Am Donnerstagabend diskutierte Maybrit Illner mit ihren Gästen über die gescheiterten Friedensverhandlungen zwischen Russland und der Ukraine sowie einen möglichen EU-Beitritt. Militärexperte Gustav Gressel gab eine Einschätzung zum weiteren Kriegsverlauf, Linkspolitiker Gregor Gysi musste sich von der ukrainischen Autorin Yevgenia Belorusets den Spiegel vorhalten lassen.

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Die Friedensverhandlungen zwischen Russland und der Ukraine sind vorerst gescheitert. Das haben inzwischen beide Seiten bestätigt. Gleichzeitig wollen Schweden und Finnland der Nato beitreten, die Türkei blockiert die Beitrittsgespräche jedoch. Mehr als 260 ukrainische Kämpfer sollen das von Russland belagerte Stahlwerk in Mariupol verlassen haben, darunter schwer verletzte. Für sie soll ein Gefangenaustausch geplant sein.

Das ist das Thema bei "Illner"

Das Thema bleibt seit Wochen dasselbe: Der Krieg in der Ukraine. Mit ihren Gästen sprach Moderatorin Maybrit Illner diesmal über die Fragen: "Wie lange soll dieser Krieg noch dauern?" und "Wie realistisch ist das Ziel, alle russischen Soldaten aus der Ukraine zu vertreiben?". Im Studio ging es ausserdem um den EU-Beitritt der Ukraine, die Verteidigungsministerin Christina Lambrecht (SPD) und deutsche Waffenlieferungen im internationalen Vergleich.

Das sind die Gäste

  • Gregor Gysi (Die Linke): Der aussenpolitische Sprecher der Linke-Fraktion im Bundestag sagte, andere Länder könnten Waffen liefern, Deutschland solle dies aber nicht tun. "Wir haben eine andere Geschichte", begründete er. Ihm gefalle nicht, dass die deutsche Rüstungsindustrie damit Profit mache. "Ich bin sehr für die Verfolgung von Kriegsverbrechern, allerdings aller Kriegsverbrecher - auch denen der USA beim völkerrechtswidrigen Krieg im Irak", sagte er.
  • Gustav Gressel: "Im Grunde ist es möglich, es ist aber noch sehr weit weg", sagte der Militär- und Sicherheitsexperte vom European Council on Foreign Relations (ECFR) zu einem ukrainischen Sieg. Die russische Armee werde noch bis in den Sommer hinein angreifen können. "Etwa im Sommer könnte dann die ukrainische Armee Überhand gewinnen", analysierte er. "Wir haben noch viel Krieg vor uns", so Gressel. Es gebe keine schnellere Perspektive auf Veränderung in Russland, als diesen Krieg krachend zu verlieren, so der Experte.
  • Ursula von der Leyen (CDU): Die EU-Kommissionspräsidentin erinnerte: "Es gilt für die Ukraine wie für jedes andere Land, dass bestimmte Standards erfüllt sein müssen, um der EU beizutreten." Man werde den Wiederaufbau der Ukraine mitfinanzieren – dann könne man Investitionen gleich mit den notwendigen Reformen verknüpfen. "Dann hängt es sehr stark davon ab, wie sich dieses Land entwickelt", sagte sie über die zeitliche Perspektve zum Beitritt.
  • Markus Feldenkirchen: Dem Bundeskanzler Olaf Schol (SPD) attestierte der politische Autor im Hauptstadtbüro des "Spiegel" einmal mehr "grosse kommunikative Defizite". Im Verhältnis zwischen SPD und FDP analysierte er: "Es sind nicht nur unterschiedliche Mentalitäten, da wollen zwei politische Kräfte schon etwas anderes." Die FDP dränge vehementer auf schwere Waffenlieferungen als der Bundeskanzler.
  • Marie Agnes Strack-Zimmermann (FDP): "Unter Umständen kann es einiges an Widerstand erzeugen, wenn 18- oder 19-Jährige in den Krieg eingezogen werden, aber nicht mehr zurückkommen", sagte die FDP-Politikerin zu einer möglichen Mobilmachung in Russland. "Ich halte das Kriterium Demütigen oder "er darf sein Gesicht nicht verlieren" für überhaupt kein Kriterium für Wladimir Putin", sagte sie. Damit Russland keine Nachbarn mehr angreife, brauche es militärische und wirtschaftliche Massnahmen – aber man müsse auch den Kriegswillen brechen.
  • Yevgenia Belorusets: Die Fotografin und Autorin, die in Kiew und Berlin lebt und arbeitet, sagte: "Die Stimmung in Deutschland war für mich sehr inspirierend." Sie habe von der ersten Minute an Unterstützung und Solidarität gespürt. "Russland hat aus meinem friedlichen Land ein vollständig militarisiertes Land gemacht", klagte sie. Wenn Putin nicht für immer gestoppt werde, gebe es nur eine stille Phase, in der ein nächster Angriff vorbereitet werden könne.

