Immer wieder gaben Virologen, Politiker und Wissenschaftler Prognosen ab, wann ein Impfstoff gegen das Coronavirus zugelassen werden könnte. Der Prozess dauert und für wahrscheinlich hielten es die meisten erst im kommenden Jahr. Doch Russland setzt sich über die herkömmlichen Zulassungsmethoden hinweg und fertig die erste Charge eines Impfstoffs. Der steht stark in der Kritik.

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Obwohl die finalen Tests noch laufen, hat Russland die Pilot-Produktion des ersten amtlich zugelassenen Corona-Impfstoffs der Welt abgeschlossen. "Die erste Charge des neuen Impfstoffs gegen das Coronavirus des Gamaleja-Forschungszentrums wurde hergestellt", zitierten russische Nachrichtenagenturen das Gesundheitsministerium in Moskau am Samstag. Wissenschaftler und die Weltgesundheitsorganisation (WHO) haben allerdings Vorbehalte gegen den Impfstoff geäussert.

Die Forschung an einem Impfstoff solle in jedem Entwicklungsschritt gemäss bewährter Prozesse vonstattengehen, um sicherzustellen, dass der Impfstoff sicher und effektiv ist, teilte das WHO-Regionalbüro Europa der Deutschen Presse-Agentur mit.

"Dass die Russen solche Massnahmen und Schritte überspringen, beunruhigt unsere Gemeinschaft von Impfwissenschaftlern", sagte Peter Hotez vom Baylor College of Medicine in Houston (Texas) dem Fachjournal "Nature". "Wenn sie es falsch machen, könnte das gesamte globale Vorhaben untergraben werden." Eine Massenimpfung mit einem nicht ausreichend getesteten Impfstoff sei unethisch, kritisierte Francois Balloux vom University College London.

Putins Töchter wurden geimpft

Der russische Präsident Wladimir Putin hatte den in Erinnerung an den ersten sowjetischen Weltraumsatelliten "Sputnik V" getauften Impfstoff vergangenen Dienstag vorgestellt und als sicher und effektiv bezeichnet. Auch eine seiner Töchter sei schon mit dem Impfstoff behandelt worden, sagte er.

Allerdings hat die finale Testreihe mit mehr als 2.000 Teilnehmern erst in dieser Woche begonnen. Westliche Wissenschaftler haben Zweifel an der Entwicklungsgeschwindigkeit ihrer russischen Kollegen vom Gamaleja-Forschungsinstitut für Epidemiologie und Mikrobiologie in Moskau angemeldet und ihnen mangelnde Transparenz vorgeworfen.

Mehrere Länder interessieren sich für den Impfstoff

Russland will schon im September in die industrielle Produktion einsteigen und plant ab Dezember oder Januar bereits mit fünf Millionen Impfdosen monatlich. Als erste sollen Mediziner geimpft werden, später dann der Rest der Bevölkerung auf freiwilliger Basis. Mit mehr als 900.000 registrierten Coronavirus-Infektionen steht Russland weltweit aktuell auf Platz vier hinter den USA, Brasilien und Indien.

Obwohl das Vorgehen und der Impfstoff selbst in der Kritik stehen, haben schon mehrere Länder, wie beispielsweise Vietnam, Israel und die Vereinigten Arabischen Emirate Interesse bekundet. (awa/afp/dpa)

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