Nach wochenlanger Regierungskrise und heftigen Auseinandersetzungen zwischen Horst Seehofer (CSU) und Angela Merkel (CDU) ist plötzlich eine Einigung auf dem Tisch. Doch bleiben am Ende nur Verlierer? Das fragte Maybrit Illner in ihrer Sendung am Donnerstagabend. Während CSU-Politikerin Dorothee Bär die Aufregung nicht verstehen kann, wirft Grünen-Chef Robert Habeck der CSU vor, Europa aufs Spiel zu setzen.
Was ist das Thema?
Der Asylstreit in der Union fand am Sonntag mit dem Hin und Her um einen möglichen Rücktritt
Doch weder Innenminister Seehofer (CSU) noch Bundeskanzlerin
Beim Politik-Talk von
Wer sind die Gäste?
Dorothee Bär (CSU), Staatsministerin für DigitalisierungArmin Laschet (CDU), Ministerpräsident von Nordrhein-Westfalen und stellvertretender CDU-VorsitzenderManuela Schwesig (SPD), Ministerpräsidentin von Mecklenburg-Vorpommern und stellvertretende SPD-VorsitzendeRobert Habeck , Parteivorsitzender der Grünen- Kristina Dunz, Journalistin bei der "Rheinischen Post"
Was war das Rede-Duell des Abends?
Hat es sich die CSU mit der CDU verscherzt? Wenn man Dorothee Bär fragt: natürlich nicht. Für die CSU-Politikerin ist "Streit nicht per se etwas Negatives." Seehofers Verbalattacken auf die Kanzlerin? "Er ist ein leidenschaftlicher Politiker." Wie sehr das seine Zusammenarbeit mit Merkel belastet? "Die beiden kennen sich schon sehr, sehr lange."
Der sichtlich angefressene Armin Laschet sieht das anders. Nicht Seehofer, sondern die Wähler und das Parlament hätten Angela Merkel zur Kanzlerin gemacht, kommentierte er eine entsprechende Äusserung des Innenministers. Besonders die anti-europäische Haltung der CSU stiess dem CDU-Politiker auf. "Ein ganzer EU-Sondergipfel hat sich nur mit unserem Thema beschäftigt, obwohl es wichtigere Dinge gibt!"
Was war der Moment des Abends?
Kurz vor Schluss der Sendung drehte Robert Habeck noch einmal auf. Als Bär verkündete, die CSU sei immer eine proeuropäische Partei gewesen, rief der Grünen-Politiker laut dazwischen: "Das stimmt nicht!" Auch wenn Bär proeuropäisch sei, handeln ihre Partei und ihr Ministerpräsident nicht so. "Sie killen fast Europa und dann sagen Sie, Sie sind eine proeuropäische Partei!"
Als es um die Zurückweisungen von bereits registrierten Asylbewerbern an der deutschen Grenze ging, warf Habeck der CSU Augenwischerei vor: "Ihre rechten Freunde wollen die gar nicht zurücknehmen." Die teils rechtspopulistischen Regierungen von Italien, Österreich oder Ungarn hätten kein Interesse daran, Deutschland zu helfen. "Das Paradox ist, dass nationalistische Regierungen unsolidarisch sind", so der Grünen-Politiker. Dennoch glaube die Union, sich mit Leuten einigen zu können, die Europa zerstören wollen. "Orbán und die ganzen Heinis da haben sie alle hängen lassen."
Wie hat sich Maybrit Illner geschlagen?
Maybrit Illner hatte keine Scheu, die Finger in die Wunde zu legen und darin auch immer wieder zu bohren. Die Moderatorin stellte die wichtigen Fragen: ob Merkels Autorität beschädigt sei, ob sie von der CSU erpressbar bleibe und wie man regieren könne, wenn man schon so viel Energie brauche, um überhaupt zu regieren.
Auf ihre wichtigste Frage fand die Adressatin Dorothee Bär keine überzeugende Antwort: "Warum eskalieren Sie ein Problem, das nicht mehr so gross ist wie 2015?"
Was ist das Ergebnis?
Wenn das Stimmungsbarometer bei "Maybrit Illner" auch für die Bundesregierung gelten sollte, haben sich Horst Seehofer und seine Anhänger nicht viele Freunde gemacht.
Manuela Schwesig warf Bär und der CSU fehlende Selbstkritik vor. Die SPD-Politikerin empörte sich, dass ein ganzes Land in Geiselhaft genommen werde, "nur weil den drei Machos der CSU wegen der bayerischen Landtagswahl der Hintern auf Grundeis geht!" Die Menschen in Deutschland würden sich derzeit mehr für andere Themen interessieren als Flüchtlingspolitik. Zudem solle sich Seehofer um seine Aufgaben als Bundesinnenminister kümmern: "Er hat mal zu liefern!"
Robert Habeck prophezeite: "Wenn die bayerische Landtagswahl noch mit der absoluten Mehrheit für die CSU ausgeht, fress ich nen Besen!" Am Ende würde Alexander Dobrindt profitieren, der bei dem Ganzen ohnehin die Strippen gezogen habe, und seine rechte Agenda durchsetzen. Grünen-Politiker Habeck signalisiert Gesprächsbereitschaft für den Fall, dass sich CSU und CDU trennen.
Für die Hauptstadt-Journalistin Kristina Dunz hat die CSU derart überzogen, dass sie den Rückhalt aus den eigenen Reihen verloren habe. Die von Bär immer wieder propagierte Bürgernähe wies Dunz zurück. Die CSU habe die Stimmung selbst vergiftet: "Sie sagen, Sie nehmen die Sorgen der Bürger auf, aber Sie schüren welche!"
Nur Dorothee Bär zeigte sich von allem unbeeindruckt. Auf Illners Frage, wer die Auseinandersetzung verloren habe, erwidert sie nur: "Ich weiss nicht, ob es immer Sieger und Verlierer geben muss." Ob sie selbst nach Angriffen wie von Seehofer noch mit so jemandem zusammenarbeiten würde? "Da ist jeder von seinem Gemüt her anders." Die Botschaft: Nichts ist passiert, am Ende ist alles gut.
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