensischen Feiern in Deutschland zu sprechen, bei denen jüngst auf offener Strasse der Angriff auf Israel zelebriert wurde.

Ein Unding für Sucharewicz, die wütend forderte: "Nach dem 7. Oktober kann es keine islamistischen Extremisten mehr auf deutschen Strassen geben mit antisemitischen, antizionistischen Parolen - ohne, dass irgendetwas dagegen getan wird!"

Lanz fragte daraufhin SPD-Generalsekretär Kevin Kühnert: "War das ein Fehler, da so lange tolerant zu sein?" Kühnert war sich jedoch keiner Schuld bewusst und verteidigte die Regierung: "Es sind ja in Deutschland verschiedene islamistische Organisationen verboten, beziehungsweise auf der EU-Terrorliste mit drauf."

Zudem seien zwei angemeldete Kundgebungen in Berlin "bereits von der Berliner Polizei untersagt" worden. "Das sind genau die Zeichen, die es jetzt braucht", so Kühnert. Er ergänzte stolz, dass jetzt "robust gehandelt" werde gegen den Versuch, "Hass und Gewalt in unsere Gesellschaft reinzutragen".

Ein Selbstbewusstsein, das Lanz nicht ganz teilen konnte. Auch Carsten Linnemann zeigte sich skeptisch: "Ich glaube, dass dieses Thema seit Jahren unterschätzt wird." Der CDU-Generalsekretär weiter: "Es wird weggeschaut in Deutschland."

Laut des Politikers werde "der muslimische Antisemitismus" von der Regierung nicht so sehr geahndet wie der rechtsradikale. "Und jetzt wird alles aufgedeckt und meine Sorge ist, dass wir jetzt wieder drei, vier, fünf Tage reden und am Ende passiert nichts."

Laut Linnemann habe es bei diesem Thema schon immer einen Dissenz zwischen CDU und SPD gegeben. Diese Kritik wollte Kevin Kühnert jedoch nicht annehmen. Er bemängelte die "Unterstellungen" Linnemanns und erklärte, dass es in der Ampel niemanden gebe, der "das nicht ernst nehmen würde" und dass es nicht zu dem steigenden Antisemitismus im Land gekommen sei, "weil irgendjemand gepennt" habe.

So hat sich Markus Lanz geschlagen

Markus Lanz gelang am Dienstagabend eine emotionale, aber gleichzeitig auch äusserst informative und fundierte Sendung zum komplexen Konflikt im Nahen Osten. Immer wieder hakte er mit persönlichen Fragen bei Melody Sucharewicz nach, die einen persönlichen, aber auch erschütternden Einblick in die aktuelle Situation liefern konnte.

Das ist das Fazit bei "Markus Lanz"

Der schreckliche Angriff auf Israel erschüttert die ganze Welt. Bei "Markus Lanz" schilderte Melody Sucharewicz nicht nur die Tragik des blutigen Konflikts, sondern sie machte auch deutlich, dass die israelische Armee auf jedes denkbare Szenario vorbereitet sei. Eine Aussage, die Lanz nachdenklich stimmte. Zum Schluss sagte er daher treffend: "Das war in vielerlei Hinsicht sehr bewegend."  © 1&1 Mail & Media/teleschau

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