Regierungskrise in Österreich: Die Koalition aus ÖVP und FPÖ ist an der sogenannten Ibiza-Affäre zerbrochen. Was ist bekannt? Welche Fragen sind noch offen? Und wie geht es jetzt weiter?
Österreich steckt nach Bekanntwerden eines Skandalvideos in einer tiefen politischen Krise. Ein Überblick über die sogenannte Ibiza-Affäre und ihre Folgen:
Was ist bekannt?
- Die FPÖ-Politiker
Heinz-Christian Strache und Johann Gudenus sind im Juli 2017, wenige Monate vor den Nationalratswahlen, heimlich bei einem Treffen mit der angeblichen Nichte eines russischen Oligarchen auf Ibiza gefilmt worden. Dabei haben sie der Frau im Gegenzug für Wahlkampfhilfe zugunsten der FPÖ Vorteile in Aussicht gestellt, darunter die Vergabe öffentlicher Aufträge an ihre Firmen. Mehr Details hier. - Bei dem Treffen ging es offenbar auch um die Möglichkeit einer Übernahme der in Österreich einflussreichen "Kronen Zeitung" durch die Frau.
- Die Finca, in der das Video gedreht wurde, liegt im Ibiza-Ort San Rafel de Sa Creu. Auf der Website des Ferienhaus-Anbieters Airbnb müssen heutzutage, wenn man das Haus für eine Nacht anmieten will, mindestens 1250 Euro hingeblättert werden. Damals hatte Airbnb die Finca noch nicht im Portfolio, wie der Anbieter der dpa bestätigte.
- Die Aktion wurde sehr professionell geplant, über Monate Vertrauen zu Gudenus aufgebaut. Mit der Miete für die Villa sowie Kosten für Flüge, Überwachung und Verwanzung ist einiges an Geld investiert worden.
- Öffentlich gemacht haben die sogenannte Ibiza-Affäre die "Süddeutsche Zeitung" und der "Spiegel".
- Anders als Strache es am Samstag dargestellt hat, hatte sein Vertrauter Johann Gudenus offenbar auch vor und nach dem Treffen auf Ibiza Kontakt ins Umfeld der vermeintlichen russischen Investorin. Mehr Details hier.
- Als Konsequenz ist Strache am Samstag von seinen Ämtern als Vizekanzler und Parteichef der FPÖ zurückgetreten. Auch Johann Gudenus musste seinen Hut nehmen. Er war FPÖ-Fraktionschef im Nationalrat.
- Bundeskanzler Sebastian Kurz von der ÖVP hat daraufhin das Ende der Koalition von ÖVP und FPÖ verkündet, die Österreich 18 Monaten lang regiert hat.
Welche Fragen sind offen?
- Die Geschichte von der russischen Oligarchen-Nichte, die die FPÖ im Wahlkampf unterstützen will, war eine Falle. Völlig unklar ist, wer Heinz-Christian Strache und Johann Gudenus hereingelegt hat. Sowohl der "Spiegel" als auch die "Süddeutsche Zeitung" machen keine Aussage zur Herkunft des Videos - Informantenschutz. Beweise für die Theorie von FPÖ und ÖVP, dass der Politmanager Tal Silberstein dahinter steckt, der im Wahlkampf 2017 mit unlauteren Methoden Stimmung gegen Kurz gemacht hatte, gibt es nicht.
- Offen ist damit auch, welches Interesse der Fallensteller hatte.
- Fragezeichen wirft vor allem der Zeitpunkt der Veröffentlichung auf: Warum gerade jetzt? Wäre das Video schon im Wahlkampf im Herbst 2017 aufgetaucht, wäre die FPÖ womöglich gar nicht erst Teil der Regierung geworden. "Spiegel" und SZ betonen lediglich, dass es keinen Zusammenhang zwischen dem Zeitpunkt der Veröffentlichung und der Europawahl am kommenden Sonntag gebe. Sie seien jetzt an die Öffentlichkeit gegangen, weil die Prüfung des Materials abgeschlossen war.
Wie geht es jetzt weiter?
- Es wird davon ausgegangen, dass Bundeskanzler Kurz FPÖ-Innenminister
Herbert Kickl entlassen wird. Er hält es für untragbar, dass Kickl während der absehbaren Ermittlungen gegen seine Parteifreunde im Amt bleibt. Bislang ist Kurz den Schritt jedoch nicht gegangen. Indes hat SPD-Chefin Andrea Nahles Kickls Rücktritt verlangt. - Die Minister der FPÖ wollen ihre Posten eigentlich behalten, drohen aber mit ihrem Rücktritt für den Fall, dass Kurz Kickl schasst. Mehr Details hier.
- Im September 2019 soll es Neuwahlen geben.
- Kurz schliesst nicht aus, dass sich Strache durch die Äusserungen in dem Video strafbar gemacht haben könnte. "Die Ermittlungen werden zeigen, was jetzt passiert", sagte er der "Bild"-Zeitung. Unter anderem gehe es um "offene Angebote der Korruption" und "Attacken gegen die freie Presse". Für Bestechung oder Bestechlichkeit sieht das Strafrecht in Österreich Haftstrafen bis zu zehn Jahren vor. Die Pressefreiheit regelt Artikel 13 des Grundgesetzes.
(mcf/dpa)
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