Die Klimadebatte wird immer polarisierter geführt - auch bei "Markus Lanz". Als der ZDF-Moderator eine Lanze für die Autoindustrie brach, fuhr ihn Aktivistin Luisa Neubauer scharf an.
Immer wieder bemängeln Aktivistinnen und Aktivisten die aus ihrer Sicht miserable Klimaschutzbilanz der deutschen Bundesregierung. Fridays-for-Future-Sprecherin
Das ist das Thema bei "Markus Lanz"
Der Klimaschutz gehört zu den grossen polarisierenden Themen im Land. Während Teile der Bevölkerung auf härtere Massnahmen pochen, macht sich bei vielen anderen ein Gefühl der Überforderung breit. Bei "
Das sind die Gäste
- Konstantin Kuhle, FDP-Politiker, forderte: "Wir müssen die Klimadebatte anhand von Fakten und realistischen, inhaltlichen Vorschlägen führen."
- Luisa Neubauer, Klimaaktivistin: "Wir merken, dass Klimaschutz immer auch eine Form von Zumutung ist."
- Marc Widmann, Journalist, kritisierte das Heizungsgesetz: "Das ist genau der Punkt, wie man Klimapolitik nicht machen sollte,"
- Katrin Böhning-Gaese, Biologin, sprach über eine weiter ökologische Katastrophe: "Eine Million Arten sind vorm Aussterben bedroht."
Das ist der Moment des Abends bei "Markus Lanz"
Anlässlich der Automobilmesse IAA organisierte die Bewegung Fridays for Future jüngst mehrere Grossdemonstrationen, um auf die drohenden Gefahren durch die Erderwärmung aufmerksam zu machen. Bei "Markus Lanz" verteidigte Klimaaktivistin Luisa Neubauer die Aktionen und erklärte, dass das Auto in Deutschland nach wie vor als "grosses Kulturgut und ein grosses Sinnbild für Freiheit, für Wohlstand, für Wohlergehen" gelte. Neubauer forderte deshalb: "Mobilität muss neu gedacht werden."
Für die Klimaaktivistin ist deutlich zu sehen, dass die Regierung nach wie vor lieber die Automobilkonzerne glücklich mache, statt sich um die Zukunftsfähigkeit der Gesellschaft und den Ausbau des öffentlichen Nahverkehrs zu kümmern. Luisa Neubauer stichelte: "Als Verkehrsminister müsste man, salopp gesagt, die Eier in der Hose haben, auch mal diesen Konzernen eine Ansage zu machen."
Markus Lanz hakte verwundert nach: "Welche Ansage sollte man denen machen?" Darauf antwortete Neubauer schwammig, dass E-Mobilität und ein "solider Industriestandort" prinzipiell zwar wünschenswert seien, aber man trotzdem über die Frage nachdenken solle: "Wie sieht Mobilität aus, die nicht auf immer mehr Autos setzt?"
Lanz konterte prompt: "Die allermeisten Menschen in diesem Land sind nach wie vor auf das Auto angewiesen." Zudem machte der ZDF-Moderator darauf aufmerksam, dass es aufgrund der vielen Arbeitsplätze ein politisches Interesse geben müsse, dass es der Autoindustrie gut geht. Luisa Neubauer ging da nicht mit: "Stumpf zu sagen, wir halten den Status quo, und jeder, der das infrage stellt, hat ein Problem mit Arbeitsplätzen, das geht so nicht auf."
Ein Argument, das Lanz nicht gelten lassen wollte: "Sie sind da sehr schwammig!" Er kritisierte zudem, dass Neubauer mit ihrer Forderung nach weniger Autos "das Ende dieser Industrie" heraufbeschwöre.
Die Klimaaktivistin dementierte dies mit den Worten: "Das habe ich nicht gesagt." Als Lanz weiter nachfragte, sagte Neubauer wütend: "Herr Lanz, jetzt machen wir uns hier nicht lächerlich!" Als die Klimaaktivistin immer weiter gegen die Automobilindustrie wetterte und deren fehlende Bereitschaft anprangerte, an einer nachhaltigen Zukunft zu arbeiten, ergriff Lanz Partei für die Branche: "Diese Transformation findet statt!"
