Rückschlag für die Bemühungen um eine Liberalisierung des Abtreibungsrechts in Polen: Das Parlament in Warschau hat mit knapper Mehrheit einen Gesetzentwurf abgelehnt, der die Beihilfe zu Abtreibungen entkriminalisiert hätte.

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218 Abgeordnete stimmten am Freitag gegen den ersten von insgesamt vier Gesetzesentwürfen, der das strikte Abtreibungsverbot im traditionell katholischen Polen gelockert hätte. 215 Parlamentarier sprachen sich dafür aus.

Mit Nein stimmten unter anderen die Vertreter der beiden grössten Oppositionsparteien, der rechtsnationalistischen Partei Recht und Gerechtigkeit (PiS) und der rechtsextremen Konfederacja. Aber auch einige Abgeordnete der Bauernpartei PSL, die der Regierungskoalition angehört, stimmten dagegen.

Drei Gesetzentwürfe zu Schwangerschaftsabbrüchen werden noch beraten

Der Gesetzentwurf war der erste von insgesamt vier Gesetzentwürfen zur Liberalisierung des Abtreibungsrechts in Polen. Er hätte unter anderem Aktivisten entlastet, die abtreibungswillige Frauen mit Pillen aus anderen Ländern versorgen.

Die drei anderen Gesetzentwürfe, die noch in den parlamentarischen Ausschüssen beraten werden, sehen eine Erleichterung des Zugangs zu Abtreibungen vor, wenn auch in unterschiedlichem Ausmass. Einer der Entwürfe sieht etwa vor, Abtreibungen bis zur zwölften Schwangerschaftswoche zu legalisieren.

Die vier Gesetzentwürfe der regierenden liberal-konservativen Bürgerplattform von Regierungschef Donald Tusk und ihrer Koalitionspartner hatten im April die erste Hürde im Parlament genommen. Die Abgeordneten lehnten damals in erster Lesung Anträge auf eine Ablehnung der Reform ab und gaben die Gesetzesvorlagen zur Beratung an einen Parlamentsausschuss weiter.

Polens Abtreibungsrecht ist besonders restriktiv

Das katholisch geprägte Polen hat aktuell eines der restriktivsten Abtreibungsrechte in Europa. Der Abbruch einer Schwangerschaft ist nur möglich, wenn diese aus einer Vergewaltigung oder Inzest hervorging oder wenn das Leben und die Gesundheit der Frau gefährdet sind.

Tusks pro-europäisches Bündnis hatte die Wahlen im vergangenen Oktober unter anderem mit dem Versprechen gewonnen, das Abtreibungsrecht zu liberalisieren. Laut einer Umfrage sprechen sich 35 Prozent der Polen für eine Legalisierung von Abtreibungen bis zur zwölften Schwangerschaftswoche aus. 14 Prozent der Befragten sind für eine Beibehaltung der derzeitigen Regeln.

Präsident Andrzej Duda kündigte bereits an, gegen alle Gesetze sein Veto einzulegen, selbst wenn sie im Parlament verabschiedet würden. Der konservative Katholik steht der PiS nahe, die während ihrer Regierungszeit das Recht auf Abtreibung stark eingeschränkt hatte.

(afp/ras)

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