Nach den Kommunalwahlen in der Türkei haben zahlreiche Menschen gegen den nachträglichen Ausschluss eines prokurdischen Politikers demonstriert, der ein Bürgermeisteramt gewonnen hatte.
Dabei seien insgesamt 89 Menschen im Südosten der Türkei sowie in der Küstenmetropole Izmir festgenommen worden, schrieb der Innenminister Ali Yerlikaya am Mittwoch auf X, vormals Twitter.
Auch in Istanbul gab es Proteste. Die Polizei setzte Medienberichten zufolge teils Tränengas ein. Der Innenminister schrieb zur Begründung der Festnahmen, die Demonstranten hätten Steine geworfen und Slogans zur Unterstützung der verbotenen kurdischen Arbeiterpartei PKK gerufen. Der Gouverneur der Provinz Van untersagte nach Angaben der staatlichen Nachrichtenagentur Versammlungen für 15 Tage.
Hintergrund der Proteste ist der nachträgliche Ausschluss des gewählten prokurdischen Bürgermeisters in der Stadt Van, Abdullah Zeydan, von der Wahl. Zeydan war nach Angaben seiner prokurdischen DEM-Partei die Ernennungsurkunde verweigert worden - obwohl er am Sonntag mit rund 55 Prozent der Stimmen zum Bürgermeister gewählt worden war. Stattdessen soll der zweitplatzierte Kandidat der AKP von Präsident Recep Tayyip Erdogan zum Bürgermeister ernannt werden. Dieser erreichte nach vorläufigen Ergebnissen nur rund 27 Prozent.
Die lokale Wahlbehörde begründete ihre Entscheidung nach Anadolu-Angaben damit, dass Zeydan vorbestraft sei und darum nicht zur Wahl hätte antreten dürfen. Die Behörde hatte Zeydan aber schon vor Wochen zu der Wahl am Sonntag als Kandidat zugelassen.
Der Vorfall erinnert an Absetzungen prokurdischer Lokalpolitiker in der Vergangenheit: Bei den Kommunalwahlen 2019 hatte die prokurdische Partei unter dem Namen HDP 65 Bürgermeisterposten gewonnen – die Regierung in Ankara liess ein Grossteil der Politiker aber wegen Terrorvorwürfen des Amtes entheben und durch Zwangsverwalter ersetzen.
Die DEM vermutet zudem Wahlbetrug in mehreren Provinzen im Südosten der Türkei, in denen sie hinter der AKP landete. Sie will in Bitlis, Sirnak und Kars eine erneute Zählung der Wählerstimmen veranlassen. © dpa
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