Nach über einem Jahr äussert sich Rainer Brüderle erstmals ausführlich zu den gegen ihn erhobenen Sexismus-Vorwürfen. In dem jetzt erschienenen Gesprächsband "Jetzt rede ich!" wirft der Politiker dem Magazin "Stern" einen "Frontalangriff auf die FDP und mich als Spitzenkandidaten" vor, in dem es nicht um das Thema sexuelle Belästigung gegangen sei. Auslöser war ein Artikel der Journalistin Laura Himmelreich, in der sie beschrieb, wie der Politiker ihr gegenüber anzügliche Bemerkungen gemacht habe.

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Lange Zeit schwieg Rainer Brüderle, jetzt äussert sich der ehemalige FDP-Spitzenkandidat umso ausführlicher. Im jetzt erschienen Gesprächsband "Jetzt rede ich", den Brüderle zusammen mit dem Journalisten Hugo Müller-Vogg verfasste, erhebt der 68-Jährige in der Sexismus-Debatte um seine Person schwere Vorwürfe gegen den "Stern": "Es ging Frau Himmelreich und dem 'Stern' gar nicht um das Thema sexuelle Belästigung. Das Ziel war letztlich ein Frontalangriff auf die FDP und mich als Spitzenkandidaten." Dass der Artikel zwei Tage nach Brüderles Ernennung zum FDP-Spitzenkandidaten für die Bundestagwahl, und damit ein Jahr nach dem angeblichen Sexismus-Vorfall erschien, sei "keine journalistische, sondern eine politische Strategie" gewesen.

Im Januar 2013 veröffentlichte der "Stern" einen Artikel seiner Autorin Laura Himmelreich, der international eine Sexismus-Debatte auslöste. In dem Feature "Der Herrenwitz" beschrieb die Journalistin eine Begegnung mit Brüderle im Januar 2012. Der FDP-Politiker habe gegenüber der damals 28-Jährigen anzügliche Bemerkungen gemacht. Dies veranlasste sie dazu, in ihrem Text aufzuzeigen, dass Brüderle ein Politiker sei, der "aus der Zeit gefallen zu sein scheint", wie sie im "Deutschlandfunk" erklärte. Dass Brüderle nun als Spitzenkandidat der FDP im Wahljahr 2013 ins Rennen geschickt werde, passe ihrer Ansicht nach nicht.

Dirndl-Aussage nicht sexistisch gemeint

Mehr als ein Jahr später wehrt sich Brüderle: Seine gegenüber Himmelreich getätigte Aussage: "Sie können ein Dirndl auch ausfüllen", sei nicht sexistisch gemeint gewesen. "Weder die Dame noch ihre umstehenden Kolleginnen und Kollegen empfanden es als anstössig", sagt Brüderle. Des Weiteren habe Himmelreich im September 2012 CSU-Politikerin Ilse Aigner auch als "halbwegs vorzeigbar" und "dirndltauglich" bezeichnet. "Es ist schon merkwürdig, wenn man meine launige Bemerkung über die eigene Dirndltauglichkeit als anzüglich betrachtet, andere aber mit einem solchen Prädikat belegt", sagt Brüderle.

Dass Brüderle beim Abschied mit seinem Gesicht nah auf Himmelreich zusteuerte, wie die Journalistin es in ihrem Artikel beschreibt, sei ebenso nicht verwerflich. "Ich war dabei, mich zurückzuziehen und mich von den umstehenden Damen und Herren zu verabschieden. Es ist ja nicht unüblich, dass man das bei Damen mit einem angedeuteten Wangenkuss tut."

Es verwundere ihn auch, dass sich Himmelreich in den Monaten nach dem angeblichen Sexismus-Vorfall mehrmals bemüht habe, Brüderle in seinem Auto zu Terminen zu begleiten. "Es gab also nicht den geringsten Anhaltspunkt, dass sie über irgendein Fehlverhalten meinerseits empört gewesen wäre. Wenn eine Frau meint, von einem Mann belästigt worden zu sein, wäre es doch normal, dass sie dessen Nähe meidet." Dementsprechend gebe es für ihn keinen Grund, sich bei der Journalistin zu entschuldigen.

Er selbst habe so lange geschwiegen, "weil aus meiner Sicht damals eine nüchterne, sachliche Debatte einfach nicht möglich war". Einen Rechtsstreit lehnte er ab, um die für die FDP und ihn nachteilige Debatte abzukürzen.

Rainer Brüderles Buch "Jetzt rede ich! - Ein Gespräch mit Hugo Müller-Vogg" erscheint seit dem 9. April 2014 beim Lau-Verlag und ist für 14,95 Euro erhältlich.
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