• Deutschland ist das EU-Land, das der ukrainischen Armee am meisten Waffen gegen Russland geliefert hat.
  • Dabei galt Bundeskanzler Scholz lange Zeit als zögerlich.
  • Von Schutzhelmen bis zu Kampfpanzern – ein Überblick.

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Bei Waffenlieferungen an die Ukraine wirkte Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) im ersten Kriegsjahr zögerlich und getrieben. Teils dauerte es Monate, bis Wünsche der Ukraine erfüllt wurden. Inzwischen gibt es aber kein EU-Land, das der ukrainischen Armee mehr Waffen im Krieg gegen Russland geliefert hat.

Als Russland Anfang 2022 zehntausende Soldaten an den Grenzen der Ukraine zusammenzieht, bittet Kiew dringend um Defensivwaffen wie Flugabwehrsysteme. Doch Bundesverteidigungsministerin Christine Lambrecht (SPD) verspricht Ende Januar lediglich 5.000 Schutzhelme – für Polens Ministerpräsident Mateusz Morawiecki "ein Witz". Scholz und Lambrecht ziehen sich auf die auch von der Vorgängerregierung verfolgte Doktrin zurück, keine tödlichen Waffen in Krisengebiete zu liefern.

Ukraine bittet um schwere Waffen nach Russlands Einmarsch

Mit dieser Zurückhaltung ist es nach dem russischen Angriff am 24. Februar vorbei. Zwei Tage später kündigt Berlin an, der Ukraine 1.000 Panzerabwehrwaffen und 500 Boden-Luft-Raketen zur Verfügung zu stellen. Es sei Deutschlands "Pflicht, die Ukraine nach Kräften zu unterstützen bei der Verteidigung gegen die Invasionsarmee von Wladimir Putin", sagt Scholz. Die Waffen sind wenige Tage später in der Ukraine.

In den folgenden Wochen sagt Deutschland auch 2.700 Boden-Luft-Raketen aus DDR-Beständen sowie weitere 2.000 Panzerfäuste zu. Die Ukraine hat da längst offiziell um schwere Waffen wie Kampf- und Schützenpanzer, Artilleriesysteme, Panzerhaubitzen, Kampfflugzeuge und Hubschrauber gebeten.

Doch schwere Waffen will Scholz nicht liefern. Seine Argumentation: Deutschland dürfe unter den westlichen Verbündeten nicht in einem Alleingang "vorpreschen" und müsse verhindern, Kriegspartei zu werden.

Im April wird auch bei den Ampel-Partnern FDP und Grüne die Kritik am Kurs des Kanzlers immer lauter. Die FDP-Verteidigungsexpertin Marie-Agnes Strack-Zimmermann sagt, Scholz habe offenbar eine "Ladehemmung" bei schweren Waffen. Und der grüne Europapolitiker Anton Hofreiter stellt fest: "Der Kanzler ist das Problem."

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Nun doch schwere Waffen

Ende April kommt nach massivem Druck auch aus dem Ausland der Kurswechsel: Lambrecht sagt bei einem Treffen mit Ukraine-Unterstützerländern die Lieferung von 30 Flugabwehrpanzern vom Typ Gepard zu. Die ausgemusterten Panzer, die anfliegende Raketen und Flugzeuge abschiessen können, müssen aber erst noch von der Industrie instandgesetzt werden. Es dauert bis Mitte September, bis sie alle ausgeliefert sind.

Anfang Mai kündigt Berlin auch die Abgabe der Panzerhaubitze 2000 an. Im Juni sagt Scholz zudem das hochmoderne Luftverteidigungssystem Iris-T SLM zu. Ab Ende Juli gibt die Bundeswehr darüber hinaus fünf Mehrfachraketenwerfer vom Typ Mars II ab. Dies ist ein wichtiger strategischer Vorteil für die Ukraine: Denn die Raketen mit 80 Kilometern Reichweite können die russischen Angreifer auf Distanz halten.

Panzerlieferungen via Ringtausch

Bei Kampf- und Schützenpanzern aus Deutschland bleibt Scholz jedoch hart. Stattdessen setzt die Bundesregierung auf indirekte Panzerlieferungen über Nato-Partner. Dabei werden von diesen Ländern Panzer sowjetischer Bauart an die Ukraine abgegeben, Deutschland sorgt im Gegenzug für modernen Ersatz bei den Verbündeten.

So lieferten unter solchen Ringtausch-Vereinbarungen die Slowakei und Griechenland Schützenpanzer an die Ukraine, Tschechien und Slowenien Kampfpanzer. Berlin wirbt für das Vorgehen mit dem Argument, dass ukrainische Soldaten die Panzer aus Ostblock-Zeiten bereits kennen und diese ohne aufwendige Ausbildung sofort nutzen können.

Kampfpanzer ja, Kampfflugzeuge nein

Nach fast einem Jahr Krieg und zehntausenden getöteten ukrainischen Soldaten kündigt Scholz Anfang Januar zusammen mit US-Präsident Joe Biden die Lieferung westlicher Schützenpanzer an. Von Deutschland soll Kiew 40 Marder-Schützenpanzer erhalten. Berlin und Washington sagen zudem das Patriot-Luftabwehrsystem zu.

Es folgen weitere Wochen, in denen die Rufe nach deutschen Leopard-Kampfpanzern immer ungeduldiger werden. Doch Scholz will diese Entscheidung ohne eine vergleichbare Zusage des wichtigsten Nato-Partners USA nicht treffen.

Erst als auch Biden Abrams-Kampfpanzer verspricht, kündigt der Kanzler am 25. Januar die Bereitstellung von 14 modernen Leopard-2-Panzern aus Bundeswehr-Beständen an. Die von der Ukraine gleichfalls gewünschte Lieferung von Kampfflugzeugen lehnt er dabei jedoch wie Biden ab. (AFP/tas)

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