• Nach Frankreichs Ankündigung, der Ukraine leichte Kampfpanzer zu liefern, wächst nun der Druck auf Bundeskanzler Olaf Scholz.
  • Von Union und FDP kommt die Forderung, dass auch Deutschland das von Russland angegriffene Land mit Panzern unterstützen soll.
  • Die SPD hält sich zu der Frage bedeckt, Grünen-Politiker Habeck verspricht eine schnelle Lösung.

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Nach Frankreichs Entscheidung zur Lieferung leichter Kampfpanzer an die Ukraine hat die FDP Bundeskanzler Scholz (SPD) zu einem Kurswechsel aufgefordert. Scholz könne derartige Lieferungen auch von deutscher Seite nun nicht länger ablehnen, sagte die FDP-Verteidigungsexpertin Marie-Agnes Strack-Zimmermann am Donnerstagmorgen der Nachrichtenagentur AFP in Berlin. "Das vom Bundeskanzleramt ständig vorgeschobene Argument, Deutschland dürfe keine Alleingänge starten, ist absolut passé", sagte die Vorsitzende des Verteidigungsausschusses weiter. Die Ukraine müsse jetzt "gewinnen, um auch unsere Freiheit und unsere Werte zu verteidigen – und das geht nur mit der Unterstützung von Panzern", betonte die Liberale.

Auch die Bundestags-CSU fordert eine europäische Initiative der Bundesregierung, um gemeinsam mit Bündnispartnern Kampfpanzer westlicher Bauart an die Ukraine zu liefern. "Wir wollen, dass die Ukraine ihr Recht auf Selbstverteidigung wahrnehmen kann. Dafür braucht sie mehr schwere Waffen – auch Leopard-2-Panzer", sagte CSU-Landesgruppenchef Alexander Dobrindt der Deutschen Presse-Agentur.

Unionsfraktionsvize Johann Wadephul schrieb auf Twitter, Macron übernehme politische Führung – und der Kanzler habe "überhaupt kein Argument mehr" gegen die Lieferung von Schützenpanzern vom Typ Marder.

SPD hält sich bedeckt: "Enge Abstimmungen" mit Partnern und Freunden

SPD-Chefin Saskia Esken hat sich zur Frage der Lieferung deutscher Kampfpanzer nach der französischen Ankündigung bedeckt gehalten. "Die deutsche Regierung und der deutsche Bundeskanzler sind dazu immer wieder in engen Abstimmungen mit den Partnern, mit den Freunden – insbesondere natürlich mit den Amerikanern", sagte Esken am Donnerstag in der RLT/ntv-Sendung "Frühstart" auf die Frage, wann Deutschland Panzer des Typs Leopard 2 liefere. Die "engen Gespräche" würden weiterhin geführt "und dann werden wir entsprechende Entscheidungen auch treffen".

Frankreichs Präsident Emmanuel Macron hatte am Vorabend in einem Telefonat mit seinem ukrainischen Kollegen Wolodymyr Selenskyj angekündigt, Paris werde Kiew "leichte Kampfpanzer" aus französischer Produktion liefern. Es handelt sich um Panzer des Typs AMX-10 RC. Der Radpanzer mit grosser Kanone wird vor allem zur Aufklärung eingesetzt, er ist kein vollwertiger Kampfpanzer wie das französische Modell Leclerc oder der deutsche Leopard.

Es sei das erste Mal, dass Kampfpanzer westlicher Bauart an die ukrainischen Streitkräfte geliefert würden, hiess es nach dem Telefonat beider Präsidenten aus der französischen Regierung. Wann und wie viele Panzer geliefert werden sollen, wurde zunächst nicht bekannt gegeben.

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Die Gründe der Bundesregierung für ihre Ablehnung

Die Ukraine hat wiederholt auch den eindringlichen Wunsch nach deutschen Kampfpanzern geäussert. Die Bundesregierung lehnt dies bislang ab – mit dem Argument, ein solcher Schritt könne nur abgestimmt mit den Verbündeten erfolgen. Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) will die Panzer nicht im Alleingang liefern und hat wiederholt darauf verwiesen, dass bisher auch kein anderes Land ähnliche Waffensysteme bereitgestellt hat.

Erst am Mittwoch hatte Vize-Regierungssprecher Wolfgang Büchner diese Haltung bekräftigt: Er warnte vor "deutschen Alleingängen" und sagte: "Wir tun das, was der Ukraine hilft, was notwendig ist." Die Bundesregierung tue aber zugleich "alles, damit die Nato und Deutschland nicht in diesen Krieg verwickelt werden".

Einer der Gründe der Haltung von Kanzler Scholz dürfte auch in seiner Partei, der SPD, zu finden sein. Dort stösst die Lieferung schwerer Waffen an die Ukraine auf Skepsis, die Bereitstellung von Kampfpanzern für die Ukraine lehnen viele Sozialdemokraten ab – anders als die Koalitionspartner FDP und Grüne.

Habeck: Bundesregierung wird "zügig beraten"

Vizekanzler Robert Habeck machte am Donnerstag bei einem Besuch in Norwegen deutlich, dass nun auch die Bundesregierung bereit ist, sich in der Panzerfrage zu bewegen. Die Entscheidungen und Überlegungen Frankreichs und der USA würden "sicherlich die deutsche Debatte auch beeinflussen", sagte er. Für die Bundesregierung habe es bei dem Thema immer zwei Entscheidungskriterien gegeben: Einigkeit mit den Partnern und militärischer Nutzen auf dem Schlachtfeld. "Und das scheint in diesem Fall ja gegeben zu sein. Und deswegen wird die Bundesregierung diese Situation jetzt zügig beraten und dann entsprechend auch Entscheidungen treffen."

Die "Süddeutsche Zeitung" und die "Frankfurter Allgemeine Zeitung" berichteten aus Regierungskreisen, es sei ein qualitativ neuer Schritt bei den Waffenlieferungen geplant. Baerbock mahnte bei einem Besuch in London, Deutschland und seine Verbündeten dürften keinen Zweifel an der Unterstützung für Kiew aufkommen lassen und müsse schauen, wo mehr militärische Unterstützung möglich sei. Sie fügte hinzu: "Dazu gehören Defensiv-Waffen, dazu gehören aber eben auch Mittel, Waffen, die Ukraine braucht, um besetztes Gebiet und damit die Menschen, die dort unter russischem Terror leiden, zu befreien."

Grünen-Politiker Hofreiter fordert 200 Leopard 2 für die Ukraine

Der Grünen-Europapolitiker Anton Hofreiter forderte die Lieferung von 200 Leopard-2-Panzern aus Deutschland und anderen europäischen Ländern in die Ukraine. "Der Kanzler muss jetzt eine europäische Initiative starten zur Lieferung von Leopard-2-Panzern", sagte der Vorsitzende des Bundestags-Europaausschusses der Funke-Mediengruppe. Das Argument des Alleingangs sei nun hinfällig. (AFP/dpa/tas/cgo)

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