Das Wahlergebnis ist historisch: Noch nie stand eine Regierungskoalition in den Niederlanden so weit rechts wie das neu gewählte Bündnis um den Radikalpopulisten Geert Wilders. Die EU-Kommission beobachtet die kürzlich vom König vereidigte Regierung derweil mit Argwohn.
Mehr als sieben Monate nach dem Sieg des radikal-rechten Populisten Geert Wilders bei der niederländischen Parlamentswahl ist die am weitesten rechtsstehende Regierung in der Geschichte des Landes vereidigt worden. In einer Zeremonie legten die Minister und Staatssekretäre heute im Residenzschloss Huis ten Bosch bei Den Haag vor König
Zu weiten Teilen wird die Vier-Parteien-Koalition von Wilders kontrolliert, der allerdings nicht selbst Mitglied des Kabinetts ist. Seinen Amtsverzicht hatten die neuen Bündnispartner der von Wilders geführten Partei für die Freiheit (PVV) zur Bedingung für ihre Regierungsbeteiligung gemacht.
Ministerpräsident ist nun der parteilose frühere Chef des Geheimdienstes und der Anti-Terrorismusbehörde, Dick Schoof. Sein Vorgänger, der langjährige Regierungschef
Kaum Regierungserfahrung
Wie der 67-jährige Schoof verfügen auch die meisten anderen Kabinettsmitglieder kaum über Regierungserfahrung. Auch deshalb gilt das neue Bündnis als potenziell instabil. Allein die rechts-liberale Volkspartei für Freiheit und Demokratie (VVD) von Mark Rutte kann auf praktische Erfahrungen aus einer langjährigen Regierungsbeteiligung in verschiedenen Koalitionen zurückgreifen.
Neu in der Regierung vertreten sind neben der PVV die Mitte-Rechts-Partei Nieuw Sociaal Contract (NSC, etwa: Neuer Gesellschaftsvertrag) und die populistische Bauern-Bürger-Bewegung (BBB), die aus den massiven Bauernprotesten der vergangenen Jahre hervorgegangen war.
VVD und NSC hatten einer Koalition mit Wilders nur widerstrebend zugestimmt. So musste er in den monatelangen Koalitionsverhandlungen nicht nur auf den Posten des Regierungschefs verzichten, sondern auch seine radikalsten rechtspopulistischen und islamfeindlichen Forderungen auf Eis legen - darunter solche nach dem EU-Austritt der Niederlande ("Nexit") und nach dem Verbot des Korans.
Rechtsruck mit Folgen für die EU?
Mit Argwohn wird bei der EU-Kommission in Brüssel - ebenso wie in Berlin, Paris und anderen Hauptstädten - beobachtet, welche Folgen der starke Rechtsruck in Den Haag für Europa haben wird. Bislang hatte das Land zu den stärksten Stützen der EU gehört.
Nun aber wird unter anderem befürchtet, dass die Niederlande aus dem EU-Asylpakt ausscheren könnten, der neben Asylverfahren an den Aussengrenzen der Union eine gleichmässigere Verteilung von Migranten auf die Mitgliedstaaten vorsieht. Die neue Koalition will erklärtermassen die strengste Asylpolitik in ganz Europa betreiben und Zuwanderung drastisch einschränken.
Differenzen mit anderen EU-Mitgliedern zeichnen sich auch hinsichtlich der Klimapolitik ab, insbesondere bei der Umsetzung des "Green Deal". Die BBB, die auf die Unterstützung der Landwirte angewiesen ist, fordert erhebliche Lockerungen bei den Umweltauflagen. Streit könnte es zudem über die Höhe des niederländischen EU-Beitrags geben.
Welche Ziele die neue Regierung in Den Haag ganz konkret anstreben will, wird sich allerdings erst in den kommenden Wochen zeigen. Bisher gibt es nur eine Koalitionsvereinbarung, in der Pläne grob skizziert sind. Es könnten nach Einschätzung von Kommentatoren noch erhebliche politische Unterschiede zutage treten. (dpa/lla)
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