Sandra Maischberger spricht zwei Wochen nach der Silvesternacht von Köln mit ihren Gästen über die "Angstrepublik Deutschland". Sie will wissen: Was ist berechtigte Sorge, was übertriebene Hysterie? Antworten darauf gibt es aber wenige.

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Gerade erst hat Sandra Maischberger am Mittwochabend den Deutschen Fernsehpreis für die beste Talkshow gewonnen, als sie mit Verspätung – und auch noch ziemlich lahm – auf dem neuen Sendeplatz startet: Zunächst geht es nicht um Köln, sondern um den jüngsten Anschlag auf Touristen in Istanbul, um die Sperrungen Münchener Bahnhöfe in der Silvesternacht, um den sogenannten Islamischen Staat.

Dazu ist Terrorismusforscher Peter Neumann aus London zugeschaltet. Der Experte rechnet mit weiteren Anschlägen – und kritisiert die Zusammenarbeit der Sicherheitsbehörden in Europa als "katastrophal".

Beim Thema Sicherheitspolitik sind sich zunächst sogar CSU-Generalsekretär Andreas Scheuer und Volker Beck, Innenpolitischer Sprecher der Grünen, einig. Etwa auf die Frage, ob die Behörden mit der Schliessung der Münchner Bahnhöfe in der Silvesternacht überreagiert hätten.

Die Sicherheit der Menschen ging vor, finden beide. Erst als es später um Köln geht, wird die Stimmung eisiger: Beck sagt, die Polizei habe Fehler gemacht, Scheuer sieht die Verantwortung beim nordrhein-westfälischen Innenminister. In Bayern hingegen setze man auf "Deeskalation durch Stärke".

Machtspiele "hochfrustrierter Männer"?

Für unaufgeregtere Analysen sorgt derweil Christian Pfeiffer, der ehemalige Leiter des Kriminologischen Forschungsinstituts Niedersachsen. Für ihn scheint relativ klar, wer die Täter von Köln sind: "hochfrustrierte Männer", "ohnmächtig in ihrem Alltag", aus Kulturen, in denen Männer eigentlich die Macht hätten. Er geht davon aus, es handele sich um Männer ohne Arbeit, ohne Familien, deren Integration nicht funktioniert habe. "Verlierer." Dass dies keine Entschuldigung sein dürfe, darüber ist sich die Runde einig.

"Wir stehen unter Schock", sagt Emma-Redakteurin Chantal Louis. "Wir haben es seit geraumer Zeit in Teilen des migrantischen Milieus mit Frauenfeindlichkeit zu tun. Aber dieses Ausmass hätten wir uns nicht vorstellen können." Die Studentin Michelle, die gemeinsam mit Freunden in der Silvesternacht am Kölner Hauptbahnhof angegriffen worden ist, berichtet recht abgeklärt von ihren Erlebnissen: "Wir waren umzingelt, konnten uns nicht mehr bewegen."

Vom "festen Zupacken" erzählt die junge Frau, die von Männern angefasst, der ausserdem das Smartphone gestohlen worden ist. "Man hat sich respektlos behandelt gefühlt." Kritik übt sie auch an der Polizei, die sich später bei der Anzeige mehr für den Diebstahl als für die sexuellen Übergriffe interessiert habe. Erst jetzt, wo es in den Medien sei, spielten diese eine grössere Rolle. "Das ist ein bisschen lächerlich."

Unter den Tätern von Köln sollen Männer nordafrikanischer Herkunft sein. Ein Thema, das CSU-Mann Scheuer nicht auf sich sitzen lassen will: Er bezeichnet Menschen aus Ländern wie Marokko oder Algerien als "Wirtschaftsflüchtlinge". "Was machen die hier?", will er wissen. Und urteilt platt: "Wir holen uns zu viele Probleme ins Land."

Mazyek: "Mehrheit schämt sich abgrundtief"

"Die grössten Menschenrechtsverletzungen an Frauen finden im Namen des Islams statt", kritisiert Emma-Redakteurin Chantal Louis – und legt sich mit Aiman Mazyek, dem Vorsitzenden des Zentralrats der Muslime, an. Der will gedanklich bei Muslimen in Deutschland bleiben und betont: "Die absolute Mehrheit der Muslime schämt sich abgrundtief für das, was in Köln passiert ist." Er will stärker differenzieren, fühlt sich an diesem Abend oft missverstanden, sich Pauschalisierungen ausgesetzt.

Pfeiffer will von ihm wissen, ob muslimische Verbände denn bereit seien, daran mitzuarbeiten, mögliche Frauenfeindlichkeit abzubauen. "Ein einfaches, klares Ja", ist die Antwort des Vertreters des Zentralrats der Muslime. Und doch schiebt er sein Unverständnis hinterher: "Aber es ist beschämend, dass ich so etwas gefragt werde."

Besonders ungehalten reagiert Mazyek auf Angriffe von Chantal Louis, die ihm unter anderem vorwirft, dass sein Verband Eltern bei Klagen unterstütze, ihre Töchter vom Schwimmunterricht befreien zu lassen. Dabei, das Männer- und Frauenbild in islamischen Communitys zu ändern, "sehe ich Sie nicht wirklich an unserer Seite", kritisiert die Feministin.

Themen vermengt, zu viele Gäste

Relativ schnell war am Mittwochabend deutlich, woran diese Ausgabe des Maischberger-Talks krankt: Zum einen an der Vermengung der Themen, die wohl dem Wunsch nach Aktualität geschuldet war: erst Istanbul und IS, dann Köln und gescheiterte Integration. Zum anderen hat Maischbergers Team die Sendung nicht nur thematisch, sondern auch mit Gästen – vom Terrorismusforscher bis zum Opfer der Übergriffe in Köln – ziemlich überfrachtet.

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