Trotz der versprochenen Rücknahme des umstrittenen Steuergesetzes gehen in Kenia die Proteste gegen die Regierung von Präsident William Ruto weiter. In der Hauptstadt Nairobi herrschte am Donnerstag angespannte Stimmung. Demonstranten hatten einen Marsch zum State House, dem Amtssitz des Präsidenten, angekündigt. Die Zufahrtsstrassen waren weiträumig abgesperrt, überall in der Stadt waren zahlreiche Polizisten sowie hinzugezogenes Militär stationiert. Auch die Strassen rund um das Parlament, das am Dienstag von Demonstranten gestürmt worden war, waren gesperrt.
In den Mittagsstunden versammelten sich in der Innenstadt von Nairobi erste Demonstranten. Viele Geschäfte dort waren verbarrikadiert. Die Polizei setzte Tränengas gegen die Protestierenden ein, wie auf Fernsehbildern zu sehen war. Auch Schüsse waren zu hören.
Demonstrationen gab es am Freitag Medienberichten zufolge auch in anderen Städten Kenias. Im westkenianischen Kisumu zogen mehrere Hundert Demonstranten zur dortigen Präsidentenlodge, einem alternativen Amtssitz des Präsidenten, und versammelten sich zu einem friedlichen Sitzprotest, wie die Zeitung "Nation" berichtete. In Mombasa mischten sich nach Angaben einer Demonstrantin Gewalttäter unter die Protestierenden und versuchten, Geschäfte zu plündern. "Die haben nichts mit uns zu tun", sagte sie dem Fernsehsender KTN.
In einer Videobotschaft rief Martin Luther King, der älteste Sohn des gleichnamigen amerikanischen Bürgerrechtlers, beide Seiten dazu auf, keine Gewalt auszuüben. King hält sich derzeit in Kenia auf. "Die Welt blickt auf Kenia, während seine Bürger auf den Strassen protestieren, um ihrer Stimme Gehör zu verschaffen", sagte er. "Wir bitten euch inständig, euch an die gewaltige Macht gewaltlosen Protests zu erinnern."
Die Proteste Tausender junger Kenianer im ganzen Land hatten vergangene Woche begonnen und waren bis zum Sturm auf das Parlament am Dienstag ausgesprochen friedlich verlaufen. Auslöser waren geplante Steuererhöhungen. Die Polizei ging von Anfang an hart gegen die Demonstranten vor und setzte auch scharfe Munition ein. Allein am Dienstag kamen nach Angaben von Menschenrechtsgruppen mindestens 22 Menschen bei den Protesten ums Leben, während Ruto von sechs Toten sprach. Ruto hatte am Mittwoch erklärt, das vom Parlament verabschiedete Steuergesetz nicht zu unterschreiben und zurückzuziehen. Die Aktivisten wollen ihre Proteste dennoch fortsetzen, sie fordern auch den Rücktritt des Präsidenten. © dpa
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