Das ist das Rede-Duell des Abends
Ebenso hitzig ging es zu, als Luisa Neubauer die Klimapolitik der Bundesregierung kritisierte und sagte, es gebe "in der Ampel keinen parteiübergreifenden Konsens darüber", wie man sich "gemeinschaftlich dafür einsetzt, dass wir das Pariser Klimaabkommen einhalten". Neubauer: "Wir merken in den letzten zwei Jahren, die Bilanz ist verheerend."
Laut der Fridays-for-Future-Aktivistin ist Deutschland "international ein super-schlechtes Beispiel", obwohl die Konzepte und Möglichkeiten vorhanden seien. "Das ist doch dramatisch! Menschen verlieren das Vertrauen, die verlieren die Zuversicht, die verlieren die Hoffnung", empörte sich Neubauer, die der Bundesregierung vorwarf, das Koalitionsklima immer wieder vor das Weltklima zu stellen.
Die harsche Kritik wies FDP-Politiker Konstantin Kuhle weit von sich. Der stellvertretende Fraktionschef seiner Partei im Bundestag verteidigte die Ampelkoalition mit den Worten: "Wir haben gerade das Gebäudeenergiegesetz beschlossen, wir haben das Energieeffizienzgesetz beschlossen, wir haben das Deutschlandticket eingeführt." Er erwarte dafür "keine Dankbarkeit, aber ich will zumindest eine Anerkennung der Realität".
Kuhle erinnerte zudem daran, "dass in den letzten zwei Jahren ein Krieg in Europa stattgefunden hat. Dass wir eine Situation haben, in der die Leute wirklich voller Wut, Frustration und Entfremdung von der Demokratie unterwegs sind und die Koalition in dieser Zeit trotzdem sagt: Wir machen Klimaschutz." Zu sagen, dass nichts passiere, habe laut Kuhle "mit der Realität in unserem Land nichts zu tun". Der FDP-Mann ergänzte, dass mittlerweile das Problem sei, dass "die Leute das Wort Klimaschutz hören" und "die Krise kriegen". Es sei "in der Lebensrealität der Menschen mittlerweile so, dass Klimaschutz ein Hassthema geworden ist".
Luisa Neubauer wollte die Argumentation nicht gelten lassen: "Klima ist ja nicht ein Wohltätigkeitsprojekt uns Aktivisten gegenüber. Es geht darum, dass man eine Gesellschaft in ihrem Fundament erhält." Für die Ablehnung der Bevölkerung beim Thema Klimaschutz sei das Regierungsbündnis selbst verantwortlich, da man den Bürgern "die Lust an jeder Art von Fortschritt" nehme. Daraufhin platzte Konstantin Kuhle der Kragen. Er sagte wütend: "Wir machen 24/7 Klimaschutz! Die FDP erreicht für den Klimaschutz mehr als mancher Aktivist, weil wir ja wirklich da sitzen und ernsthaft diese Gesetze verhandeln."
So hat sich Markus Lanz geschlagen
Markus Lanz führte durch eine engagierte Diskussionsrunde, bei der vor allem Luisa Neubauer mehrfach in Erklärungsnot geriet. Mit Blick auf die Autoindustrie gab der ZDF-Moderator der Klimaaktivistin Kontra. Andererseits befand er, dass sich die Ampelkoalition beim Thema Klimaschutz einige Kommunikationsfehler geleistet habe: "So viel Selbstkritik muss doch mal sein."
Das ist das Fazit bei "Markus Lanz"
Vor zwei Jahren war die Hoffnung noch gross, dass die Ampelkoalition mit ihrer Klimapolitik neue Akzente setzt. Mittlerweile macht sich jedoch unter Klimaaktivisten ein Gefühl der Ohnmacht breit. Luisa Neubauer warnte, dass uns bei fehlender Konsequenz bald "der Laden um die Ohren fliegt".
Doch von einem breiten gesellschaftlichen Klimakonsens, auch das ein Eindruck, der sich bei "Markus Lanz" aufdrängte, scheint Fridays for Future weiter entfernt denn je. © 1&1 Mail & Media/teleschau
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