Heute geht es um Betten, morgen um Integration: Was kann die Gesellschaft von den Flüchtlingen fordern, was muss sie selbst leisten? Bei Sandra Maischberger geht es passend zur "Heimat"-Themenwoche um die Frage: "Wie verändern Flüchtlinge unser Land?" Während sich die meisten Gäste in Binsenweisheiten verlieren, macht ein CDU-Bürgermeister vor, wie Integration funktionieren kann.
Mit der Zahl der Asylsuchenden wächst laut Umfragen auch die Angst in der deutschen Bevölkerung vor ihnen und den Folgen ihrer Ankunft. "Die Stimmung ist bereits gekippt", meint Verleger und "Spiegel"- Kolumnist Jakob Augstein bei "Menschen bei
Marie-Luise Balk-Egger ist Sprecherin einer Bürgerinitiative im baden-württembergischen Weinheim und sieht die politische Flüchtlingsmanagement skeptisch. Die Flüchtlinge würden nur in einem Stadtteil untergebracht und nicht verteilt, kritisiert sie. Die Älteren fürchteten zudem, dass ihre Immobilie durch das Flüchtlingsheim an Wert verliert - und damit zugleich ihre Altersvorsorge zum Problem wird.
"Das sind die Deutschen von morgen"
Balk-Egger gehört zu dem Teil der Bevölkerung, die sich und ihre Sorgen von der Politik nicht ernst genommen fühlen. Grünen-Politikerin
Einen ganz anderen Weg wählt Richard Arnold (CDU), Oberbürgermeister von Schwäbisch-Gmünd. In seinem Ort engagiert er sich für die Integration der Flüchtlinge. Sein Erfolgsrezept: "Reden, reden, reden". Die Politik müsse führen, nicht Furcht verbreiten.
Ihm zufolge ist Schwäbisch-Gmünd ein Bilderbuchbeispiel für Hilfsbereitschaft und Bürgerdialog. Allerdings hat die Stadt bisher relativ wenige Asylsuchende aufgenommen, 800 auf 60.000 Einwohner. Doch auch wenn es mehr werden würden, bleibt Arnold optimistisch: "Bisher ist alles gutgegangen. Wir werden auch dann nicht kapitulieren."
Flüchtlingskrise "belastet sozialen Frieden"
Die Unterbringung der Flüchtlinge gehört zu den drängendsten Problemen in vielen Kommunen. Mancherorts steht deswegen die Beschlagnahmung von leerstehenden Gewerbe-Immobilien zur Debatte. In einem Fall erhielt eine Mieterin sogar eine Kündigung für ihre Privatwohnung.
Ein schwerer Fehler, finden alle in der Runde. "Politisch verheerend", nennt es Augstein, da sich diese "Einzelfälle" von der falschen Seite instrumentalisieren lassen. "Das belastet den sozialen Frieden", glaubt Heinz Buschkowsky (SPD), ehemaliger Bürgermeister vom Berliner Bezirk Neukölln. "Die Menschen könnten jetzt das Gefühl haben: 'Morgen bin ich dran.'"
Kein Respekt vor der Polizei
Zumindest fragwürdig ist die Einladung von Tania Kambouri in die Sendung. Die Bochumer Polizeikommissarin wurde mit einem Brandbrief bekannt, in dem sie das aggressive Verhalten von Migranten und insbesondere von Muslimen gegenüber der Polizei anprangert.
Ein Problem, über das zweifelsfrei diskutiert werden kann. Doch lässt sich von Menschen, die schon länger in Deutschland und vor allem in sozialen Brennpunkten leben, auf andere Menschen schliessen, die gerade erst hier ankommen und eine ganz andere Geschichte haben?
Künast findet, man solle dies trennen: Die einen seien Beispiele für gescheiterte Integrationspolitik, beziehungsweise deren Nicht-Existenz in den vergangenen Jahrzehnten. Die anderen seien Menschen, die sich bewusst für Deutschland als "potenzielle neue Heimat" entschieden haben. Auch Augstein sieht ein nicht auf Muslime beschränktes Phänomen: "Wir haben heute nicht mehr so viel Respekt vor der Polizei grundsätzlich."
Ein CDU-Bürgermeister lebt Integration
Die Diskussion bei Maischberger über Integration ist zwar hitzig, bleibt aber zum grössten Teil schwammig. Es geht um altbekannte Fragen: Was genau sind denn die viel gerühmten Werte dieser Gesellschaft? Reicht es aus, wenn sich Einwanderer an die Gesetze halten oder sollen sie auch Goethe lesen? Gilt die Gleichberechtigung von Mann und Frau, von der jetzt alle reden, auch für Führungspositionen in deutschen Unternehmen? Darf sich auch ein Muslim homophob äussern oder nur der Vatikan?
Die Gäste belassen es bei Binsenweisheiten ("Sie müssen sich an die Regeln halten") und Plattitüden: "Die muslimische und die westliche Welt sind nun mal sehr verschieden", stellt Buschkowsky fest. Berlins Ex-Bürgermeister sieht vor allem die Einwanderer in der Pflicht: "Du bist zu uns gekommen und wir erwarten, dass ihr euch bei uns integriert." Seine Haltung teilt er sich mit der aus Griechenland stammenden Polizistin Kambouri: "Man hat sich anzupassen."
Zur Integration gehören zwei Seiten, findet dagegen Grünen-Politikerin Künast: "Wir sind eine Gesellschaft, die gegenüber Menschen mit Migrationshintergrund immer noch ganz schön zu ist."
"Leitkultur" wird wieder ein Thema
Augstein fordert eine "Leitkultur" als Grundlage für Multikulturalität. Der Journalist stellt sich das so vor: "Der Vietnamese behält seine Lebensweise bei, muss sich aber an die Lebensregeln in Deutschland halten." Integration begreift er als "gesamtgesellschaftlichen Prozess", über den alle reden sollten.
Für Arnold ist diese Diskussion zu theoretisch. "Es geht um ein gutes Miteinander", meint der CDU-Bürgermeister und verweist darauf, dass sich Deutschland auch in den vergangenen Jahrzehnten verändert hat. Er hält auch nichts davon, irgendwelche Werte aufzuschreiben: "Sie müssen gelebt werden."
Besonders wichtig ist ihm, die Flüchtlinge zu beschäftigen und eine Perspektive zu geben, beispielsweise mit einer Ausbildung. Denn: "Wenn sie auf den Zimmern bleiben, werden die einen depressiv und die anderen aggressiv", sagt Arnold. Zumindest in "seiner" Stadt Schwäbisch-Gmünd sind Flüchtlinge von Beginn an Teil der Gemeinschaft – "auch wenn sie Schwäbisch-Gmünd noch gar nicht aussprechen können."
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