Europa-kritische Politiker befinden sich auf dem aufsteigenden Ast, die Briten stimmen in einigen Wochen über den EU-Austritt ab und auch der Grexit ist noch nicht vom Tisch: Europa steckt in einer grossen Krise. Woran das liegt und ob die EU noch zu retten ist, darüber diskutierten die Gäste bei Maischberger. Und dabei wurde wenig Grund zur Hoffnung gegeben.
Am kommenden Sonntag könnte in Österreich der Rechtspopulist und bekennende EU-Kritiker
Noch dazu hat in der vergangenen Woche eine Umfrage die europäische Politik schockiert: In Deutschland würden demnach 34 Prozent der Bevölkerung für einen EU-Austritt stimmen, in Frankreich 41 und in Italien sogar 48 Prozent. 2016 scheint sich immer mehr zu einem Schicksalsjahr für die EU zu entwickeln.
Was ist das Thema?
Die Europäische Union droht am politischen Rechtsruck einiger Länder, Austrittsgedanken von Mitgliedsstaaten, einem immer noch möglichen Grexit und der Flüchtlingskrise zu scheitern. "Ist 2016 der letzte Countdown für Europa?", fragte Talkmasterin Sandra Maischberger gleich zu Beginn der Sendung.
Wer sind die Gäste?
Rolf-Dieter Krause (ARD-Studioleiter Brüssel): Krause malt die Zukunft der EU düster: "Die Gefahr ist nicht, dass Europa zerbricht, sondern dass es vor sich hinsiecht und zerbröselt." Wenn es so weitergehe, dass Länder massiv von der europäischen Solidarität profitieren, aber nichts selbst beitragen und sich nicht an die Regeln halten, werde die EU langsam sterben. Zum möglichen Brexit sagt er, dass die EU einen Austritt der Briten "überleben" würde, in Grossbritannien im Nachhinein allerdings ein "bitteres Wehklagen" programmiert sei, weil die Briten dadurch auf viele Vorteile der EU verzichten müssten.
Ska Keller (Bündnis 90/Die Grünen, Europaabgeordnete): Sie weist auf die Wichtigkeit der Union im weltweiten Zusammenhang hin: "Wir brauchen die EU, um auf globale Herausforderungen zu reagieren." Allerdings räumt sie Fehler in der Umsetzung ein. Die Kommission sei zu lange nicht eingeschritten, wenn die Regeln nicht eingehalten werden.
Richard Sulik (Slowakischer Europa-Abgeordneter): Die EU versuche laut Sulik, den einzelnen Ländern zu viele Regeln aufzuzwingen: "Es war nie eine Bedingung, als wir in die EU eingetreten sind, dass wir Flüchtlinge aufnehmen müssen". Er sieht die Reaktion der Österreicher, dem Rechtspopulisten Norbert Hofer so viele Stimmen zu geben, für "absolut logisch". Die Dominanz Deutschlands innerhalb Europas ist in seinen Augen kein Fehler. Der Fehler liege vielmehr darin, dass man diese Machtposition nicht richtig genutzt hätte.
Jorgo Chatzimarkakis (ehemaliger FDP-Europaabgeordneter): Sulik ist für Chatzimarkakis "absolut typisch für Europa". Ein Beispiel für ein Land, das der EU beigetreten sei und sich jetzt nicht an die Regeln halte. Chatzimarkakis macht deutlich, dass Europa die besten Jahre bereits hinter sich hat. Vor einem Brexit hat er keine grosse Angst, da Grossbritannien für ihn "nicht wirklich Mitglied", sondern eher ein "Sondermitglied", ein "Mitglied zweiter Klasse" sei.
Werner Schneyder (Kabarettist): Er wurde zur Runde per Video aus Wien zugeschaltet, um das TV-Duell zwischen Norbert Hofer und Alexander van der Bellen in Österreich zu analysieren. Sollte der Rechtspopulist und Europakritiker Norbert Hofer tatsächlich Bundespräsident werden, so würde das Image von Österreich leiden und es könnte unangenehm für das Land werden, so Schneyder.
Was war das Rededuell des Abends?
Als Richard Sulik seinen Standpunkt klarmacht, dass es bei EU-Beitritt der Slowakei nie die Bedingung war, Flüchtlinge aufzunehmen, fragt die Europaabgeordnete Ska Keller forsch: "Und was ist mit europäischen Werten?" Daraufhin kontert Sulik ablehnend: "Halten Sie sich an die europäischen Werte, wir halten uns an das, was das slowakische Volk will." Zudem fände er es schade, dass die Slowakei
Was ist das Ergebnis?
Dass sich viele Länder in Europa nicht an die Spielregeln halten, ist das grösste Problem der EU. Um sie zu retten, müsse daran dringend gearbeitet werden – da ist sich die Runde weitestgehend einig. Jorgo Chatzimarkakis kritisierte zudem, dass in der Europäischen Kommission seit zwei Jahren keine Gesetze mehr verabschiedet werden, Europa somit nur noch "Symbolpolitik" betreibe.
Europas Kompromissfähigkeit müsse wiedergefunden werden. Dass hinter verschlossenen Türen verhandelt und gestritten wird, danach aber eine Lösung präsentiert werden kann – das ist es, was der EU derzeit fehlt. Und genau diese Einigungen und Lösungen sind es, die die EU braucht, um weiter zu existieren.
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