Im zentralafrikanischen Tschad haben Bürgerinnen und Bürger nach drei Jahren militärischer Übergangsregierung am Montag erstmals wieder bei einer Präsidentschaftswahl abgestimmt. Als Favorit unter den zehn Kandidaten gilt De-facto-Staatschef General Mahamat Idriss Déby Itno (40), der 2021 nach dem Tod seines Vaters Idriss Déby Itno an der Front mit einer Gruppe Generäle die Macht übernommen und die Verfassung ausgesetzt hatte. Das Land mit rund 19 Millionen Einwohnern hat seit seiner Unabhängigkeit von Ex-Kolonialmacht Frankreich 1960 noch nie einen friedlichen Machtwechsel erlebt. Viele Wähler ebenso wie Beobachter haben Zweifel daran, dass die Wahl fair verlaufen wird. Vorläufige Ergebnisse sollen bis zum 21. Mai veröffentlicht werden.
Wichtiger Verbündeter des Westens
Der Tschad, das fünftgrösste Land Afrikas und viertärmste Land der Welt, liegt an einem wichtigen Knotenpunkt im Herzen Afrikas. Im Osten grenzt das Land an den Sudan und dessen Krisenregion Darfur, wo seit einem Jahr ein schwerer Konflikt in einen erneuten Genozid auszuarten droht. Mehr als 600 000 Menschen sind seitdem aus dem Sudan in den Osten des Tschad geflohen. Im Westen und Süden grenzt das Land an den Niger und Nigeria, wo islamistische Terrormilizen aktiv sind. In der Sahara im Norden schwelen Kämpfe mit Rebellen aus dem angrenzenden Libyen.
Anders als andere Militärmachthaber in der Region ist Déby ein wichtiger Verbündeter Frankreichs, das nach Putschen in der Sahel-Zone seine Truppen aus Anti-Terror-Einsätzen in der Region in den Tschad als letzten verbliebenen grossen Militärstandort verlagert hat. Auch im Tschad nimmt aber antifranzösische Stimmung zu. Für Aufsehen sorgte ein Besuch Débys bei Russlands Präsident Wladimir Putin im Januar ebenso wie jüngst ein Schreiben, das die Präsenz einer US-Einheit im Tschad infrage stellte. Die USA zogen die Truppe daraufhin nach eigenen Angaben vorübergehend ab.
Bedeutender Oppositioneller vor der Wahl getötet
Als aussichtsreichster Herausforderer von Déby gilt Premierminister Succès Masra (40). Der in Frankreich ausgebildete Ökonom floh 2022 ins Exil, nachdem Dutzende seiner Anhänger bei einer Demonstration von Sicherheitskräften erschossen worden waren. Nach einer von Nachbarstaaten vermittelten Amnestie kehrte Masra zurück und wurde zum Regierungschef berufen. Dennoch führte er eine deutliche Kampagne gegen den Staatschef und könnte ihn in eine Stichwahl zwingen. Ein weiterer wichtiger Oppositionspolitiker, Débys Cousin Yaya Dillo, wurde im Februar von Sicherheitskräften unter ungeklärten Umständen in seiner Parteizentrale erschossen. Das Gebäude der Partei wurde am Tag danach abgerissen.
Der ältere Déby hatte die Macht 1990 nach einem Putsch gegen den Diktator Hissène Habré übernommen. Seine Volksgruppe der Zaghawa, die ein bis fünf Prozent der Bevölkerung ausmacht, regiert seitdem den Vielvölkerstaat mit rund 200 Ethnien und 120 Sprachen. Trotz Ölreichtums leben die meisten Einwohner ausserhalb der Hauptstadt in Armut bei kaum vorhandener Infrastruktur. Dem Staat werden unter anderem aussergerichtliche Tötungen, Entführungen, Folter und willkürliche Festnahmen politischer Gefangener vorgeworfen. © dpa
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