Das ist der Moment des Abends bei "Illner"

Maybrit Illner fragte die zugeschaltete Belorusets, ob sie in Sorge sei, dass die Hilfe immer weniger werde. Sie antwortete: "Diese Sorge bekomme ich wieder, wenn ich Herrn Gysi sprechen höre." Es gehe darum, dass ihr Land zerstört werde.

"In dieser Situation über humanitäre Hilfe zu sprechen, heisst eigentlich zuzusagen: Ja, diese Zerstörungen sind okay für uns. Wir können das einfach ansehen, wir gewöhnen uns langsam an die schlechten Nachrichten aus diesem Gebiet, wir lassen es zu, dass die Menschen sterben, aber wir werden ein paar Arzneien bringen für die Leidenden", hielt sie Gysi in scharfem Ton vor. Das brachte ihn ziemlich in die Bredouille.

Das ist das Rede-Duell des Abends

Verteidigungspolitikerin Strack-Zimmermann nahm ihre Ampel-Kollegin Christine Lambrecht (SPD) in Schutz: "Ich erlebe sie als gute Verteidigungsministerin." Sie habe Fachexpertise um sich herum und sei sehr loyal ihrem Kanzler gegenüber. "Ihre Vorgängerin wäre nicht besser gewesen", meinte die FDP-Politikerin. Sie wollte nicht, dass sich an dieser Frau "abgearbeitet" werde.

Journalist Feldenkirchen wollte das so nicht stehen lassen. "Aber die Beweggründe, warum jemand dieses wichtige Amt bekommt, die müssen schon noch einmal überdacht werden", sagte er. Vorgängerin Kramp-Karrenbauer habe in einem innerparteilichen Machtkampf Jens Spahn das Amt nicht überlassen wollen, die Beweggründe von Scholz sich für Lambrecht zu entscheiden seien bis heute noch nicht klar kommuniziert worden. "Ich finde da sollten zumindest in Zukunft andere Standards gelten", forderte er.

So hat sich Maybrit Illner geschlagen

Maybrit Illner kann wichtige, kritische und überraschende Fragen stellen. "Wünschen Sie sich den Kanzler handfester?", wollte sie von Koalitionspartnerin Strack-Zimmermann wissen. Die liess sich nur wenig Kritik entlocken. "Die anderen sollen helfen, nur wir nicht?", fragte Illner Richtung Gysi gewandt, als der Waffenlieferungen ablehnte. Eine wichtige Frage ging auch an Belorusets: "Haben Sie Sorge, dass die Hilfe abnimmt?", wollte die Moderatorin wissen.

Das ist das Ergebnis bei "Maybrit Illner"

Zugegeben: Zum aktuellen Zeitpunkt eine Sendung über den Ukraine-Krieg zu moderieren, ist keine leichte Aufgabe. Man läuft Gefahr, immer wieder dieselben Punkte zu diskutieren. Ein Stück weit passierte das auch am Donnerstagabend: Die Personalie Lambrecht, die Kommunikationsprobleme von Scholz - alles schon einmal gehört.

In Zukunft dann doch lieber genauer schauen auf: Die Rolle der Türkei bei den Nato-Beitrittsgesprächen oder die kritischen Töne zwischen den Ampelpartnern.

Verwendete Quellen:

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