Finanzminister Christian Lindner pocht weiterhin auf die Einhaltung der Schuldenbremse - auch mit Blick auf das geplante Rentenpaket II. Bei "Markus Lanz" versucht FDP-Politiker Christian Dürr, die Blockade-Taktik seiner Partei zu erklären und redet sich dabei um Kopf und Kragen.

Eine Kritik
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Das ist das Thema bei "Markus Lanz"

Das Rentenpaket II sorgt in der Ampel-Regierung für Unstimmigkeiten. Nachdem Finanzminister Christian Lindner dem Paket zunächst zugestimmt hatte, legte er eine völlig überraschende Kehrtwende hin und forderte mit Blick auf die Schuldengrenze "eine Inventur" im Bundeshaushalt, "generationengerechte Haushaltspolitik" und mehr "Treffsicherheit" bei Sozialleistungen. Nach einer Krisensitzung soll das Rentenpaket II nun doch kommen und noch im Mai durchs Kabinett gebracht werden.

Markus Lanz blickt aus diesem Grund am Dienstagabend auf das Regierungs-Chaos und die Blockade-Strategie der FDP. Zudem analysiert er auch die Reform des europäischen Asylsystems.

Das sind die Gäste

  • Christian Dürr, FDP-Fraktionschef: "Die Schuldenbremse ist eine Lebensversicherung für die Stabilität unseres Landes."
  • Kristina Dunz, Journalistin: "Wenn man sich so oft wendet wie die FDP, dann dreht man sich irgendwann nur noch im Kreis."
  • Daniel Thym, Migrationsforscher: "Es gibt eine verpflichtende Solidarität, aber jedes Land kann frei entscheiden, wie es solidarisch Hilfe leistet."
  • Ulf Röller, ZDF-Korrespondent: "Die Bundesregierung hat ein Verlässlichkeitsproblem."

Das ist der Moment des Abends bei "Markus Lanz"

Vor wenigen Wochen stimmte das EU-Parlament dem Entwurf zur Reform des europäischen Asylsystems zu, um künftig irreguläre Migration zu begrenzen. "Ist das ein Meilenstein oder Augenwischerei?", will Markus Lanz in seiner ZDF-Sendung vom Dienstagabend wissen. Migrationsforscher Daniel Thym reagiert verhalten: "Das ist ein Meilensteinchen, würde ich sagen. (...) Darin sind viele guten Ideen, aber das Grundproblem ist, dass die EU letztlich auf dem halben Weg stehen bleibt - und Angst vor der eigenen Courage hat."

Thym erklärt weiter, dass die EU-Asylreform "die Strukturprobleme, die wir haben, nicht lösen" werde. Der Grund: Pro Jahr sollen bis zu 30.000 Migranten aus Italien oder Griechenland auf andere EU-Länder umverteilt werden. Es gebe zwar laut Thym "eine verpflichtende Solidarität. Aber jedes Land kann frei entscheiden, wie es solidarisch Hilfe leistet. Ungarn kann 20.000 an Italien zahlen oder auch einen Drittstaat wie Tunesien, damit dort der Grenzschutz ausgebaut wird. Das reicht aus."

Lanz reagiert darauf sichtlich schockiert: "Jetzt bin ich baff." Der Migrationsforscher nennt den Migrationspakt deshalb "ein Reförmchen", denn: "Die Europäer haben sich intern nicht einigen können, was sie machen. Das hat zu einer sehr halbherzigen Reform geführt".

ZDF-Korrespondent Ulf Röller ergänzt, dass hinter der Reform auch die Angst vor einem europäischen Rechtsruck stehe: "Die EU will vor den Wahlen den Eindruck vermitteln, dass sie in der Lage ist, die Migranten abzuwehren." Auf Lanz' Frage nach der Sinnhaftigkeit der EU-Asylreform antwortet Daniel Thym ehrlich: "Es ist besser als nichts. Es geht in die richtige Richtung, aber es wird die Strukturprobleme nicht lösen."

Dem fügt FDP-Politiker Christian Dürr hinzu: "In der Vergangenheit war die Asyl- und Migrationspolitik in Deutschland und in Europa ungeordnet und ungerecht. Jetzt bringen wir Ordnung ins System - und das machen wir in Deutschland und ich bin froh, dass in Europa zumindest erste Schritte gemacht worden sind."

