Philipp Amthor und Bernd Baumann lieferten sich bei Sandra Maischberger einen gepfefferten Schlagabtausch. Eine Journalistin zog eine wenig schmeichelhafte Parallele zwischen US-Präsident Donald Trump und CDU-Kanzlerkandidat Friedrich Merz.

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Das Thema der Runde

Nach der gemeinsamen Abstimmung über einen Antrag zur Begrenzung der Migration diskutierte Sandra Maischberger mit ihren Gästen vor der Bundestagswahl am 23. Februar über Gemeinsamkeiten und Unterschiede zwischen CDU und AfD. Im Einzel-Interview am Ende der Sendung sprach TUI-Chef Sebastian Ebel über die Wirtschaftskrise in Deutschland und darüber, wie die Konjunktur wieder in Schwung kommen könnte.

Die Gäste

  • Philipp Amthor: Der CDU-Generalsekretär von Mecklenburg-Vorpommern will die AfD trotz der gemeinsamen Abstimmung im Bundestag am politischen Rand sehen. Er nahm sich AfD-Politiker Baumann immer wieder zur Brust: "Sie geben hier immer den lammfrommen Bürgerlichen. Wo sind Sie eigentlich falsch abgebogen, dass Ihnen das nicht unangenehm ist, mit so einem Typen wie Höcke zusammen Politik zu machen?"
  • Bernd Baumann: Der Parlamentarische Geschäftsführer der AfD nannte die Abstimmung mit der CDU einen Epochenwandel. Jahrelang habe die AfD den Antrag eingebracht, Zurückweisungen an den Grenzen zu ermöglichen – bis jetzt sei er immer abgelehnt worden. "Das, was die Leute wollen, bricht jetzt durch in der Politik. Und das macht die AfD", freute sich Baumann.
  • Theo Koll: Der Journalist sieht die extreme Zersplitterung des Parteiensystems als Novum – gleich sieben Parteien könnten den Einzug in den Bundestag schaffen. Die Abstimmung von CDU-Chef Friedrich Merz mit der AfD war seiner Meinung nach ein "schwerer strategischer Fehler".
  • Mariam Lau: Die Zeit-Journalistin kommentierte die Äusserung von Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD), der den Berliner Kultursenator Joe Chialo als "Hofnarr" bezeichnet hatte, was manche als rassistisch beurteilten: Für jemanden, der wie Scholz viel von Respekt spricht, sei schon sehr respektlos gewesen, sagte Lau.
  • Ulrike Herrmann: Die taz-Journalistin findet es bemerkenswert am derzeitigen Wahlkampf, dass sich in den Umfragen "gar nichts" bewegt. Sie ärgerte sich ausserdem darüber, dass Friedrich Merz mit "Dingen, die rechtlich nicht gehen" Wahlkampf macht. Gemeint waren die Zurückweisungen an den Grenzen. Das erinnere sie an US-Präsident Donald Trump und habe es in Deutschland noch nicht gegeben.

Der Special Guest

Sebastian Ebel: Der Vorstandsvorsitzende der TUI Group sollte den Ist-Zustand der deutschen Wirtschaft kommentieren. "Es geht dem Standort schlecht. Die Realität ist keine gute." Die Bürokratie in Deutschland sei "dramatisch" – und zwar nicht nur wegen der EU. Er forderte unter anderem Entlastungen für den Mittelstand.

Das Wortgefecht des Abends

Hier könnte man im Grunde das gesamte Gespräch zwischen Philipp Amthor und Bernd Baumann niederschreiben, das durch gegenseitige Vorwürfe, Lautstärke (vor allem von Baumann), Spott und Zwischenrufe geprägt war: "Natürlich würde sich in der Sache was ändern, wenn die AfD in die Verantwortung kommt. Aber zum Schlechten", sagte Amthor. Baumann unterbrach ihn: "Nee."

Amthor erklärte weiter, bei der Position der CDU zu Zurückweisungen an den Grenzen habe man sich nicht abhängig von der Position der AfD gemacht. Baumann protestierte: "Das ist unsere Position gewesen. Seit Jahren." Amthor daraufhin: "Sie haben nicht das Urheberrecht für rechtsstaatliche Politik in Deutschland. Ganz im Gegenteil." Baumann redete wieder dazwischen: "Sie haben es abgelehnt. Sie haben es jahrelang abgelehnt."

Amthor erklärte, dass die AfD Deutschland isolieren würde – in der EU und mit Blick auf die gesamte Aussenpolitik. Baumann protestierte erneut. "Nein." Amthor fuhr fort: "Ihre Politik würde zu einem Abstieg für Deutschland führen. Und zwar wirtschaftlich und moralisch, und dem treten wir entgegen."

Baumann war nun endgültig bedient. "Das sind doch einfach leere Behauptungen. Was Sie hier vorgetragen haben, hat mit der AfD überhaupt nichts zu tun."

Die Offenbarung des Abends

Michel Friedmann trat aus der CDU aus, der Holocaust-Überlebende Albrecht Weinberg gab sein Bundesverdienstkreuz zurück, Leon Weintraub schickte einen Protestbrief an CDU-Chef Friedrich Merz. Grund für die Reaktionen der prominenten Juden war die gemeinsame Abstimmung der CDU mit der AfD.

Und was sagte Philipp Amthor dazu? Nur in einem Halbsatz drückte er sein Bedauern aus. Stattdessen sprach er von "einzelnen Reaktionen, die an vielen Stellen auf einer Fehlinterpretation unserer Politik basieren". Tausende Parteieintritten stünden dem gegenüber.

Ähnlich kühl beziehungsweise gar nicht hatte schon Merz im TV-Duell mit Olaf Scholz den Austritt Michel Friedmanns kommentiert. Guter Stil sieht anders aus.

Die Reaktionen

X-User Jörg Wörheide beobachtet bei der Union eine verfehlte Strategie im Umgang mit der Rechtsaussen-Partei. "Die CDU tut, seit Merz im Amt ist, alles, um die AfD grösser zu machen! Das haben sie nicht begriffen, die CDU wird wie andere konservative Parteien in der Bedeutungslosigkeit versinken!"

Anna Nina empörte sich über taz-Journalistin Herrmann, die Kanzler Scholz – ganz anderes als Zeit-Journalistin Lau – bezüglich der Hofnarr-Äusserung in Schutz genommen hat. Auf X schreibt sie von "linker Doppelmoral".

Der Erkenntnisgewinn

Das Doppelinterview mit Philipp Amthor und Bernd Baumann war kein Höhepunkt der Debattenkultur, aber Amthor gefiel sich darin, den AfD-Mann zu provozieren. Das funktionierte. Baumann reagierte nicht immer souverän, erhob häufiger die Stimme, einmal sagte er fast herrisch: "Jetzt habe ich das Wort."

Einen Punkt hatte er darin, dass die CDU inzwischen AfD-Positionen wie die Zurückweisungen an der Grenze übernommen hat. Trotz dieser und weiterer gemeinsamer Ziele ist eine Koalition der beiden Parteien derzeit kein Thema. Wer Philipp Amthor und seinen scharfen Angriffen auf die AfD zugehört hat, kann keinen Zweifel mehr daran haben.

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