Provokation, Rache oder politische Dummheit? Mit Aktionen wie der "kleinen Anfrage" zur NGO-Finanzierung mache es die Union ihrem potenziellen Partner SPD "unnötig schwer", warnen Experten bei Markus Lanz. Deren Vertreter üben sich weiter in Streit.
"Rambo Zambo", wie es CDU-Kanzlerkandidat
Bis dahin sei es jedoch noch ein "weiter Weg". Wie richtig SPD-Politiker
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Die Gäste
Thorsten Frei , erster Parlamentarischer Geschäftsführer der Unionsfraktion, beharrt auf dem Unvereinbarkeitsbeschluss seiner CDU mit den Linken: "Wenn jenseits der AfD in den Augen der Menschen nur noch links-grüner Einheitsbrei ist, werden sie sich wundern, was noch hellblau wird."- SPD-Politiker Ralf Stegner ist bereit für Koalitionsverhandlungen mit der Union, stellt aber klar: "Weder gibt es die SPD im Winterschlussverkauf zu Discountpreisen, noch sind unsere Ansichten flexibel."
- "Spiegel"-Journalistin Melanie Amann glaubt, die Sozialdemokraten müssten Beharrlichkeit bei sozialen Themen wie dem Bürgergeld zeigen, denn: "Die SPD kann in den Augen der Mitglieder nicht wie ein Anhängsel in der Koalition wirken, sie muss das soziale Profil behalten, sonst säuft sie endgültig ab."
- "Welt"-Vize
Robin Alexander warnt die Union vor Aktionen wie der umstrittenen Anfrage zur Finanzierung von Nichtregierungsorganisationen. Um Koalitionsverhandlungen erfolgreich zu machen, müsse der Wahlgewinner der SPD entgegenkommen: "Die Ausgangslage ist auf so vielen Ebenen schwer, ich mache mir Sorgen und rate spiessig, solche Nichtigkeiten zu unterlassen."
Das Wortgefecht des Abends
"Rachsüchtiger Reflex nach den Demos gegen Merz oder ganz normaler parlamentarischer Vorgang?" - Der "kleine Antrag" der Union zur Finanzierung von Nichtregierungsorganisationen gibt nicht nur
Ein solcher Kulturkampf brach auch sofort zwischen Thorsten Frei (CDU) und Ralf Stegner (SPD) aus: Zwar sei es falsch, Merz als Nazi zu bezeichnen, aber "sowas kommt von sowas - wenn ich hingehe und mit Rechtsradikalen gemeinsame Sache mache, darf ich mich nicht wundern, dass die Leute auf die Strasse gehen", argumentierte der SPD-Mann und bezog sich dabei auf die gemeinsame Abstimmung von Union und AfD zur Migrationsbegrenzung.
"Dieses Thema kommt spätestens nach 30 Sekunden auf den Tisch", wollte Lanz die Diskussion darüber - diesmal - nicht ausarten lassen. Thorsten Frei widersprach dennoch: "Haben wir nicht!", dementierte er abermals eine Zusammenarbeit mit der AfD, "das wird nicht besser, wenn Sie es immer wiederholen." Er sehe das anders, liess sich Stegner nicht beirren und fügte hinzu: "Eher friert die Hölle zu, als dass wir mit den Rechtsradikalen gemeinsame Sachen machen."
Journalistin warnt CDU-Mann Frei: "Jetzt laufen Sie in die nächste Falle hinein"
Gemeinsame Sache machen müssen hingegen die SPD und die Union, soll Deutschland nicht in eine Regierungskrise stürzen. Dass aber Koalitionsverhandlungen nicht einfach werden, hatte Stegner eingangs klargestellt, denn "weder gibt es die SPD im Winterschlussverkauf zu Discountpreisen, noch sind unsere Ansichten flexibel."
Die Unionsanfrage zur Finanzierung der NGOs ist hier keine Hilfe: "Zwischen Merz und der Kanzlerschaft steht der SPD-Parteitag und die Mitgliederversammlung, deshalb sollte man jetzt alles vermeiden, was die SPD wuschig macht", warnte Robin Alexander. Und weiter: "Die Union müsste ab Sonntag, 18 Uhr, das komplette Schonprogramm für die SPD auflegen, weil es schwer genug ist für die SPD, Merz die Hand aufzulegen."
Aktionen wie die 551 Fragen, aber auch die Fotos von Männerrunden passten dazu genauso wenig wie ein "Memorandum of Understanding", das Merz an Scholz geschickt hatte. "Sie machen es der SPD unnötig schwer", meinte Alexander. "Ist es richtig, aus der Situation der beleidigten Leberwurst heraus zu agieren und so zu tun, als gehe es um das hehre demokratische Anliegen, den Sumpf auszutrocknen", witterte Amann Heuchelei seitens der Union.
Dass Amann und er einer Meinung wären, zeige laut Alexander, wie gefährlich die Lage für die Demokratie in Deutschland sei.
"Die Mitte hätte sich einigen sollen", ortete er die Verantwortung fürs Erstarken der Ränder sowohl bei der Union wie auch der SPD, "wir haben es schwarz auf weiss im Wahlergebnis." Das "Irre" sei aber, Frei und Stegner "setzen sich hin bei Markus Lanz und machen weiter", statt sich zusammenzuraufen. "Sie müssen eine Regierung für Deutschland aufstellen, alles andere ist egal", erinnerte er alle noch einmal an das Wesentliche.
Der Erkenntnisgewinn des Abends
Von einer Liebesehe kann zwischen den potenziellen Koalitionspartnern Union und SPD wirklich keine Rede sein, das zeigten die Diskussionen zwischen Thorsten Frei und Ralf Stegner deutlich. Dass die "Zuneigung gross" wäre, wie Letzterer betonte, kaufte man den beiden Politikern nicht ab. "Zwei zum Erfolg verdammt", beschrieb Melanie Amann vom "Spiegel" die Beziehung zwischen Parteien, die "von Mars und Venus" kommen. Welten trennen die beiden ideologisch wie inhaltlich. Und auch in der Frage, wie man Mehrheiten im neuen Bundestag erzielen könnte, herrscht alles andere als Einigkeit.
Dennoch versicherte der Erste Parlamentarische Geschäftsführer der Unionsfraktion genauso wie der SPD-Politiker immer wieder, dass man sich - zum Wohl des Landes - schon zusammenfinden würde. Na dann: "Viel Spass!", wünschte ihnen Markus Lanz zum Abschluss für die ersten Sondierungsgespräche, die am heutigen Freitag stattfinden sollen. © 1&1 Mail & Media/teleschau