Das ist das Rede-Duell des Abends

Mit Blick auf die deutsche Politik und einen Zwölf-Punkte-Plan der FDP stichelt Lanz in Richtung Dürr: "Wer hat den Fetisch mit den Punkten entwickelt?" Der FDP-Politiker konterte unbeeindruckt: "Ich würde das nicht Fetisch nennen." Es habe vielmehr "einen ganz konkreten Anlass. Nämlich, dass wir aufgehört haben (...), in Wahlperioden zu denken". Die Regierungen zuvor hätten stattdessen laut Dürr "nur in einer Wahlperiode gedacht und nach mir die Sintflut". Eine Steilvorlage für Journalistin Kristina Dunz, die feststellt: "Jetzt kommt die Sintflut vorher." Markus Lanz bricht daraufhin in schallendes Gelächter aus: "Entschuldigung, der war nicht schlecht."

Christian Dürr kontert mit ernster Miene: "Das ist ein interessanter Slapstick." Kristina Dunz bleibt derweil bei ihrer Meinung und merkt an: "Was Sie jetzt machen mit dem Zwölf- und jetzt Fünf-Punkte-Programm (...), ist, eine Politik zu bestätigen, mit der Sie bisher nicht wirklich erfolgreich waren." Laut der Journalistin sei es bei der FDP auffällig, "dass sie eine Politik macht, für die sie bei Wahlen nicht belohnt wird". Christian Dürr lässt sich davon nicht aus der Fassung bringen und erklärt stoisch: "Es geht nicht darum, an den nächsten Wahltermin zu denken." Das will ihm Markus Lanz jedoch nicht abkaufen: "Herr Dürr, jetzt ernsthaft nicht?" Der FDP-Mann kontert nüchtern: "Es geht in erster Linie darum, jetzt die richtigen Entscheidungen zu treffen. Auch wenn sie verdammt hart sind, diese Entscheidungen."

Kristina Dunz unterstellt Dürr dennoch, dass das Zwölf-Punkte-Programm der FDP eine Wahltaktik vor der Europawahl sei. "Die FDP ist wirklich in dieser Todeszone. (...) Die Frage ist nur, ob der erfolgreiche Weg ist, die eigene Politik und die eigenen Beschlüsse, die man gefasst hat, zu blockieren." Eine Steilvorlage für Lanz, der auch über das Rentenpaket II reden will. "Christian Lindner sagt 'Nein' zu diesem Rentenpaket und knickt dann 24 Stunden später wieder ein. Wie kann sowas sein?", möchte der ZDF-Moderator wissen.

Nach ersten schwammigen Ausführungen von Christian Dürr hakt Lanz weiter nach: "Warum läuft das immer so ritualisiert chaotisch?" Der FDP-Mann wehrt sich: "Nein, das ist nicht ritualisiert." Lanz lässt jedoch nicht locker und wettert weiter: "Sie würden sagen, das ist einfach ganz normales politisches Handwerk, was wir da sehen?" Dürr rudert daraufhin zurück und erklärt: "Am Ende muss ein Gesamtpaket stimmen und finanzierbar sein." Dürr weiter: "Wenn das insgesamt stimmt - sichere Renten für die Zukunft und stabile Beiträge - ist das Rentenpaket insgesamt gut. Und dann wird's auch kommen, daran habe ich keinen Zweifel." Eine Aussage, bei der Ulf Röller nur mit dem Kopf schütteln kann. Er attestiert der Bundesregierung daher "ein Verlässlichkeitsproblem", das auf die vielen Streitereien innerhalb der Ampel zurückzuführen sei.

So hat sich Markus Lanz geschlagen

Markus Lanz versucht innerhalb der Sendung mehrmals, Christian Dürr aus der Reserve zu locken und zu erfahren, warum die FDP immer wieder gemeinsame Beschlüsse blockiert. Mit seinen Fragen beisst der Moderator jedoch häufig auf Granit.

Das ist das Fazit bei "Markus Lanz"

FDP-Politiker Christian Dürr verliert sich bei "Markus Lanz" in vielen schwammigen Aussagen. Auch zum konkreten Renteneintrittsalter hält er sich bedeckt und schlägt stattdessen vor: "Wir ergänzen das ganze System um die Flexibilität beim Renteneintritt. Das betrifft auch die Rente mit 67." Das Ziel müsse laut Dürr demnach "mehr Erwerbsbeteiligung von Älteren" und "von Migranten" sein. Für den FDP-Mann sei daher das "Rentenpaket II" nur "das eine Konzept". Es müsse jedoch auch bedacht werden, künftig "ausreichend Menschen" in der Arbeitswelt zu haben. Das Ziel von Dürr sei daher, "in diesem Land Reformen zu machen, damit wir erfolgreich sind".  © 1&1 Mail & Media/teleschau

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